- Wir wollen stets Poeten sein
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- Worte zierlich zu bewegen
- Bringt Poeten reichen Segen
- Füllen Formen sich mit Worten
- Sind das schöngeschmückte Torten.
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- Dieses Tanzen auf den Zeilen
- Dieses fröhliche Verweilen
- Auf dem wohl gelungnen Reim:
- Dann erst sind wir voll daheim.
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- In der Welt, die kalt und Prosa
- Sehen wir in Blau und Rosa
- Schönster Bilder reiche Zahl.
- Was soll da das bisschen Qual?
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- Narren für die auf den Straßen
- Lassen wir mit uns wohl spaßen.
- Doch im Herzen klar und rein
- Wolln wir stets Poeten sein!
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- Alexis Sorbas
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- Wie du tanze ich auf
- Den Trümmern meiner Welt
- Und auf den Scherben
- Meiner Liebe
- Wie du werde ich nie
- Vergehen und die
- Hoffnung verraten
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- Ich neige mich vor dir
- Bruder und Lehrer!
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- Doch manchmal wäre mir
- Ein Augenblick des vollen Glücks
- Schon lieber als alle
- Weisheit der Welt.
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- Fern
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- Fern die Nähe
- Nah die Ferne
- Nachts nur sehen
- Wir die Sterne
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- Tänzer der vier Jahreszeiten
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- Nach langen Jahren
- Im äußersten Vorhof des Tempels
- Komme ich ängstlich noch
- Näher und näher
- In das Haus unseres Herrn
- Und bewege mich zu den Klängen
- Die von dort zu mir dringen:
- Ein Tänzer der vier Jahreszeiten
- Des Lebens.
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- Paradoxon
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- Ich kultiviere den Schmerz, misstraue der Wonne
- Verbrenn mich am Mondlicht und frier in der Sonne
- Verehre den Bettler in all seinen Lumpen
- Trinke den Wein der Götter aus dreckigem Humpen.
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- Für mich gab es noch nie die richtige Zeit
- Bin verwegen und schamlos im alltäglichen Streit
- Doch keusch auf der Jagd nach der fleischlichen Lust
- Sehnsucht nach Mitte tobt in einer friedlosen Brust.
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- Was der Menge als gültig und heilig erscheint
- Wird von mir als Täuschung und Leid nur beweint
- Lache an Gräbern und klage auf Festen
- Neig mich vor dem Elend, zweifle am Besten.
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- Höre Musik der Sphären im Lärm der Strasse
- Möchte lieben, wenn ich am innigsten hasse
- Riech den Verfall unter festlichen Kleidern
- Bin verrückter Geber unter geizigen Neidern.
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- Ich meide die Kirchen, bete zu Bäumen
- Erkenne das Licht in den finstersten Räumen
- Ersehne den Tod, um das Leben zu haben:
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- Vom Paradies trennt mich ein ganz schmaler Graben.
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- Fortsetzung folgt.
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- Über den Autor
- Anton Weidinger wurde 1947 in Wien geboren. Nach Lehr- und Wanderjahren, die ihn über die USA, Japan, Korea, Frankreich und Italien nach Deutschland führten, arbeitete er zehn Jahre als Feuilleton-Redakteur und Theaterkritiker in Mörfelden-Walldorf und Aschaffenburg, wo er noch heute als freier Journalist lebt.
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