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Virtuelles Magazin 2000


Annette Bültmann

Vermutlich seit 12.000 Jahren unter Wasser - Ostsee-Anomalie immer noch rätselhaft

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Im Juli 2011 wurde auf dem Grund der Ostsee, zwischen Schweden und Finnland, in ca. 87 Metern Tiefe durch eine Bergungsfirma ein mehr oder weniger rundes Objekt entdeckt, das seitdem einigen Anlass zu Spekulationen bietet. Während einige SciFi-Fans ein abgestürztes Ufo dort vermuten, diskutieren Meeresarchaeologen eher darüber, ob es sich um eine natürliche Struktur handeln könnte.
Einige Wissenschaftler vermuten, dass es sich bei der Struktur um ein Geofakt handelt, eine durch natürliche Prozesse entstandene Gesteinsformation, die artefaktartige, wie von Menschen geschaffene Merkmale hat.
Bei Tauchgängen brachten Taucher Materialproben vom Meeresgrund mit, dabei handelt es sich teilweise um vulkanisches Gestein. Nachdem die Gletscher mehrerer Kaltzeiten Gesteine über Nordeuropa geschoben haben, ist es nicht erstaunlich, dass unterschiedliche ortsfremde Gesteine an vielen Orten abgelagert worden sind.
Geologen vermuten z.B. eine Entstehung der Ostseeanomalie durch Gletscherprozesse. Die Größe der Anomalie, die einen Durchmesser von ca. 60 Metern hat, spricht gegen einen Transport durch Gletscher an diesen Ort. Während der jüngsten Eiszeit war das Gebiet der Ostsee kein Meeresboden, sondern Festland. Am Ende der jüngsten Eiszeit wurde das Gebiet überflutet.
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Daher vermutet Bernhard Beier, Redakteur bei Atlantisforschung.de, dass die Struktur vor ihrer Überflutung von Menschen bearbeitet wurde: "Derzeit halten wir es, vorsichtig formuliert, für durchaus möglich, dass es sich dabei um eine ursprünglich geologische und später intensiv von Menschen bearbeitete Struktur handelt. In ihrer heutigen Form müsste sie demzufolge entstanden sein, bevor das Gebiet der heutigen Ostsee am Ende der jüngsten Eiszeit vom Meer überflutet wurde."
Nachdem bisher von der Struktur normale Sonar-Aufnahmen existierten, wurde nun durch die Bergungsfirma Ocean-X-Team eine genauere Aufnahme per Fächer-Echolot gemacht, die eine bessere dreidimensinale Darstellung ermöglicht, siehe
http://grenzwissenschaft-aktuell.blogspot.de/2013/05/mehrstrahl-sonar-zeigt-ostsee-anomalie.html
Im Februar 2012 wurde bekannt, dass eine zweite, kleinere runde Struktur in der Nähe entdeckt worden war, in ca. 200 Metern Entfernung, die Form der kleineren Struktur ist jedoch auf den bisherigen Aufnahmen weniger gut zu erkennen, daher ist bisher nicht genau zu sagen, inwieweit Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Objekten bestehen.
Eine Expedition mit einem Tauchboot im Juli 2012 scheiterte aufgrund technischer Probleme und wegen eines vergessenen Aufzeichnungsgeräts. Hat die Struktur eine mysteriöse verwirrende Wirkung auf Erkundungsteams und Geräte? Bei einem ersten Tauchgang wurde von Fehlfunktionen technischer Geräte in der Nähe der Struktur berichtet, allerdings sind technische Störungen bei Expeditionen sicher nicht ungewöhnlich. Ob ein in der Nähe der Struktur geortetes Radiosignal zwischen 40-50 Megahertz etwas mit der Anomalie zu tun hat, ist weiterhin unbekannt.
Auch bei der vor kurzem vom Ocean-X-Team gemeldeten Expedition zur Anomalie hatte die Crew wieder mit technischen Funktionsstörungen zu kämpfen, unter anderem Problemen mit dem ferngesteuerten Tauchboot (ROV, remotely operated vehicle) und Geisterbildern auf dem Radar.
 
Auf der größeren Struktur oben aufliegend wurden kreisförmig angeordnete Steine gesichtet, die an eine Feuerstelle erinnern.
Die Vermutung, dass das Objekt 14.000 Jahren dort sein könnte, hängt unter anderem damit zusammen, dass der Meeresspiegel nach der letzten Eiszeit angestiegen sein muss, so dass das Objekt unter die Wasseroberfläche gelangte. Die an Feuerstellen erinnernden Steinkreise wurden vermutlich angelegt, als der Ort noch nicht unter dem heutigen Meeresspiegel lag.
 
Wenn die bisherige Einschätzung, dass sich das Objekt schon seit 14.000 Jahren an dem Ort befindet, stimmen sollte, stammt es damit aus der Weichsel-Kaltzeit, benannt nach dem Weichseltal, durch das das Schmelzwasser zum Ende der Eiszeit abfloss.
Während des Meiendorf-Interstadials im Zeitraum 12.500 bis 11.850 v. Chr. waren die Temperaturen in Europa zeitweise weniger eiszeitlich, Rentierherden wanderten im Sommer nach Norden, und in den Niederlanden, in Norddeutschland, Dänemark und Pommern siedelten Menschen die man der Hamburger Kultur zuordnet, während in Süddeuschland, Frankreich und Spanien die Steinzeitkunst der Kulturstufe des Magdalenien anzutreffen war.
Typische Eiszeit-Tiere wie das Mammut verschwanden um diese Zeit aus weiten Teilen der Landschaft, wurden aber als Darstellungen verewigt z.B. in der Höhle Rouffignac in Frankreich, auch die Höhle der hundert Mammuts genannt, in der 70% der dargestellten Tiere Wollhaarmammuts sind.
Aus dieser Epoche stammen auch die im Nabelberg oder Göbekli Tepe genannten Hügel gefundenen steinzeitlichen Kunstwerke. Die Mittelsteinzeit oder das Mesolithikum wird im südeuropäischen Raum als Epipaläolithikum bezeichnet, die unterschiedliche Bezeichnung hängt damit zusammen, dass Nordeuropa zu dieser Zeit vom Wechsel zwischen Kalt- und Warmzeiten beeinflusst war, Südeuropa hingegen kaum.
 
Mit dem Wechsel von Kalt- und Warmzeiten veränderte sich auch der Zustand von Gewässern, und so war die Ostsee in früheren Jahrtausenden einigen Veränderungen unterworfen.
Das durch Gletscher geformte Becker der heutigen Ostsee füllte sich vor ca 12.000 Jahren nach und nach mit Schmelzwasser und wurde so zunächst zu einem Süßwassersee. Durch den Anstieg des Meeresspiegels am Ende der Eiszeit konnte Salzwasser von der Nord- in die Ostsee einströmen, und es entstand das Yoldia-Meer, benannt nach der Salzwassermuschel Yoldia Arctica. Durch Landanhebung ging die Verbindung zum Weltmeer zeitweise wieder verloren, und es entstand der Ancylus-See, benannt nach der Flussnapfschnecke Ancylus fluviatilis. Durch weiteren Anstieg des Meeresspiegels kam es vor ca. 7000 Jahren wieder zu einer Versalzung des Wassers durch eine Verbindung mit der Nordsee, die im Laufe der Zeit schmaler wurde, so dass ein Brackwasser-Meer entstand.
Während all dieser Veränderungen der Wasserstände befand sich das Objekt wahrscheinlich bereits am heutigen Ort.
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Das an der Ostsee-Anomalie in Bodenproben gefundene Mineral Goethit, benannt nach Johann Wolfgang von Goethe, enthält Eisen, entsteht in Verbindung mit Wasser, und ist häufig in Rost enthalten, z.B. in Schiffswracks. Es entsteht aber auch in Hohlräumen von Vulkangesteinen, und wurde auch auf der Marsoberfläche gefunden.
Limonit, auch Brauneisenerz genannt, ebenfalls an der Ostsee-Anomalie gefunden, ist ein Gemisch aus Eisenoxiden, das sowohl im Rost von Metallgegenständen vorkommt, als auch in eisenhaltigen Gesteinen, und auch in den bei der steinzeitlichen Höhlenmalerei verwendeten Farbpigmenten als Bestandteil von Ocker.
 
War die Ostsee-Anomalie ein kultischer Ort, ähnlich Stonehenge, mit Feuerstellen, und vielleicht auch mit Ocker gemalten Tierfiguren?
Oder ist dort vor über 14.000 Jahren ein unbekanntes Flugobjekt gestrandet?
 
Bisher bleibt es rätselhaft, so wie dieser Sonaraufnahmen-Clip von 2012, mit geheimnisvoller Musik unterlegt, in dem der Betrachter schöne, aber etwas unergründliche Formen am Meeresgrund sieht:
http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=wfoEn1EJeHI