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Jörg Boström Radewig, Leere und Vision Geschichte und Aktion eines Quartiers Ein Bürger-Künstler-Projekt in Herford Zur Geschichte Die Radewig. Eine alte friesische Fernhändlersiedlung, 1290 zum ersten Mal genannt ÐRodewich Ð gerodeter Weg- roter Weg? Die Dreiecksform des Gänsemarkts entwickelte sich als Ergebnis einer Kreuzung von Furtwegen an der Radewiger Strasse und am Janup, Es war früher ein bedeutsames Fernwegekreuz von Soest nach Minden und von Osnabrück nach Hameln. Die Radewig, umflossen von Stadtgraben und Aa, bildete ein geschlossenes Areal für den Handel in der Region und in die Ferne, ein Höker- ein Händlerstadtteil . Seit dem Ausbau des Straßennetzes in den 50er Jahren wird die Radewig durchschnitten vom vierspurigen Durchgangsverkehr der Straße Auf der Freiheit und abgetrennt durch Sperren und Sackgassen. Die frühere, lebendige Mitte des Gänsemarkts wird zur Randlage, Janup, Löhr- und Steinstraße veröden. Die Radewiger Straße selbst erhält ihre letzten Impulse durch die Verbindung zum Alten Markt und zum Go Parc. Neu in der Radewig sind die noch zu schwachen kulturellen Impulse durch das Städtische Museum und das Pöppelmannhaus. Auch der Go Parc bringt jugendliche Besucher meist nur im Durchstreifen und außerhalb der Öffnungszeiten der Läden. Der große Bau von ehemals C&A am Janup ist nun funktionslos, viele Schaufenster am Gänsemarkt und an der Radewiger Straße sind verklebt, bieten sich selbst zur Miete oder zum Verkauf an. Die Radewig scheint vor sich hin zu dämmern. Vision, Kunst in die Stadt Durch die Errichtung des Museums für Möbel, Kunst und Kultur MKK, nun MARTa, entsteht eine neue Lage. Gegenüber dem MARTa Konzept könnte die Radewig regionale und kommunikative Impulse aus der Kunst organisieren und damit gerade seine augenblickliche Schwäche ins Positive wenden, den verbreiteten Leerstand zur Kunstbühne gestalten. Künstler, welche durch die Radewig schweifen, füllen mit ihrer Vorstellungskraft die leeren Schaufenster mit Bildergruppen, Installationen, Skulpturen, Medienkunst. Auf Plätzen und Wandflächen wachsen Formen und Figuren. Ein neuer Zustrom von Besuchern mischt sich mit den Bürgern des Quartiers, den Schau- und Kauflustigen. Die Radewig bringt sich durch eine weithin wirkende Kunstinitiative neu ins Gespräch und in die Medien. Dabei wird die erhöhte Aufmerksamkeit, die Herford schon jetzt durch das MARTa-Konzept genießt, auch durch diese neue Kunstregion zwischen Daniel-Pöppelmann haus und dem neuen, von Frank O Gery gestalteten Museum an der Goebenstraße weiter gesteigert eine Revitalisierung durch Kunst und Kultur, eine jährlich neu organisierte Veranstaltung, die einen Besuch der MARTa mit einem Weg durch die Radewig verbindet. Zum Projekt: | |||||||||||||||||||||||||||||
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Radewig 1850 | ![]() | ||||||||||||||||||||||||||||
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Radewig 1988 | ![]() | ||||||||||||||||||||||||||||
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Die Kunst kommt zu den Menschen, die Menschen bewirten die Kunst Die leer stehenden Geschäfte werden Künstlern zur Gestaltung und Präsentation ihrer Werke angeboten für einen Zeitraum von 2 Wochen. Die Aktion erhält den Titel LEERE. Dies bedeutet in doppeltem Sinn die Provokation der Kunst durch die Möglichkeit freier Entfaltung und den Gegenbegriff zu der in unserer Gesellschaft ermüdenden Erfahrung des ständigen Zuviel, der Übersättigung, des träge machenden Überflusses. Angrenzende in Betrieb befindliche Läden werben mit Aushängen von Werken und Plakaten für LEERE und VISION, Kunst und Handel in der Radewig. Ein Katalog der ausstellenden Künstler und der Geschichte sowie der regionalen Bedeutung der Radewig wird gestaltet, welcher das Konzept für Regionalwerbung am Beispiel der historischen Radewig vorstellt.
Rundgang, Entwicklung von Konzepten und Vorstellungen Die von Stadtgraben und Aa umflossene Radewig wird mit seinen Plätzen; Flächen und Leerstände vorgestellt. Eine Fotodokumentation ergänzt den Eindruck des Rundgangs. Im Sinne von Tradition und Geschichte dieses Hökerstadtteils soll eine dynamische Verbindung zwischen Kunst und Handel geschaffen werden. Für Ausstellungen, Aktionen, Installationen und Konzepte bieten sich an: Das große Gebäude von ehemals C&A, das Eckhaus Brinkmann, Haus Bremen, Lutterrmann, Buchshop, Haus Oberdick, Frensemeier, Hifi-corner. An der Radewigerstraße 2 die leere Wand für Installation und Flächengestaltung. Eine weitere Wand an der Löhrstraße wartet auf künstlerische Gestaltung. Über die Leerstände von Geschäften hinaus wird die Leere auch in Flächen an Wänden, Plätzen und Gewässern in die Planung einbezogen. Das Wasser ist bedeutsam sowohl als Geschichte des Quartiers man denke an die Furten - als umfließende Grenze und als Gestaltungselement. Bei dem Rundgang kommen weitere Geschäfte dem Besucher in den Blick: Mona Lisa, Art & Deco Mode, Kunstwelt. Zwischen Jacobikirche und Kirchgasse bieten sich der Hinterhof und die damit verbundenen Leerflächen an. Auch der Gänsemarkt selbst kann durch Gestaltung einen neuen Akzent bekommen, etwa durch die Planung eines großflächigen Brunnens zum Begehen und Plantschen auch für Kinder. Man wandert weiter vorbei am Trachtenstübchen, an der Sportecke neben Pinocchio, am ehemals Grünen Wenzel am Steintor, in den Eingangsbereich an der Steintorstraße. Wall und Stadtgraben bieten sich an für großräumige, begehbare Werke, die Unterführung zum Go-Park, selten benutzt, könnte durch eine reliefartige Kunstwand abgeschlossen werden. Die leere Fläche neben dem Einwohnermeldeamt wartet auf großflächig fließende Ideen wie etwa Künstlerfahnen in Erinnerung an die Drachen von Detmold, der optisch kahle Raum am Eingang von der Freiheit belebt sich durch künstlerische Plakatwände. Eine Erweiterung hin zum technischen Rathaus würde die absperrende Straße Auf.der Freiheit wenigstens optisch überbrücken. Viel findet sich in der Radewig an Leere, die nach Füllung durch Kunst verlangt. Auch die Wasserläufe von Aa und Stadtgraben etwa am Pöppelmann Haus lassen sich künstlerisch bespielen. Ein Tonkünstler kann einen Radewiger Rundgang mit Geräuschen und Tönen gestalten, ein Hörerlebnis auch mit historischen Dimensionen, akustische und stadtgeschichtliche Fragmente. So wird mithilfe vieler Künstler im Quartier Radewig ein Kunstnetz geschaffen, das zuletzt eine feine Berührung, einen leuchtenden Faden legt vom Pöppelmann Haus über die Kurfürstenstraße bis zur Goebenstraße mit dem Museum MARTa. Die Radewig wird zur Kunstbühne - der Gänsemarkt erweitert sich zum Markt der Künste.
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