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Virtuelles Magazin 2000


Anlässlich des Vortrags von Jörg Boström "Ruth Hallensleben. Eine Interpretin auf der Bühne der Industrie." am Freitag, 22.2.2013 wurde eine Fotoserie aus der Zeit der Stillegung der Hochöfen und des Abbaus eines Hochofens durch eine chinesische Firma als Einleitung hinzugefügt.

Jörg Boström

 

Hochofen III in Hattingen. Einführung.

 

Die stillgelegte Konstruktion des Hochofens stellt sich dar wie das Skelett eines toten, urzeitlichen Tieres, Überrest einer vergangenen Industriekultur.

Entsprechend ist die Fotografie den Raumkonsruktionen, den sperrigen Gittern und labyrinthischen Treppen einer magisch wirkenden, weil nicht mehr bewegten Funktion auf der Spur.

Diese Bilder sind dem barocken Grafiker Piranesi gewidmet, der antike Architekturen und Tempeltrümmer darstellte und mit seiner Serie Carceri - Gefängnisse - zugleich das Irrationale einer sinnlos gewordenen Bauwelt darstellte.

Verschachtelungen von Räumen, Tekturen und Dimensionen werden zu flächenhaften Bildern, die an Stahlkathedralen denken lassen.

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Moderation und Organisation: Sonja Meßling (LWL-Industriemuseum)

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Vortrag: Jörg Boström

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Ihrer Funktion beraubte Objekte und Details erscheinen wie rätselhafte Gebilde einer vergangenen, kultisch anmutenden Verwendung.

Das anscheinend Selbstverständliche der Industriekultur wirkt fremd wie aus der Sicht späterer Zeiten, welche den Zusammenhang nicht mehr rekonstruieren können. Eine postindustrielle Sicht wird zu Bildern von archäologischem Charakter.

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Daten zur Hüttengeschichte

1843 Hattingen hat 322 Einwohner, 7 Bauernhöfe, 20 Kotten, Niedergang des Wirtschaftslebens, Handweberei, Schmieden.

1850 Herr Helmisch entdeckt ein 150 cm mächtiges Spateisenflöz. Hattingen bietet Kohle und Eisen sowie die Ruhr als Verkehrsweg.

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1853 Graf Henrich zu Stolberg-Werningrode beauftragt

Carl Roth mit dem Aufbau eines Hochofens in Westfalen.

1854 Protest der Bevölkerung gegen den Bau der Hütte bleibt ohne Erfolg

1855 Der erste Hochofen wird angeblasen. 350 Personen Belegschaft, darunter Fachleute aus dem Harz, aus Schottland und Belgien.

1869 Die Hütte erhält Anschluß an die Eisenbahn.

1904 Die Firma Henschel erwirbt die Hütte nach

Disconto-Gesellschaft 1857 und "Dortmunder Union" 1872.

Jetzt hat sie 1300 Personen Belegschaft,

1910 bereits 6000 Personen.

1923 Die Franzosen besetzen das Ruhrgebiet.

1930 Höhepunkt der Wirtschaftskrise. Die Hütte geht auf in der "Ruhrstahl AG".

1939 Neubau des Hochofens III.

6868 Personen sind hier beschäftigt.

1944 Belegschaft 9000, davon sind 2500 Zwangsarbeiter.

1945 Die Hütte erhält 151 Bombentreffer.

1946 Erste Betriebsgenehmigung nach dem Krieg für

3000 Personen Belegschaft.

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1949 Das Petersberger Abkommen verhindert die Totaldemontage 

1950 Entflechtung der "Ruhrstahl AG". Hochofen I wird angeblasen. 

1952 Hochofen III wird in Betrieb genommen. 

1959 Kokerei und Hochofen I werden stillgelegt. Hochofen II wird angeblasen. 

9700 Personen Belegschaft. 

1963 Die "Ruhrstahl AG" geht auf in der "Rheinstahl Hüttenwerke AG". 

1974 Die Henrichshütte wird einbezogen in die August Thyssen Hütte AG. 

1985 5563 Personen Belegschaft. 

1987 Stillegung des Hochofenbetriebs bei Protesten durch Gewerkschaft, Belegschaft und Bevölkerung. 

1988 Stahlwerk, Schmiedebetriebe und Bearbeitungswerkstätten werden von der "Vereinigte Schmiedewerke Gesellschaft (VSG) übernommen. Alle anderen Bereiche wie Sintern, Verhüttung, Walzen, Kümpeln sind stillgelegt. Auf dem stillgelegten Bereich wird ein "Gewerbe- und Landschaftspark Henrichshütte" geplant. 

1989 Die Hochofenanlage wird an eine chinesische Firma verkauft und demontiert. Die verbleibenden Teile sowie eine Hochofenanlage werden in das Westfälische Industriemuseum einbezogen. 

1992 Auf der Hütte arbeiten noch 1350 Personen. 

1993 Schließung des Stahlwerks, die restlichen 662 Arbeitsplätze gehen verloren.

Beginn der fotografischen Arbeit. Jörg Boström, Jürgen Heinemann.

1996 Einweihung des Gewerbe- und Landschaftsparks Henrichshütte.

2000 Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) eröffnet die Henrichshütte als Standort des Westfälischen Industriemuseums.

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Fotografien: Jörg Boström