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Virtuelles Magazin 2000


Annette Bültmann
 
Ist der Großmutter-Stein bald auf dem Weg nach Hause?
 
 
Ein Felsbrocken, ein roter Sandstein aus dem Nationalpark Canaima in Venezuela, zur Zeit noch Teil eines Kunstwerks im Berliner Tiergarten, wird zurückgefordert von den indigenen Ureinwohnern. Der Nationalpark ist ein Naturschutzgebiet, gelegen in der Gran Sabana, einer Hochebene in der Nähe der Brasilianischen Grenze, im Bundesstaat Bolívar im Südosten von Venezuela, Die Ureinwohner dieser Gegend nennen sich Pemón, "wahre Menschen".
"Kueka" wird der Stein genannt, Versteinerung in der Sprache der Pemón, und "Abuela", Spanisch für Großmutter. Für seine Rückkehr wurde inzwischen auch vor dem Brandenburger Tor demonstriert, und einige Befürworter seiner Rückkehr haben eine Facebook-Seite eingerichtet:
http://www.facebook.com/pages/Free-Kueka-Kueka-quiere-volver/125817334125746
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Der rote Sandstein aus Venezuela hat ein Gegenstück, ein noch größeres Exemplar, das noch dort im Nationalpark liegt.
Der Spiegel berichtete am 19.09.2011 bereits über den geplanten Rücktransport des Kueka-Steins. Melchor Flores, der Dorfvorsteher von Mapaurí, erklärte demnach, dass die Steine ein Paar bilden, und seine Großtante Lucía Rivera Flores erzählt von dem Brauch, die beiden zusammengehörenden Steine, die als Großvater und Großmutter bezeichnet werden, vor jeder Hochzeit um Erlaubnis zu fragen.
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-80451024.html
 
Auch am 22.06.2012 berichtete der Spiegel wieder über den Stein, anlässlich einer Demo in Caracas. Dort demonstrierten Pemón vor der deutschen Botschaft und forderten erneut die Rückgabe des Steins.
http://www.spiegel.de/panorama/stein-im-berliner-tiergarten-pemonen-indianer-fordern-fels-zurueck-a-840306.html
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Die vom Felsgipfel Pico de Garajonay auf der Kanareninsel La Gomera überlieferte Geschichte erinnert an die in dem Artikel erwähnte Geschichte vom Kueka-Stein und ihrem männlichen in Venezuela verbliebenen Gegenstück. Bei beiden Geschichten geht es um ein Menschenpaar ähnlich Romeo und Julia, eine verbotene Liebe, die zur Versteinerung der Liebenden, bzw. ihrer Verewigung im Namen des Berggipfels führte.
Der Roque Nublo, Wolkenfels, auf der Kanareninsel Gran Canaria ist ebenfalls ein magischer Felsen, ehemals ein kultischer Ort für die Ureinwohner der Insel.
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Roque rana (links) und Roque Nublo auf Gran Canaria
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Creative Commons-Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 US-amerikanisch (nicht portiert). Der Urheber des Bildes ist jtoledo, Bearbeitung durch Escarlati.

Felsen als besondere Orte gibt es weltweit an verschiedenen Orten.
Der Uluru, auch bekannt als Ayers Rock, ist ein großer roter Sandsteinfelsen im Zentrum Australiens, der eine wichtige Rolle spielt in der Mythologie der Anangu, der australischen Ureinwohner. In der Umgebung des Felsens befinden sich Wasserlöcher und Höhlen mit Felsmalerei.
Der Felsen erhebt sich als Inselberg aus einer flachen Ebene, gehört aber zum unterirdischen Felsmassiv des Amadeus-Beckens, ebenso wie die etwa 30 km davon entfernt aus der Ebene ragenden Kata Tjuta, einer Gruppe von Felsen deren höchster der Mount Olga ist.
Es erscheint dem Betrachter nicht erstaunlich zu sein, dass der Uluru, der bei Sonnenuntergang im hellroten Licht erstrahlt, eine besondere Bedeutung für die Ureinwohner des Landes hat. In der Traumzeit der Aborigines formen Geistwesen die Welt bei ihren Reisen und hinterlassen dabei Markierungen in der Landschaft.
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Uluru bei Sonnenuntergang
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Creative Commons-Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported. Der Urheber des Bildes ist Thomas Schoch.

In der Ausstellung "Magische Orte" im Gasometer Oberhausen steht zur Zeit eine 43 Meter hohe realistische Nachbildung eines Regenwaldbaums, der "Baum des Lebens" des Künstlers und Fotografen Wolfgang Volz, die Schönheit des Kreislaufs der Natur darstellend. Aber auch Steine gibt es dort, Kristalle, außergewöhnliche Steinformationen, Lava, Ammoniten, und eine Steinplatte mit fossilen Dinosaurierspuren. Auf großformatigen Bildern von magischen Orten ist dort natürlich sowohl der Uluru als auch Stonehenge zu bewundern.
 
 
Stonehenge, die jungsteinzeitliche Anlage von Steinkreisen, diente vermutlich kultischen Zwecken, und der Astronomie, vermutlich handelt es sich um ein Sonnen- und Mondheiligtum, vielleicht auch um ein Observatorium. Die Anlage hat einen Eingang, der in Richtung des Sonnenaufgangs zum Datum der Sommer- und Wintersonnenwende ausgerichtet ist. Am Morgen der Sommersonnenwende, dem 21. Juni, steht die Sonne vom Altarstein aus gesehen direkt über dem Fersenstein, einem unbearbeiteten Stein, der außerhalb der Anlage steht. Ein beeindruckendes Monument und sicher ein magischer Ort.
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Stonehenge im Sonnenaufgang des 21.Juni
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A: Der Stein liegt wohl im Berliner Tiergarten, wenn ich das richtig verstehe, könnte da in den nächsten Tagen hinfahren und ein paar Fotos von dem Stein machen. Wenn er dann schon weg ist, abtransportiert nach Venezuela, könnte man die leere Stelle fotografieren mit Überschrift "Der Großmutter-Stein ist auf dem Weg nach Hause", das wäre sogar noch besser... denn ich finde die Indianer sollten ihn zurückbekommen. Man kann doch nicht einfach in einem Nationalpark mit einem Tieflader anrücken und einen großen Findling abtransportieren, es muss doch irgendeinen Sinn haben dass Nationalparks eingerichtet werden, das muss doch der Natur einen Schutz vor solchen Plünderungen bieten... also mir scheint, in diesem Fall rettet nicht die Kunst vor der Banalität, ganz im Gegenteil, sie versucht, ein natürlich entstandenes Monument zu zerstören und den Stein in ein banales Objekt zu verwandeln, an dem im Park die Hunde ihr Beinchen heben... aber die Überlieferungen und die Beharrlichkeit der Indianer scheinen mir die viel stärkere Waffe gegen die Banalität zu sein...
 
J:.. man sollte auch und sogar die Indianer respektieren mit ihrem Kultur- und Religionsbewusstsein.. machst du die Fotos.. was wäre gewesen, wenn die Indianer eine Kreuzigung oder eine Madonna entführt hätten..
 
A:...stimmt, da wäre aber was los, wenn die Indianer irgendwo z.B. so ein Madonnen-Altarhäuschen abtransportieren würden, wie sie manchmal an den Straßen stehen. Das muss man sich mal vorstellen, was das für eine Empörung auslösen würde...
 
Hoffentlich denkt jemand daran ihn vor dem Transport zu waschen... es ist ja ein Problem weltweit für die Flora und Fauna, dass man Bakterien, Pflanzen und Tiere versehentlich verschleppt und sie dann das Ökosystem schädigen... vielleicht hat ein Findling eine so glatte Oberfläche dass das Problem da nicht so groß ist, dass alles Mögliche dran kleben bleibt...
 
Habe die Fotos von dem schönen Stein, und auch den anderen Steinen im Tiergarten, nun raufgeladen. Der Stein, den die Indianer wiederhaben möchten, ist schon das Schmuckstück, also der schönste Stein dort... wundert mich nicht, dass sie ihn wiederhaben möchten...
 

5 Kontinente, jeweils vertreten durch einen oder mehrere Steine im Berliner Tiergarten, die teilweise polierten wurden um das Licht zu reflektieren, und beschriftet wurden mit Begriffen, die Schritte zum Frieden darstellen: Amerika - Liebe, Europa - Erwachen, Afrika - Hoffnung, Asien - Vergebung, Australien - Frieden. Sie sind Teil des Projekts Global Stone.

Sie zeigen auch die unterschiedlichen Erscheinungsformen der Gesteine dieses Planeten.
Die Hauptgruppen der Gesteine sind Magmatische Gesteine, entstanden aus Magma, Sedimentgesteine, entstanden durch Ablagerung z.B. von Muschelkalk, und metamorphe Gesteine, die aus beliebigem Gestein entstehen können, wenn es durch Druck und Hitze umgeformt wird.

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Südamerika: Sandstein aus Venezuela

Ein roter Sandstein aus dem Nationalpark Canaima wird zurückgefordert von den Pemón.
Sandstein ist ein Sedimentgestein, abgelagert z.B. in Flüssen, in Uferzonen der Meere, oder in der Tiefsee.
Als Findlinge bezeichnet man normalerweise Steine, die von Gletschern während einer Eiszeit an andere Orte befördert wurden, oft an Orte, an denen sie geologisch nicht entstanden sein können. Während der Fortbewegung werden sie teilweise rund geschliffen. Die Erde hat nicht nur die Eiszeiten der steinzeitlichen Welt erlebt, bei der Teile Europas unter Gletschern lagen, sondern viel früher schon vermutlich fast globale Vereisungen, z.B. während des danach benannten Cryogeniums, das vor etwa 850 Millionen Jahren begann, und mehr als 200 Millionen Jahre dauerte. Deshalb wäre es durchaus denkbar, dass in Venezuela Findlinge von Gletschern transportiert wurden. Allerdings ist der Sandstein im Canaima Nationalpark nur etwa 70 Millionen Jahre alt. Dort sind durch Erosion teils bizarre und teils abgerundete Felsformen aus Sandstein entstanden. Ein Sandsteinplateau wurde dort im Laufe der Zeit durch Erosion abgetragen, und es blieben typische Tafelberge stehen, Tepuis genannt, was aus der Sprache der Pemón stammt und mit "Haus der Götter" übersetzt wird. Von der Erstbesteigung eines dieser Tafelberge, des Acopan-Tepui, wird berichtet, dass die Pemón vor der Besteigung warnten, dass sie erwarteten dass sich der Himmel verdunkelt und es zu regnen beginnt, wenn Fremde den Berg berühren, und dass der Acopan es nicht mögen wird, wenn man an ihm klettert.

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Europa: Weißer Quarzit, Quarzkristalle aus Swerdlowsk im Ural

Quarzit ist ein metamorphes Gestein, entstanden großenteils aus dem Mineral Quarz, der kristallinen Form des Siliziumdioxids, das auch als Kieselsäure bezeichnet wird. Quarz ist der Hauptbestandteil von Sand, aber auch von den Skeletten einiger Meeresorganismen wie Radiolarien und Schwämmen. Sandstein oder z.B. auch Radiolarit, Sedimentgesteine, werden verfestigt durch Druck, es entsteht ein dichtes, kompaktes und hartes Gestein.
Im Ural gelangte metamorphes Gestein und Erz durch die Gebirgsbildung an die Oberfläche. Entstanden durch das Aufeinandertreffen der Kontinentalplatten Laurasia und Sibiria, bildet der Ural heute die Grenze zwischen Asien und Europa. Die Europa repräsentierenden Quarzitblöcke stammen aus Swerdlowsk, heute wieder Jekaterinburg, knapp 40 Kilometer östlich der imaginären Trennlinie zwischen Europa und Asien, während die natürliche Grenze zwischen den Kontinenten vom Uralgebirge gebildet wird.

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Afrika: schwarzer Granit mit kleinen weißen Einschlüssen, aus Brits in Südafrika

Granit ist ein magmatisches Tiefengestein, dieses entsteht durch Erstarren von Magma im Erdinneren. Er ist zusammengesetzt aus den Hauptbestandteilen Feldspat, Quarz und Glimmer. Dunkler Glimmer, Biotit, benannt nach dem französischen Physiker Jean-Baptiste Biot, verleiht dunklem Granit seine Färbung. Granitähnliche Gesteine wie z.B. Gabbro, ebenfalls ein magmatisches Tiefengestein, enthalten weitere dunkle Mineralien wie Kalzium-Amphibole, Pyroxin, Olivin oder Magnetit.

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Asien: Steine aus einem Flussbett in Bhutan

Bhutan liegt am Himalaya, und ein großer Teil des Landes liegt auf über 2000 Metern Höhe. Der Himalaya ist ein Gebirge, das sich im Eozän und Miozän aufgefaltet hat, als der indische Kraton gegen die eurasische Landmasse geschoben wurde.
Das geschah vor 40-50 Millionen Jahren, und dauert bis heute an, die Gebirgsbildung ist, obwohl es sich um das höchste Gebirge der Welt handelt, noch nicht vollständig abgeschlossen, der Himalaya wächst noch um mehr als einen Zentimeter pro Jahr, und in geologischen Zeiträumen gedacht könnte er noch um Einiges höher werden. In Kollisionsgebirgen wie dem Himalaya oder den Alpen können Gesteine währen der Gebirgsbildung in großen Tiefen zu metamorphen Gesteinen umgewandelt werden, und anschließend in geologisch gesehen relativ kurzer Zeit an die Oberfläche gelangen.
Durch die Gletscher des Himalaya werden einige der größten Flüsse Asiens gespeist, und das Abschmelzen der Gletscher durch die Klimaerwärmung verstärkt vorläufig noch die Wassermassen.
Auf dem Weg aus den Bergen in Tiefland bringen die Flüsse tonnenweise Gestein mit und transportieren es weiter.

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Australien: Gebändertes Eisenerz und Orbicular Granit

Ein Erzblock, um den fünf geschliffene und polierte Granitsteine angeordnet sind. Der Granit wurde gefunden in Mount Magnet auf einer Schaffarm. Orbicular Granit, auch Orbiculit oder Kugelgranit genannt, ist ein magmatisches Tiefengestein, in dem sich rundliche Strukturen geformt haben, wahrscheinlich während des Abkühlungsprozesses in einer Magmakammer. Die konzentrischen Kugelschalen erinnern an organische Strukturen, sind aber keine Fossilien.
Kombiniert ist der Kugelgranit mit einem Block aus gebändertem Eisenerz. Es stammt aus Tom Price, West Australien, aus der Erzmine von Hamersley Iron.
In Australien werden viele Erze im Tagebau gewonnen, da tiefere Gesteins- und Erzschichten auf dem geologisch sehr alten Kontinent an die Oberfläche geraten sind. Auch Opale werden dort oberflächennah gefunden.
Die Bildung des Westaustralischen Schildes begann vor über 3 Milliarden Jahren. Die archaischen Kontinentalkerne, aus der Zeit vor der Entstehung der heutigen Kontinente, werden Kratone genannt. Sie können durch geologische Prozesse gehoben oder gesenkt werden, sind aber ansonsten seit langer Zeit unverändert. Daher werden in Westaustralien Gesteine gefunden, die mehr als 3 Milliarden Jahre alt sind.

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