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Jörg Boström, Kim Boström Reise durch Rumänien II: Sighişoara und Sibiu |
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Rumänien ist ein Land der großen Felder und weiten Strecken. In den Dörfern ist das Pferd und sein Wagen ein beliebtes Transportmittel. An den Straßenrändern grasen Rinder, Ziegen und Schafe. Frauen ziehen sie an Stricken entlang zwischen Fußweg und Straße. Eingezäunt sind die Häuser längs der Verkehrswege. An den Zäunen stehen Bänke. Menschen sitzen dort und beobachten die Vorbeifahrenden. Kinder spielen in den Gärten und am breiten Rand der Straße. Ich denke: Wie in Mecklenburger Dörfern. Zu Hause also. |
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Die Fahrt nach Siebenbürgen bringt uns durch bergiges Land. Karpaten. Durch die Dörfer transportieren Pferdekutschen das Nötige, Lastwagen sieht man selten. Wie Ketil Björstad es beschreibt, fühlt man sich zurückversetzt in eine andere Zeit. |
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Kirchen sieht man entlang der Straße in dichter Folge. Orthodox. Die Priester haben dicke Bärte und dürfen heiraten. Unter Ceauşescu war die Religion unterdrückt, die meisten Kirchen sind daher erst höchstens 20 Jahre alt. Man erkennt sie an den neuen, silbrig glänzenden Dächern und dem frischen Putz. |
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Der Baustil der Häuser hat sich geändert. Wir erreichen Sighișoara, eine Stadt, die im 12. Jahrhundert von den siebenbürger Sachsen unter dem Namen Schäßburg gegründet wurde. Es gibt auch heute noch eine deutsche Minderheit, die einen mittelalterlichen deutschen Dialekt spricht. Tatsächlich treffen wir in einem Café eine ältere Frau, mit der wir uns auf deutsch verständigen können. Beim Spazierengehen sehen wir viele deutsche Straßen- und Häusernamen. |
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Romania, Rumänien. Das Land ist historisch geprägt. Das Denkmal von Romulus und Remus, die als Kinder gesäugt wurden von einer Wölfin, dann Rom gründeten und sich zerstritten, steht in Sighișoara und Rom. Zeichen und Symbol einer kulturellen Verbindung. ROMA MADRE, Mutter Rom. Das rumänische Volk ist eine Mischung aus einheimischen Geten und Dakern, sowie römischen Eroberern aus dem 2. Jahrhundert. |
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1999 wurde das historische Stadtzentrum von Sighișoara zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt. Man sieht, dass viel Geld in die Renovierung fließt. Überall sind Baustellen, perfekt hergerichtete Häuser stehen neben noch unrenovierten, halb verfallenen. Der Umbau kostet viel Geld und braucht Zeit, aber er lohnt sich, denn die Bausubstanz ist kostbar. Anders als bei uns wurden alte Häuser hier nicht kurzerhand abgerissen, um Straßen Platz zu machen. Entsprechend gibt es viele schöne, alte Häuser, dafür allerdings auch wenig gut ausgebaute Straßen und fast keine Autobahnen. Aber auch das ändert sich: die A3, die "Siebenbürgen-Autobahn", ist im Bau und soll 2013 fertig sein. |
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Wir verlassen Sighișoara und fahren Richtung Sibiu. Auf dem Weg treffen wir auf Dörfer der Roma-Minderheit. Sie haben sich spezialisiert auf Viehhandel und Kesselbau. Die Kunst des Kesselbaus ist fast ausgestorben, die Roma sind die letzten ausgebildeten Handwerker. Die großen kupfernen Kessel werden zum Brennen von Rakiu benutzt, einem starken, aromatischen Schnaps. Fast jeder Haushalt hat einen solchen kessel im Garten oder Keller. Wir kaufen am Straßenrand einige Ibric, das sind Gefäße zum Kaffeekochen. |
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Wir erreichen Sibiu - Hermannstadt. Das Zentrum Siebenbürgens. Hier ist alles perfekt renoviert. Weite Plätze, hohe Türme, bunte Häuser aus vergangenen Jahrhunderten. Der Bürgermeister heisst Klaus Johannis und ist ein Rumäniendeutscher. Sibiu geht es gut, es befindet sich seit der Jahrtausendwende in stetigem wirtschaftlichen Aufschwung, angefeuert auch durch Investitionen aus Österreich und Deutschland. In Sibiu kann man es besonders deutlich sehen: Europa wächst zusammen. |
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Das Leben in Sibiu wirkt entspannt. Tauben, Touristen und ein ruhiges Denkmal von Gheorghe Lazăr (5. Juli 1779; † 17. September 1823), rumänischer Pädagoge, Schriftsteller und Theologe aus Siebenbürgen. Überhaupt sind die meisten Denkmäler in Rumänien nicht Kriegern gewidmet, sondern Dichtern, Malern und Philosophen. Jahrundertelange Besatzung hat die Energie in die Kultur geleitet. Der stille Widerstand des Geistes. |
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Nachtleben. Während die Straßen in kafkaeske Beleuchtung getaucht werden, füllen sich die Kneipen und Diskotheken mit jungem Publikum. Man hat Spaß, es geht nicht so sehr ums Coolsein wie bei uns. |
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Wir treten die Rückreise an, lassen die hübschen alten Städte und die Berge hinter uns, rollen über verschlungene Serpentinen ins flache Land ein. Rumänien hat sehr viele verschiedene Landschaften. Die Karpaten erinnern an den Schwarzwald. Zwischen Zypressen fühlt man sich wie in Italien. Auf den weiten, baumlosen Ebenen wähnt man sich in der Steppe. Die Rumänen tragen alle diese Landschaften in sich. Vielfältig und einzigartig. |
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