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Virtuelles Magazin 2000


Julius Tambornino
 
Ralf Witthaus - "Die Welt"
Ausstellung in der Emmanuel Walderdorff Galerie, Köln
 
Bei der Beschäftigung mit Ralf Witthaus Rasenmäherzeichnungen wird Eines ganz besonders deutlich: Die Bedeutungsdimension der Grünflächen unserer Städte wird weitläufig falsch eingeschätzt. Verklärt entweder zum Auslaufgehege der Hundebesitzer oder zur Sportstätte wird ihnen in unserem Bewusstsein nur selten jene umfassendere und exklusive Rolle zuteil, die ihnen wesentlich innewohnt: Sie sind inmitten einer individualistischen Ansammlung hunderttausender Mietswohnungen  unser Gemeinschaftsraum - ein Raum frei von Eigentum und spezifischem Zweck, und dadurch ein Raum der offenen Konfrontation und Kommunikation. Wenn Ralf Witthaus mit dem Rasentrimmer in diesen Raum eingreift, nutzt er deshalb neben dem Rasen auch die individuellen Nutzungsspektren einzelner Stadtbewohner und die Schnittmengen zwischen diesen als Oberfläche. Er schreibt in sie ein, verändert sie und wird somit  zum Stifter einer Reflektion über unser eigenes Verhältnis zur Geschichte und Gegenwart der öffentlichen Räume.
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Dieser im weitesten Sinne sozialanthropologische Zugang zur Kunst ist in Witthaus Werk auch abseits der Rasenmäherzeichnungen präsent. Schon 2001 entwickelte er mit „Witthaus Tierwelt“ eine Zeichensprache deren Vermittlungsfähigkeiten sich nicht an eine Verstandestätigkeit sondern an einen ursprünglicheren, intuitiven Zugang richteten. Daran anschließend entstand aus einer intensiven Auseinandersetzung mit frühgeschichtlichen Schriftsystemen heraus in den letzten Jahren eine Werkgruppe, die über einen fließenden Prozess in einer unzähligen Ansammlung abstrakter Zeichen mündete. Die konzeptuelle Arbeit im öffentlichen Raum und die analytische Arbeit in der Zeichnung finden bei Ralf Witthaus in einer zentralen Eigenschaft zusammen: In gleicher Weise wie die städtische Grünfläche durch die freie Nutzung zum Soziotop wird, ist die Schrift für Witthaus eine Welt in der wir uns frei bewegen können und in der er neue Impulse setzen kann.
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Die Emmanuel Walderdorff Galerie widmet Ralf Witthaus vom 28. Januar bis zum 17. März 2012 eine Einzelausstellung, die einerseits  durch die Präsentation der Arbeiten aus der jüngeren Vergangenheit einen Einblick in die Genese hin zu einer ausgereiften konzeptuellen Basis gibt, und andererseits einen Blick in die Zukunft wagt. Im Sommer 2010 gipfelte Ralf Witthaus  Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Raum in der Bundesrasenschau. Mit einer gigantischen zusammenhängenden Zeichnung umspannte er über die Rasenflächen des Inneren Grüngürtels die Kölner Innenstadt und erweckte damit ein verloren gegangenes Bewusstsein für die einzigartige Parkstruktur dieser Stadt.
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In einem nächsten Zug soll sich die Idee von der örtlichen Gebundenheit emanzipieren. Als erstes Projekt der „Internationalen Rasenschau“ wird ein uraltes Gedankenspiel verwirklicht: Durch die Zeichnung in der Landschaft entsteht ein Bohrloch, das uns mit unserem geographischen Oppositen Neuseeland in direkte Verbindung treten lässt. Witthaus belebt damit nicht nur einen alten Traum sondern reflektiert damit auch sein eigenes Arbeitsmedium: In der Realisierung eines Bohrlochs nach Neuseeland manifestiert sich eine Kraft die der Rasenmäherzeichnung genuin zueigen ist.
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Text: Julius Tambornino, Fotos: Ralf Witthaus
 
Links:
 
Emmanuel Walderdorff Galerie
http://www.walderdorff.net
Ralf Witthaus
http://www.bundesrasenschau.info
http://www.facebook.com/Rasenmaeherzeichnungen