Jörg Boström

Herrenhäuser suchen Herren.

Mecklenburg Vorpommern war immer schon ein reiches und zugleich armes Land. Die Spuren seiner Geschichte liegen oft ausgebreitet in fast jedem Dorf. Dorfstraßen mit einstöckigen Häuserreihen für Landarbeiter. Im Zulauf auf eine großes Gebäude. Landschloss. Gutshaus. Die Gutsherren wurden verjagt im sozialistischen Zeitalter. Oder suchten Platz im Westen. Ein Plattenbau für „moderne“ Arbeiter wurde angefügt. Die großflächigen Felder wurden von der LPG bewirtschaftet und nach der „Wende“. von Genossenschaften und unternehmerischen Landwirten übernommen. Das Gutshaus, oft noch im „Sozialismus“ als soziale Einrichtung, Kita, Jugendclub, Verwaltung, genutzt, verfiel. Geriet in den Leerstand und präsentierte sich als brüchiges Erinnerungsstück und Kulturerbe, das kaum einer erben wollte. Als Billigangebot auf dem Immobilienmarkt. Eigen wurden Hotels. Einige von den Erben der Gutsfamilie zurück erworben. Viele verfallen weiter. Eine Liste von 100 solchen „Objekten“ stellt Professor Diethart Kerbs zusammen im Namen seiner Initiative Kultur Landschaft e,V.. Eins der jährlichen „Septembergespräche“ fand nun statt im „Schloss Bauer“, das wirklich Bauer heißt und am Peenestrom liegt, östlich vom Stettiner Haff, in Lassam zwischen Anklam und Wolgast.

Thema: Nutzungen von Herrenhäusern und Gutsanlagen.

Schloss Bauer wurde erworben von einem Architekten. Es wurde stufenweise und genau nach der historischen Vorgabe renoviert und dient nun als Wohnung für seine Familie und als Arbeitsbereich. Auch die umfangreiche Parkanlage wird naturnah weitergepflegt. Zur Begrüßung empfangen den Besucher freundliche und neigierige Ziegen.

 

Herrenhaus, 1838/39, vermutlich von August P. Menzel entworfen, Schüler von Schinkel.

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Die Fassade im klaren, klassizistischen Stil. Die Renovierung der Frontseite ist abgeschlossen. Die Fenster sind exakt nachgebaut oder teilweise auch erhalten.

Das Treffen zu den "Septembergesprächen 2009" findet statt in dem ehemaligen Festsaal. Stuck an der Decke erneuert. Die Wände mit ihrem historisch geschichteten bröckeldem Putz warten auf eine stilvolle Seidentapete. Boden Parkett.

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Es treffen sich etwa 60 Teilnehmer aus anderen Guts- und Schlossprojekten, Architekten, Künstler, Historiker. In einer Folge von Vorträgen werden historische Zusammenhänge und Beispiele verdeutlicht. Es wird besonders im Sinne des Themas auf die Nutzung eingegangen. So wird ein Gebäude während der Erneuerung filmisch begleitet. Beobachtungen der Zusammenarbeit mit den Bewohnern des Dorfes sind ebenso Thema des Films wie die spätere Einrichtung eines vollständigen Studios, das so auch ein Stück Kulturarbeit hineinträgt in die Region. In einigen solcher Projekte wird deutlich, dass die landwirtschaftliche Nutzung oft sich verwandelt in eine kulturelle Erneuerung. Es ist in dieser Region, die eine Abwanderung vieler Bewohner erlebt, gerade die so enstandene Leere und der damit verbundene Spielraum, welcher wiederum Menschen mit kreativen Interessen und Fähigkeiten anzieht.

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Im städtischen Raum etwa von Berlin oder Rostock wären solche räumlichen und architektonisch eindrucksvollen Gebäude nicht zu erhalten oder für junge Familien und Arbeitsgruppen nicht zu bezahlen. Zugleich fordert die Offenheit der Landschaft und ihrer Menschen in neuer Weise Kreativität heraus. Auch die Kinder wachsen hier auf in weiten Räumen, welche ihre Aktivität und Spielfreude fördern.

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Kirche St. Nikolai Kirche zu Bauer in Wehrland. Erbaut im 13. Jahrhundert.

Es sind die Kirchen, Gutshäuser und Schlösser, welche die Verbindung der Region mit der Vergangenheit und vielleicht auch der Zukunft deutlich machen. Über die Gegenwart:"Der Lassaner Winkel ist eine in vieler Hinsicht stark bedrohte Region.: Die Arbeitslosigkeit hat sich trotz vieler Arbeitsförderungsmaßnahmen auf hohem Niveau stabilisiert, und sehr viele Familien müssen dauerhaft von sozialer Unterstützung leben. Immer mehr junge Menschen verlassen ihre Heimal, um woanders ein gesichrtes Einkommen zu finden. Wir alle, die hier leben und arbeiten, wollen diesen Trend aufhalten und wirken mit, dass sich dieser Landstrich wieder belebt."

Land&Leute Information, Lassan@t-online.de