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Helmut Engelhard Annäherungen Wenn wir bei klarem Wetter auf den Feldwegen und Straßen unserer nahen Umgebung Richtung Süd-Westen nach Grevenbroich wandern, Fahrrad oder Auto fahren, können wir oft die mächtigen Dampfwolken sehen, wie sie aus den Kühltürmen der zur RWE-Rheinische Braunkohlenwerke AG gehörenden Kraftwerke des Rheinischen Reviers in Neurath, Frimmersdorf, Niederaußem emporsteigen. Sie bilden große, weißliche gewundene Bänder, die langsam vom Wind in einem nie abbrechendem Zug gegen den blauen Himmel schweben. Häufig dunkeln sie das Sonnenlicht ab und geben es wieder frei, lösen sich entweder in weiter Entfernung auf oder treiben bei bewölktem Himmel unterhalb der Wolken dahin, um sich dann allmählich mit diesen zu vereinigen. Es ist ein für unser Gebiet typisches Schauspiel am süd-westlichen Himmel, das manchmal für Stunden oder Tage ohne wesentliche Änderung bestehen bleibt. An windstilleren Tagen zeigen sich fast senkrecht aufsteigende Kühlturmwolken. Sie haben sich zu einer Decke ausgebreitet und tauchen, wenn vorhanden, in die darüber liegende Wolkenschicht ein. Wenn es warm wird, erblickt man aus der Ferne zwar die aus den Türmen fliehenden Dampfschwaden, von der Wärme werden sie aber schon nach sehr kurzer Zeit aufgelöst. In diesen Kraftwerken wird mit Hilfe von Braunkohle Strom erzeugt. | ||
Annäherungen I in 6 Schritten an ein Kraftwerk: Kraftwerk Niederaußem | ||
Besonders in letzter Zeit haben wir die Tagebaustätten Garzweiler I, Hambach oder Inden besucht, wo die Braunkohle nach einer vorher eingeleiteten Senkung des Grundwasserspiegels gewonnen wird. In den Kraftwerken dient sie als Rohstoff zur Erzeugung von überhitztem Dampf, mit dem über Turbinen und Generatoren elektrische Energie erzeugt wird. Auch Braunkohlenstaub und sogar Briketts werden noch hergestellt. An speziellen, von der RWE-Rheinbraun AG errichteten Aussichtspunkten schauten wir in die bis zu 85 Quadratkilometer großen und bis zu 450 m tiefen Gruben. An ihren steil abfallenden Wänden sahen wir die unterschiedlich gefärbten Erdschichten, in welchen die der Braunkohle dunkelbraun oder schwarz hervorschimmern. Wir bestaunten von weitem die sich in den Tagebaugruben wie Dinosaurier gemächlich vorwärts arbeitenden Schaufelradbagger und Absetzer. | ||
Annäherung II: Der größte Schaufelradbagger der Erde bei der Überführung in einen anderen Tagebau, 2001 | ||
Wenn wir am Rand der Gruben stehen und hinunter blicken, sehen wir, wie die Bagger auf unterschiedlichen Ebenen sich langsam vorwärts fressen. Auf den höheren tragen sie das noch oberflächliche Erdreich aus fruchtbarem Löss und Sandgestein ab, auf den unteren werden bereits die frei gelegten Kohleschichten abgearbeitet. Wir verfolgen mit den Augen die in der Ferne verlaufenden Transportbänder für das ausgehobene Gesteinsmaterial oder die Kohle und schmunzeln über die aus unserem Blickwinkel neben den Baggern und Absetzern wie Spielzeugautos wirkenden Transportfahrzeuge auf dem Grund des Tagebaus. Langsam quälen sie sich auf gewundenen ansteigenden Wegen mit ihrer Last nach oben, nähern sich und unter lautem Motorgetöse kommen sie an uns vorbei. Gar nicht mehr so klein sind sie. Es kommt eben auf die Perspektive an. | ||
Annäherung III in 6 Schritten an die Tagebaugrube Garzweiler I | ||
Ausflüge in das rekultivierte, durch Seen und Forsten charakterisierte Gelände einer neu entstandenen Landschaft nahe Brühl, Frechen, Frimmersdorf, Hürth oder Königshofen haben wir unternommen. Bisher hat der Rheinische Braunkohlenbergbau 282 Quadratkilometer Land in Anspruch genommen. 190 Quadratkilometer sind bis jetzt wieder nutzbar gemacht worden, davon 95 für die Landwirtschaft und 75 für Wald. 11 Quadratkilometer wurden für die neu entstandenen Wohnsiedlungen und Verkehrswege benutzt. Die neuen Wasserflächen, das sind Seen und Teiche, umfassen 8 Quadratkilometer. | ||
Will man etwas erfahren über die Entstehung der Rheinischen Braunkohle, so ist ein Besuch im Schloss Paffendorf/Bergheim und dem benachbarten Schlosspark angebracht. Im Schloss findet man reichlich Informationen über die Ursprünge und klimatischen sowie tektonischen Voraussetzungen, die zur Bildung von Braunkohle führten. Aussagen zur damaligen Fauna und Flora sind ebenfalls möglich. Aus Funden weiß man, dass z.b. Mastodonten, Elefanten, Wildschweine, sogar Nashörner und Affen in der Region gelebt haben. | ||
Annäherung IV. Baumansichten: Im Park des Schlosses Paffendorf | ||
Der Braunkohlentagebau wandert. Das erfordert die Umsiedlungen ganzer Orte, eines der schwierigsten Probleme, die mit dem Tagebau verbunden sind. Seit 1948 mussten im Rheinischen Tagebaugebiet ca. 25000 Menschen umsiedeln. Es findet durch Rheinbraun eine finanzielle Entschädigung statt, und nach Absprache der Beteiligten mit der RWE AG und den Behörden sollen die Ortsgemeinschaften bei den Umsiedlungen erhalten bleiben. Ein solcher Neuanfang ist sicher für manchen, besonders älteren Bewohner, nicht immer einfach. | ||
Annäherung V in 6 Schritten. Verlassenes Dorf: Otzenrath/Spenrath | ||
Der Anblick dieses traurigen und trostlosen Ortes hatte uns nachdenklich gemacht. Aber wir sind im Rheinland, und es war der Karnevalssamstag. Wir saßen inmitten der Baukräne und Neubauten im Wagen. Plötzlich sahen wir in der Ferne einen kleinen Aufzug bunt maskierter Menschen. Sie wurden begleitet von einem Traktor, der einen Wagen mit Transparent zog. Eine voraus marschierende Blaskapelle intonierte einen aktuellen Karnevalsschlager. Aus den auf Begleitautos installierten Lautsprechern ertönte ein Höllenlärm. Am Rande dieses bescheidenen Szenarios standen die unentwegten Kämpfer und Trinker für die Pflege des Rheinischen Frohsinns und Brauchtums. | ||
Annäherung VI: Neuotzenrath/Neuspenrath | ||
Geschrieben Februar/März 2004 | ||