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Virtuelles Magazin 2000

 


Helmut Engelhard

Otzenrath. Nach zehn Jahren

Im Februar/März 2004 berichtete ich hier zum ersten Mal über den Ort Otzenrath und sein dem Untergang geweihtes Schicksal durch Erweiterung des Braunkohlentagebaus Garzweiler II. Vergleiche Virtuelles Magazin „Ciao Otzenrath. Zwei Tage“ vom März 2007, „Der letzte Kohl“ vom September 2006 und „Annäherungen“ von Februar/März 2004.
Nun suchten wir diese Gegend nach langer Zeit noch einmal kurz auf.
Wir durchfahren den Ort Hochneukirch und gelangen auf die nach Süden führende Straße Richtung Otzenrath. Bereits nach einer kurzen Strecke werden wir durch ein Schild auf eine Sperrung dieser Straße hingewiesen. Wir fahren weiter und nach ca. einem Kilometer endet sie abrupt an einer großen Sperre aus zwei gegeneinander versetzten Wänden.

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Eine schmale Lücke gibt nur noch den Weg für Fahrzeuge frei. Hinter der Sperre beginnt das Gelände des Tagebaubetreibers RWE Power. Betreten des Betriebsgeländes ist verboten. Natürlich sind wir neugierig, gehen durch die Lücke und stehen nach ca. 100 Metern am Rande des riesigen Tagebaus. Leichter Dunst liegt über dem endlosen, bis einige hundert Meter tiefen Braunkohlentagebau. Deutlich erkennt man die dunklen kohlehaltigen Schichten im Erdreich.

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Südöstlich vom Standpunkt aus fördert in der Tiefe ein winzig erscheinender Schaufelradbagger Erdreich und Kohle. Irgendwo in dieser Richtung muss einmal Otzenrath gewesen sein. Wer es nicht weiß, würde es nicht glauben. Ein für uns bleibender Eindruck, der so manche Reflexion auslöst. Den Menschen, die dort vorher gelebt haben, wurde buchstäblich der Boden unter den Füßen entzogen. Nichts, aber auch Garnichts erinnert noch an diesen Ort, noch nicht einmal die Heimaterde. Meine Frau schießt einige Fotos. Dann gehen wir wieder zurück zum Wagen. Auf dem Rückweg durchfahren wir Neu-Otzenrath. Modernere, auch größere Häuser stehen dort. Nun ja. Die früheren Bewohner Alt-Otzenraths wurden vom Tagebaubetreiber entschädigt.

Aber man sollte sich selber nichts vormachen. Energie brauchen wir. Die mentale Zeche haben in diesem Falle andere bezahlt.

Geschrieben: März 2014   Helmut Engelhard
Bilder: Helga Engelhard