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Anton Weidinger
 
 
Ein Neues Leben
 
 
Gedichte
 
 
 
Inhalt
 
 
4. April 1997
Gut und Böse
Welt, du hast mich nicht verdient
An Deinem reichgedeckten Tisch
Oft
Wir wollen stets Poeten sein
Alexis Sorbas
Fern
Tänzer der vier Jahreszeiten
Paradoxon
Das Glück
Die grauen Wolken
Die Last meines Lebens
Jesus
Mehr als Bruchstück
Everyone Is Beautiful
Fragment
Weißer Baum
Wie tickt der Mensch
Wo
Der Morgen
Junger Vater
Es gibt an Herrgott
Jesum
 
 
Epilog:
Über den Autor
 
 
In dieser Ausgabe: der zweite Teil der Gedichte dieses Bandes. Fortsetzung folgt.
 
 
 

Der Dichter

Der Dichter zu Karneval

Wir wollen stets Poeten sein
 
 
 
Worte zierlich zu bewegen
Bringt Poeten reichen Segen
Füllen Formen sich mit Worten
Sind das schöngeschmückte Torten.
 
Dieses Tanzen auf den Zeilen
Dieses fröhliche Verweilen
Auf dem wohl gelungnen Reim:
Dann erst sind wir voll daheim.
 
In der Welt, die kalt und Prosa
Sehen wir in Blau und Rosa
Schönster Bilder reiche Zahl.
Was soll da das bisschen Qual?
 
Narren für die auf den Straßen
Lassen wir mit uns wohl spaßen.
Doch im Herzen klar und rein
Wolln wir stets Poeten sein!
 
 
 
 
 
Alexis Sorbas
 
 
 
Wie du tanze ich auf
Den Trümmern meiner Welt
Und auf den Scherben
Meiner Liebe
Wie du werde ich nie
Vergehen und die
Hoffnung verraten
 
 
Ich neige mich vor dir
Bruder und Lehrer!
 
 
Doch manchmal wäre mir
Ein Augenblick des vollen Glücks
Schon lieber als alle
Weisheit der Welt.
 
 
 
 
 
Fern
 
 
Fern die Nähe
Nah die Ferne
Nachts nur sehen
Wir die Sterne
 
 
 
 
 
Tänzer der vier Jahreszeiten
 
 
 
Nach langen Jahren
Im äußersten Vorhof des Tempels
Komme ich ­ ängstlich noch
Näher und näher
In das Haus unseres Herrn
Und bewege mich zu den Klängen
Die von dort zu mir dringen:
Ein Tänzer der vier Jahreszeiten
Des Lebens.
 
 
 
 
 
Paradoxon
 
 
 
Ich kultiviere den Schmerz, misstraue der Wonne
Verbrenn’ mich am Mondlicht und frier’ in der Sonne
Verehre den Bettler in all seinen Lumpen
Trinke den Wein der Götter aus dreckigem Humpen.
 
Für mich gab es noch nie die richtige Zeit
Bin verwegen und schamlos im alltäglichen Streit
Doch keusch auf der Jagd nach der fleischlichen Lust
Sehnsucht nach Mitte tobt in einer friedlosen Brust.
 
Was der Menge als gültig und heilig erscheint
Wird von mir als Täuschung und Leid nur beweint
Lache an Gräbern und klage auf Festen
Neig’ mich vor dem Elend, zweifle am Besten.
 
Höre Musik der Sphären im Lärm der Strasse
Möchte lieben, wenn ich am innigsten hasse
Riech’ den Verfall unter festlichen Kleidern
Bin verrückter Geber unter geizigen Neidern.
 
Ich meide die Kirchen, bete zu Bäumen
Erkenne das Licht in den finstersten Räumen
Ersehne den Tod, um das Leben zu haben:
 
Vom Paradies trennt mich ein ganz schmaler Graben.
 

 

Fortsetzung folgt.
 

 

 

 

 

 

 

Über den Autor
Anton Weidinger wurde 1947 in Wien geboren. Nach Lehr- und Wanderjahren, die ihn über die USA, Japan, Korea, Frankreich und Italien nach Deutschland führten, arbeitete er zehn Jahre als Feuilleton-Redakteur und Theaterkritiker in Mörfelden-Walldorf und Aschaffenburg, wo er noch heute als freier Journalist lebt.