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Virtuelles Magazin 2000

 


Annette Bültmann

Kunst und Recycling

 

Kunst und Recycling sind in den letzten Jahrzehnten schon öfters mal eine Verbindung eingegangen, bzw. Recycling wurde zum Thema für Kunstwerke, oder zur künstlerischen Arbeitsweise, so auch wieder bei einigen Arbeiten, die im Rahmen der Ausstellung ZUR NACHAHMUNG EMPFOHLEN! EXPEDITIONEN IN ÄSTHETIK & NACHHALTIGKEIT vor kurzem in Berlin zu sehen waren.

Schon vor Beginn der Ausstellung wurde per Mail nach Stühlen aus zweiter Hand gesucht, um eine umweltfreundliche Bestuhlung für die Besucher von Veranstaltungen als Leihgabe für die Dauer der Ausstellung zu erhalten.

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Dadurch wurden nicht nur Rohstoffe gespart, sondern auch eine individuellere und abwechslungsreichere Bestuhlung als sonst üblich erreicht, so dass zur Abwechslung mal die Sitzgelegenheiten ähnlich bunt waren wie das darauf Platz nehmende Publikum.

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Auch die Fotoarbeit von Till Leeser beschäftigt sich mit dem Thema. Durch Fotos von auf einem Recyclinghof gestapelten Verpackungen wird Müll zur Kunst recycelt.

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Bei der Arbeit "Wohnen nach dem SBF-System" von Nana Petzet wurden Verpackungen des dualen Systems in Eigenarbeit gereinigt und in einem experimentellen Haushalt wiederverwertet, verarbeitet z.B. zu Papierkörben, Wandteppichen und Seifenablagen.

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Miguel Rothschild recycelt Plastikmineralwasserflaschen und Plastikdeckel zu einem Haus für Atlantiden, in dem der Ausstellungsbesucher Platz nehmen kann, inspiriert durch den Künstler Hermann Finsterlin.

Auch "Autos zu Fahrrädern" von Folke Köbberling und Martin Kaltwasser könnte als eine Art von Recycling betrachtet werden. Aus einem Opel und einem Saab Turbo wurden jeweils zwei funktionstüchtige Fahrräder hergestellt.

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Folke Köbberling und Martin Kaltwasser, Autos zu Fahrrädern
im Hintergrund: Adopted von Gudrun F. Widlok
© Morgengrün

Die Ausstellung ist nun vom 23.10.10 bis März 2011 im Zehntspeicher, Quarnstedt, Gartow im Wendland zu sehen.

 

http://www.z-n-e.info

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Links: Traktorschlauchtasche "Max" von Jeanette Jakob - Belpberg / Schweiz

Rechts: "Murx" von Jeanette Jakob - Belpberg / Schweiz , Sitzgelegenheit aus PVC-Rohr und gebrauchtem Traktorschlauch,
1. Preis des Herforder RecyclingDesignpreis 2010

Auch andernorts werden Kunst und Recycling in einen Zusammenhang gebracht, so in Herford, wo die Recyclingbörse den RecyclingKunstpreis und den RecyclingDesignpreis ins Leben gerufen hat. 2010 wurde der vierte Recycling Designpreis vergeben. An dem Wettbewerb beteiligten sich über 600 Designer/innen. Von einer Jury für die Ausstellung ausgewählte Projekte sind vom 16.10 bis 7.11.2010 im Marta Herford zu sehen.

 

http://100707.recyclingboerse.org/recyclingdesignpreis/

http://www.marta-herford.de

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"Piselotte und Lallipatte" von Saskia Gerling / Alexandra Zmija / Annette Felsch - Emsdetten, Garderobe und Schuhablage aus Fahrradteilen

Das direkte Recycling von Gegenständen in Handarbeit ist weltweit zur Herausforderung geworden für Künstler und Designer, die Dinge aus dem alltäglichen Leben wie Kleidungsstücke, Stoffreste, Geschirr, Plastikkörbe, Verpackungen, Wasserflaschen, Tonträger, Schläuche aller Art, LKW-Planen, Zelte, Schlafsäcke, Fahrräder, Einkaufswagen, Möbel, Fässer, Aktenordner, Nummernschilder, etc... also eigentlich ungefähr alles, das ausgemustert werden kann, recyceln zu Kunst, oder zu anderen Gebrauchsgegenständen, die dann wieder dem Alltag zugeführt werden können.

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"fuzzyfur" von Julia Scharl - St.Pölten / Österreich, Herstellung einer Kollektion aus Webkanten, Resten aus Webereien

Ein bekanntes Recyclingprodukt sind die Kuriertaschen der Züricher Designer Markus und Daniel Freitag, hergestellt aus gebrauchten LKW Planen, Autogurten und gelegentlich auch Airbags oder Fahrradschläuchen, bekannt als Freitag Taschen. Die erste Freitag Tasche entstand 1993.
Inzwischen gibt es Planentaschen in vielen Varianten und Preislagen von diversen Anbietern.
Bei den Original Freitag Taschen ist jedes der Designerstücke, weil aus unterschiedlich gefärbten und bedruckten Planenteilen gefertigt, nach wie vor ein Unikat.

 

Die Veranstaltung ökoRAUSCH Messe für Design mit Bewusstsein fand 2010 zum dritten Mal in Köln statt.

http://www.oekorausch.de

Neben großenteils durch Recycling entstandenen Kunst- und Designobjekten wurden dort auch Projekte vorgestellt wie z.B. botanoadopt.org, ein Projekt das sich für die natürliche Artenvielfalt und gegen das Artensterben von Pflanzen einsetzt, und außerdem vom Sperrmüll gerettete und durch eine anonyme Pflanzenklappe abgegebene Zimmerpflanzen an neue Besitzer vermittelt. Auch online können Zimmerpflanzen unter botanoadopt.org zur Vermittlung eingestellt werden.

 

Das jährlich stattfindende Drap Art Festival in Barcelona ist eine internationale Ausstellung für Recyclingkunst.

http://www.cccb.org/en/altre_proposta-drap_art_10-33763

 

Im Zeitalter der Computer und Handys können natürlich nun auch diese recycelt werden. Ein Beispiel für das Recycling von Handyteilen zu Kunst ist die Installation "Escape" von Anthony Goh und Neil Mendoza, bei der die gebrauchten Elektronikteile zu Vogelrobotern werden. Mehrere dieser vogelartigen Roboter sitzen auf einem Baum und können sowohl untereinander als auch mit dem Publikum telefonieren. Sie bewegen sich und blinken, gesteuert durch das Open Source Microcontroller Board Arduino, das auch per USB an übliche Computer anzuschließen ist, und die digitale Welt mit Objekten des täglichen Lebens verbinden kann. So vermischen sich gebrauchte und neue Teile zu künstlichen Lebensformen, eine neue künstlerische Form des Recycling, und des Telefonierens. Dieses könnte noch interessanter werden, wenn es irgendwann Künstlern gelingt, ihren vielleicht ähnlich gestalteten Geschöpfen eine künstliche Intelligenz zu verleihen.

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"Escape" von Anthony Goh und Neil Mendoza, Foto Copyright Neil Mendoza

http://16b.it/portfolio/installation/escape-robot-birds/