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                                               Arn Strohmeyer

 

 

 

 

                     Mythos Worpswede?

 

 

 

 

Ein Künstlerdorf auf der Flucht vor seiner Geschichte

 


                                                     I

 

Der Kulturpessimismus als Kreuzzug gegen die Moderne

 

Die Worpsweder Künstlerkolonie feiert in diesem Jahr ihren 120. Geburtstag. Ein hohes Alter für eine solche Gemeinschaft. Nicht nur deswegen, sondern auch aus Hochachtung für die Gründer der Kolonie und ihr hinterlassenes Werk sprechen die Verehrer des Dorfes längst von einem „Mythos Worpswede“. Was verbirgt sich hinter diesem anspruchsvollen Titel?

Wahrheit (verstanden als rationales Prinzip oder Logos)  und Mythos (der In­begriff des Irrationalen) stehen seit der Antike in einem intensiven Spannungs­verhältnis. Das ganze abendländische Denken kreist gemeinhin um dieses Thema, wobei es letztlich um die Frage geht, welche Sichtweise von den beiden auf Welt oder Realität die besseren erkennenden und deutenden Annäherungen zu liefern vermag. Es geht also um den Gegensatz von wissenschaftlich-ratio­naler Welterkenntnis auf der einen und so etwas wie „Selbstoffenbarung des Seins“ auf der anderen Seite. Soziologisch gesehen ist Wissenschaft immer eine Sache von hoch qualifizierten Eliten, der Mythos kann dagegen auch „von un­ten“ aus dem Volk kommen.

Die Philosophen der Frankfurter Schule – besonders Horkheimer und Adorno – haben in unserer Zeit versucht, eine Annäherung zwischen den beiden gegen­sätzlichen Prinzipien herzustellen . Danach besteht zwischen Mythos und Auf­klärung eine dialektische Beziehung. Die These der beiden Philosophen lautet: „Schon der Mythos ist Aufklärung und Aufklärung schlägt in Mythologie zu­rück.“ Das klingt pessimistisch, wenn man es auf Politik und Gesellschaft be­zieht. Dennoch bleiben die beiden bei der von ihnen vertretenen Gewissheit, „dass die Freiheit in der Gesellschaft vom aufklärenden Denken unabtrennbar ist.“

Was kann gemeint sein, wenn – wie auch jetzt wieder zum 120. Geburtstag der Künstlerkolonie – vom „Mythos Worpswede“ die Rede ist? Handelt es sich hier um ein nichts sagendes Schlagwort, wie wenn vom „Mythos Marlene Dietrich“ oder vom „Mythos Boris Becker“ die Rede ist? Oder um eine pseudoreligiöse Erhöhung wie beim „Mythos Che Guevara“? Oder nur um eine Marketing-Stra­tegie, die sich das Worpsweder Fremdenverkehrsamt ausgedacht hat, um mehr Touristen ins Dorf zu locken? Oder geht dieser Mythos auf Intellektuelle wie etwa Kunsthistoriker zurück, die der Künstlerkolonie diesen Titel aus verklären­der Verehrung für seine ersten Maler und die eine große Malerin verliehen ha­ben? Genau lassen sich die Wege der Entstehung eines solchen Mythos nicht zurückverfolgen und die Elemente seiner Geburt auseinander halten. Vermutlich enthält der Terminus „Mythos Worpswede“ Anteile von allen diesen Baustei­nen.

Man kann aber durchaus von einem „Mythos Worpswede“ sprechen, denn die­ser Fall erfüllt durchaus die von dem Historiker Herfried Münkler dafür aufge­stellten Kriterien. Er nennt folgende Merkmale: Alle politischen und gesell­schaftlichen Gemeinwesen – das reicht von der real existierenden oder erst zu schaffenden Nation bis zu kleinen Gemeinden oder gesellschaftlichen Gruppen, die bestimmte Inhalte vertreten, greifen zum Zweck ihrer Selbstdarstellung im­mer wieder auf Mythen zurück. In all diesen Fällen geht es darum, dass durch Mythen der Gemeinschaft, die sich auf sie beruft, Sinn und Identität verliehen wird. Solche Mythen haben immer einen Gründungsakt zum Inhalt, d.h. es wird ein Anfang markiert, der aber nicht mehr ist als ein historisches Datum. Der hier gemeinte Mythos unterscheidet sich deshalb vom historischen Bericht – auch wenn man beide nicht immer sauber voneinander trennen kann – darin, dass es dem Mythos weniger um das Ereignis als solches, sondern um die Sinnhaftigkeit des Geschehens geht. In solchem Mythen überlieferte Anfänge sind mehr als bloße Anfänge in der Zeit, sie enthalten Sinnversprechen, durch welche die Ver­gangenheit mit der Gegenwart verbunden wird, und zwar so, dass die Vergan­genheit über die Gegenwart hinaus in die Zukunft verweist.

So wird ein Mythos, der ein vergangenes Ereignis beschwört, zum Garanten der Zukunft. Mit anderen Worten: Der mythisch markierte oder mythisch verwischte Anfang einer Gemeinschaft – und hier liegt der Unterschied zwischen Mythos und historischer Darstellung – ist der Beginn einer sinnhaften Entwicklung, in welche die Gemeinschaft bis in die Gegenwart und darüber hinaus eingebettet bleibt und die dafür sorgt, dass auch die Zukunft so bleiben wird. Dabei lässt die Ursprungserzählung alles weg, was die beabsichtigte Sinnhaftigkeit des Berich­teten stören oder belasten könnte. So gesehen versichern  Mythen der Gemein­schaft, der sie gelten, dass das Geschehene genau so geschehen musste, wie es geschah – dass die Ereignisse also nicht zufällig, sondern notwendig vonstatten gingen. Und dass sie mehr waren und sind als bloße Ereignisse, sondern ihnen eben eine sinnhafte (in der Politik sogar heilsgeschichtliche) Dimension eigen ist.

Indem diese Mythen die Ereignisse sinnhaft in die Geschichte einordnen, schaf­fen sie Identität und ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu einer Gemeinschaft. Der Preis dafür ist aber hoch, denn die Vielfalt der Entscheidungsmöglichkeiten und die Fülle von Optionen werden verringert, indem sie auf den Mythos bezo­gen werden. Plötzlich ist offenbar klar und ganz fraglos, wie die Dinge zu ver­stehen sind und was zu tun ist. Insofern eignet sich der Mythos hervorragend dazu, Menschen zu mobilisieren, eine Gemeinschaft zu festigen oder sogar neu zu schaffen. Die modernen Mythen entstehen aber nicht, wie dies romantische Theorien behaupten, sozusagen aus dem Volk heraus, sondern ihre Schöpfer sind zumeist Intellektuelle – also Gelehrte, Literaten, aber auch Politiker. Sie allein schaffen und verbreiten Mythen, in welcher Absicht auch immer. Moder­ne Mythen sind also zumeist künstlich erdacht. Politische Mythen werden im­mer bewusst und planmäßig für den gezielten Einsatz im weltanschaulichen Kampf erzeugt. Sie ähneln aus kommerzieller Absicht erzeugten Mythen, die helfen sollen, Absatz und Profit zu erwirtschaften.

Das hier Gesagte trifft auf den Mythos Worpswede zu, auch wenn die angespro­chenen Dimensionen hier wesentlich kleiner sind. Worpswede ist nicht nur ein Dorf, sondern es ist eine Künstlerkolonie, der eine ganz bestimmte Idee zu Grunde liegt, die man überall in der Welt mit dem Namen Worpswede verbin­det. Es gehört eine Gemeinschaft, überspitzt gesagt eine „Gemeinde“ von An­hängern dazu, die diese Idee trägt, erhält und weiter verbreitet. Vor allem: Die Künstlerkolonie hat einen Gründungsmythos. Es ist jener Augenblick, als die Maler, die Worpswede „entdeckt“ hatten, auf der Brücke, die nach Bergedorf führt, stehen, den Ausblick in die Landschaft genießen und beschließen, hier zu bleiben. Der Gründungsakt wird nach Art romantischer Burschenherrlichkeit mit einem hochtrabenden Schwur begangen: „Wir werden Feuer und Flamme! Fort mit den Akademien, nieder mit den Professoren und Lehrern! Die Natur ist un­sere Lehrerin und danach müssen wir handeln!“ hat Modersohn über diesen denkwürdigen Tag notiert. Zur Gründergeneration der Künstlerkolonie gehören Fritz Mackensen, Otto Modersohn, Hans am Ende, Fritz Overbeck, Carl Vinnen und Heinrich Vogeler. Auf diesen Schwur auf der Brücke als zeitlichen Aus­gangspunkt beziehen sich auch die diesjährigen Feierlichkeiten zum 120. Ge­burtstag der Künstlerkolonie. 

Es ist nicht genau bekannt, ob dieser Vorgang sich am 25., 26. oder 27. August 1889 abgespielt hat. Das Datum ist letztlich auch ganz egal, weil es sich hier um einen mythischen Gründungsakt gehandelt hat. Niemand bezweifelt, dass das Ereignis in irgendeiner Form stattgefunden hat. Das Bild von der Brücke mar­kiert aber nicht nur den Gründungsakt des Mythos, Brücke ist immer auch ein Bild für das Verlassen von etwas und ein Hinübergehen zu etwas, sie ist eine Metapher für Abbruch von etwas Altem und Aufbruch zu etwas Neuem. Was haben die ersten Worpsweder Maler hinter sich gelassen und wohin sind sie auf­gebrochen?

Oder anders gefragt: Worin besteht nun dieser Mythos, den die erste Generation der Worpsweder Maler vertreten hat und für den sie heute noch steht? Sie strebten – so heißt es in den Darstellungen über sie immer wieder – nach der Einheit von Mensch und Natur, und sie wollten in einem von der Zivilisation weitgehend unberührten Landstück leben und diesen Traum realisieren. Die Leitlinie sollte der unverfälschte Natureindruck sein – so hatten sie es ja auch in ihrem Schwur formuliert. Natur- und Kunsterlebnis sollten vollständig überein­stimmen, sie wollten in ihren Bildern also ein direktes „umfassendes Naturer­lebnis“ ausdrücken. Weitere Leitworte ihres Lebens und ihrer Kunst sind: Sehn­sucht nach Heimat und nach dem ursprünglichen Leben der Bauern. Ihre Kunst sollte deshalb „echt“, „wahrhaft“ und „einfach“ sein und aus dem unmittelbaren Eindruck kommen, jedes Kunstdogma wurde abgelehnt.

Sie wollten also das „Ewige“ und „Dauerhafte“ der Natur erleben und festhalten. Allein diese beiden Begriffe belegen, wie mythisch ihr Fühlen und Denken war, denn Zeit- und Geschichtslosigkeit sind konstituierende Merkmale des Mythos, wohingegen die Natur ständige Entwicklung und Bewegung ist und keinen Still­stand kennt. Dieser Mythos war deshalb schon – vordergründig betrachtet – ein irrtümliches Unternehmen. Dazu kommt, dass diese Maler ja nur vermeintlich in eine unberührte und intakte Natur flohen. In Wirklichkeit war das Land um Worpswede längst durch industrielle oder agrarwirtschaftliche Nutzung, Zerstö­rung, Zersiedlung und das Verschwinden der alten Lebensformen bestimmt. Dies alles wie auch die bittere Armut der Moorbauern kommt aber in ihren Bil­dern nicht vor. Sie lehnten jede Form von sozialkritischem Naturalismus ab.

Die Kunst, die diese Maler geschaffen haben, wird aber heute noch unter den­selben Prämissen gezeigt, unter denen diese Künstler angetreten waren. als Er­gebnis des reinen Naturerlebnisses in dem armen Moordorf an der Hamme. Die meisten Interpreten sehen die erste Generation der Künstlerkolonie als Maler, die „zurück zur Natur“ strebten, um diese zu gestalten. Das ist verkürzt wieder­gegeben auch der Inhalt des Mythos Worpswede.

Nun ist aber – wie oben schon gesagt – ein Wesensmerkmal des Mythos, das auszublenden oder zu verdrängen, was in seinen Sinnzusammenhang oder seine Sinnhaftigkeit nicht hineinpasst. Um sich selbst zu legitimieren, am Leben zu erhalten und in der Gegenwart zu erhöhen, verschleiert jeder Mythos Teile der Wirklichkeit, denn diese ist immer vielfältig, der Mythos dagegen immer eindi­mensional. So gesehen muss sich auch jeder Mythos seine Entmythologisierung gefallen lassen, um die Teile der Realität aufzuzeigen, die er verbirgt oder ver­steckt. Die Frage muss also lauten: Was gibt es am Mythos Worpswede zu ent­mythologisieren? Was ist die andere reale, aber geleugnete Seite dieses Mythos? Oder noch anders gefragt: Welchen Teil der sozialen oder politischen Wirklich­keit, in der ja auch die ersten Worpsweder Maler lebten, von der sie ein Teil wa­ren und von der sie deshalb auch geprägt wurden, haben sie, ihre Anhänger und Verehrer, ausgeblendet, verdrängt und negiert – und das bis heute?

Die Antwort auf diese Frage kann man mit einem einzigen historischen Begriff geben: Kulturpessimismus und seine Folgen. Was der Worpswede-Mythos bis heute als großen Aufbruch in die Natur, in die Einfachheit des Moordorfes schildert, was er als mutige Auflehnung und couragierten Protest gegen die Akademien der damaligen Zeit verklärt, war ja in Wirklichkeit keine so heroi­sche Tat. Sie war vielmehr Teil eines im deutschen Bürgertum weit verbreiteten Unbehagens an den politischen und kulturellen Zuständen im Kaiserreich am Ende des 19. Jahrhunderts.

Dieses eher diffuse Überdruss-Gefühl, das sich als laute Zivilisations-Kritik an der auch in der „verspäteten Nation“ (diesen Begriff hat der Historiker Helmuth Plessner geprägt) voranschreitenden Moderne äußerte, hatte auch ihre Verkün­der und Propheten, deren bedeutendster der völkische Ideologe Julius Langbehn (1851 – 1907) war. Der deutsch-amerikanische Historiker Fritz Stern hat diesem skurrilen Prediger in seinem Buch „Kulturpessimismus als politische Gefahr“ ein ganzes Kapitel gewidmet. Stern zeigt darin die Wurzeln der Entstehung des Kulturpessimismus, die Hauptideologeme und die fatalen Auswirkungen auf die weitere politische Entwicklung in Deutschland auf, denn Langbehn war einer der geistigen Wegbereiter des Nationalsozialismus. Es sei im Vorgriff hier er­wähnt: Die ersten Worpsweder Maler waren begeisterte Langbehnianer – ja, ihr Auszug in das „primitive“ Moordorf und ihre ganze künstlerische Existenz dort lässt sich ohne den Hintergrund der kulturpessimistischen Bewegung gar nicht verstehen.

„Der Kulturpessimismus ist ein völkisch-nationaler Irrationalismus, der nicht zufällig im ‚Dritten Reich’ gemündet und gestrandet ist“, hat der Historiker Norbert Frei geschrieben. Und der Soziologe Ralf Dahrendorf hat ihn als „pa­thologisches Syndrom“ bezeichnet, „das älter als der Nationalsozialismus ist und diesen zugleich überlebt hat.“ Für Fritz Stern ist der Kulturpessimismus die vor­herrschende Geisteshaltung, die die „konservative Revolution“ ausmacht, deren bedeutendste Ideologen neben Julius Langbehn Moeller van der Bruck und Paul de Lagarde sind. Er definiert die „konservative Revolution“ so: „Sie verkörpert in der Tat ein Paradoxon: Ihre Anhänger wollten die von ihnen verachtete Gegen­wart zerstören, um in einer imaginären Zukunft eine idealisierte Vergan­genheit wiederzufinden. Sie waren enterbte Konservative, die nichts mehr zu bewahren hatten, waren doch die geistigen Werte der Vergangenheit größtenteils versunken und vergessen, und für das, was an konservativer Macht übrig geblie­ben war, interessierten sie sich nicht. Sie wollen zur Vergangenheit zurückkeh­ren und ersehnten eine neue Gemeinschaft, deren Angehörige alle wieder den alten Idealen und Institutionen treu sein würden.“

„Konservative Revolution“ und Kulturpessimismus waren Folgen der späten und deswegen sehr stürmisch und in wenig geordneten Bahnen verlaufenden Industrialisierung in Deutschland am Ende des 19. Jahrhunderts. Dieser ein­schneidende Umbruch verschärfte die Klassengegensätze, ließ neue übervöl­kerte, schmutzige und laute Riesenstädte entstehen, zersiedelte und zerstörte Landschaften und ließ uralte vorindustrielle Traditionen und Lebensformen samt ihren Werten untergehen. Rief diese Entwicklung schon tiefes Unbehagen gegen die neue Zeit hervor, steigerten politische Gründe die Unzufriedenheit noch: Ei­nerseits war man stolz auf die Einigung des Reiches durch Bismarck und die neu entstehende deutsche Macht, andererseits stellte sich aber eine tiefe Enttäu­schung über den aktuellen Gang der Dinge ein: Die rasante wirtschaftliche Ent­wicklung in den „Gründerjahren“ war vor allem von Interessenegoismus, Berei­cherungs- und Profitdenken bestimmt. Und so entstand in breiten bürgerlichen Kreisen die Angst, dass sich das „alte“ Deutschland auflösen würde und einem von rigorosem Materialismus beherrschten kapitalistischen Molochstaat Platz machen würde. Die Zweifel an dieser Entwicklung, die sich bis zur Verzweif­lung steigerten, nährten die Furcht, dass der deutsche Geist und der deutsche Idealismus vor ihrem Niedergang ständen. Das Unbehagen an der Situation im Kaiserreich nahm die Form einer kulturellen Krise an.

Die kulturpessimistische Bewegung, die sich mit einem völkisch-mystischen Nationalismus verband, der keineswegs mit dem offiziellem Nationalismus identisch war, hatte auch schnell die Schuldigen für die vermeintliche Misere gefunden. Da stand an erster Stelle der Liberalismus als wichtigste Vorausset­zung der modernen Gesellschaft. In ihm sah man das Grundübel, das als Ursa­che und Ausgangspunkt für alle anderen angesehen wurde: die Bourgeoisie, das Manchestertum, die Säkularisierung, der Parlamentarismus, das Parteienwesen und den Mangel an politischer Führung. Das Arsenal der Schuldigen wurde aber noch weiter gefasst: Der Angriff galt vor allem dem Rationalismus schlechthin, also der Vernunft und der Wissenschaft – eben der ganzen rationalen, liberalen und kapitalistischen Gesellschaft, die sich seit der Französischen Revolution in Europa entwickelt hatte. So gesehen war der Kulturpessimismus ein Aufstand gegen die Moderne und die Zivilisation schlechthin.

Da es den Ideologen des Kulturpessimismus nicht um eine rationale Analyse und Diagnose der Zustände in der damaligen Gesellschaft ging, sondern ihre „Erkenntnisse“ vor allem aus der Intuition kamen, fanden in ihre Verdam­mungsurteile, Rückblicke und Prophezeiungen auch schnell Verschwörungsthe­orien Eingang: Nur schlimme Bösewichter konnten an der beklagten Misere schuld sein und die alte völkische Einheit gesprengt haben: natürlich die Juden, in denen man die Verkörperung der verhassten Moderne schlechthin sah. Viele Deutsch waren überzeugt, dass die ganze Entwicklung in Deutschland zutiefst „undeutsch“ sei und das „deutsche Wesen“ dabei immer mehr Schaden erleide.

Wer die Gegenwart kritisiert, muss Entwürfe für die Zukunft liefern. Mehr als ein „Zurück zum Alten“ konnten die Ideologen des Kulturpessimismus aber nicht anbieten. Was hieß: Man wollte die Wurzel der Zwietracht beseitigen und zur Vergangenheit zurückkehren – zu einem Zustand des unverdorbenen Lebens in ländlichen Gemeinschaften. Der Bauer in seiner Ursprünglichkeit und seiner Verbundenheit mit der Natur galt als das Ideal. Visionen von einem „gesunden Volkstum“ schwebten den Kulturpessimisten vor, und der Ruf nach einem „Caesar“, einem „Führer“ wurde laut, der alle Gegensätze und Widersprüche ausgleichen und beseitigen würde. Nur so könnte Deutschland zu wahrer Macht und Größe kommen.

Fritz Stern zeigt Verständnis dafür, dass die gewaltige kulturelle Umwälzung im Deutschland der Kaiserzeit eine so große Unruhe hervorrief, sieht die Tragik aber in der Selbsttäuschung, in der völligen Verkennung der Realität, die darin bestehe, dass die Deutschen Wandel mit Zerfall verwechselten und in Überein­stimmung mit ihrer idealistischen Geschichtsauffassung den Zerfall einem sittli­chen Versagen zuschrieben. Geprägt von einem Idealismus, der kein philosophi­sches System mehr gewesen sei, sondern ein auf den Klassikern aufbauendes vages Lebensgefühl, ein Gefüge von Empfindungen und Werten, das vor allem die Kultivierung der Innerlichkeit betonte, aber politische Anteilnahme oder so­gar politisches Interesse abgelehnt habe, hätten große Teile des Bürgertums dazu geneigt, sich der Wirklichkeit zu entfremden. Stern schreibt: „Es hat in der mo­dernen Welt wenige Völker gegeben, die so wirklichkeitsfremd waren wie das deutsche Volk während der Kaiserzeit.“ Was schlimme Konsequenzen gehabt habe: Die Ideologen des Kulturpessimismus hätten Vorschläge zur Behebung der Missstände gemacht, die von Generationen unpolitischer, idealistischer Deutscher als edel und durchführbar angesehen worden seien. Die Realitätsver­kennung musste – so Stern – in den Nihilismus des Nationalsozialismus führen, weil die Träger der Unzufriedenheit und des Unbehagens nach 1920 in dem „Idealismus“ der Hitlerbewegung ihre Rettung sahen.

Was war nun die kulturpessimistische Botschaft von Julius Langbehn, den die Worpsweder Maler so verehrten? Er hat sie in seinem 1890 erschienenen Buch „Rembrandt als Erzieher“ niedergelegt – einem skurrilen, wirren und völlig ir­rationalem Werk, das aber bis 1945 an die hundert Auflagen erlebte und allein damit bewies, wie richtungsweisend es für die Zeit war. Es war die Bibel für die kulturpessimistische Bewegung. Langbehn strebte darin eine neue und endgül­tige Reformation an, die die irrationalen Kräfte des Volkes und seine alten Werte wieder erwecken sollte, die er unter den Schichten der überzüchteten Zi­vilisation begraben sah. Sein Kreuzzug gegen die Moderne galt vor allem dem Intellektualismus und der Wissenschaft. Das „freie“ Individuum, der wahre deutsche Aristokrat und die Kunst als Quelle von Wissen und Tugend sollten das Leben der Zukunft bestimmen.

Wer so hehre Ziele verfolgte wie Langbehn, der musste, um Wirkung zu erzie­len, beim Volk beginnen. Mit dem realen Volk der Deutschen konnte er aber wenig anfangen. Seine Landsleute erschienen ihm wie Zwerge, die die Verbin­dung zu ihrem Boden und ihrem Stamm verloren hatten. Das „wahre“ Volk musste ja erst wiedererstehen. Reste dieser idealisierten Deutschen gab es aber noch im Bauerntum. Der Bauer war für Langbehn der Menschentyp, der seinen ursprünglichen Charakter bewahrt hatte und –  unbefleckt von der Zivilisation – in seinem Boden verwurzelt geblieben war. Er war noch nicht von der Dekadenz der großen Städte infiziert und lebte noch in einer „gesunden“ und „organi­schen“ Dorfgemeinschaft. Der vollkommenste und edelste bäuerliche Men­schentyp kam für ihn aber aus „Niederdeutschland“, womit er die nordwestdeut­sche Tiefebene meinte, die für ihn von Dänemark bis zu den Niederlanden reichte. Langbehn schreibt dazu: „Ariertum, Deutschtum, Aristokratismus sind sich deckende Begriffe. Die Wiege des Ariertums ist der gesamte germanische Nordwesten, das heißt Niederdeutschland; hieraus ergibt sich die Notwendig­keit, dass eine Erneuerung des Deutschtums zunächst an Niederdeutschland an­knüpfen muss; von da, wo ein Volk geboren ist, wird es auch wiedergeboren.“

Es gibt für Langbehn aber auch einen Idealtyp des niederdeutschen Menschen, der alle vorzüglichen und edlen Eigenschaften dieser Rasse in sich vereinigte und das Vorbild für die Gesellschaft der Zukunft abgab: der niederländische Maler Rembrandt (1606 –1669) – der Titelheld seines Buches. Ein Künstler, der aus niederdeutscher Erde und von niederdeutschem Volk abstammte und des­halb auserwählt war, das Rettungswerk zu vollbringen, das Langbehn vor­schwebte: die Erlösung durch die Kunst.

Rembrandt sollte also der Künder der neuen Gesellschaft sein, er sollte – sym­bolisch gesehen – die neue deutsche Reformation durchführen und die alten Werte wiederherstellen: Einfachheit, Natürlichkeit und Intuition. Für diese Werte hatte Langbehn auch ein anderes Wort: Kindlichkeit oder Kindhaftigkeit. Kinder sind naiv und unverdorben und kommen Langbehns Ideal des Anti-In­tellektualismus am nächsten. Sein Programm sah deshalb vor: Wissenschaft, Politik (also die Demokratie mit ihren Parlamenten, so weit sie in Deutschland schon verwirklicht war), Handel und Technik müssten verschwinden. Kunst, Individualität und ursprüngliches Leben würden das Dasein der Zukunft bestimmen.

Die Wissenschaft hätte den Glauben als Hauptkraft in der Gesellschaft ver­drängt, nun würde das Zeitalter der Kunst das Zeitalter der Wissenschaft ablö­sen, davon war Langbehn – ähnlich übrigens wie Richard Wagner – überzeugt. Die wahre „völkische“ Kunst würde sich an die Stelle der Religion setzen, sie würde das Leben geistig veredeln, Wahrheit und Schönheit würden sich in ihr vereinen und so zur Verkörperung des nationalen Wesens werden. Eine so ver­standene Kunst würde die moderne rationale Kultur überwinden, die materiellen Gegensätze ausgleichen und das Volk einen. Dieses würde sich durch das Kunsterleben in einer Gemeinschaft wieder finden, in der auch die Deutschen ihr eigenes Wesen – und sich selbst erkennen würden. Aber diese Kunst durfte nicht intellektuell sein, sie musste aus der Emotion und der Leidenschaft gebo­ren sein, sie musste spontan, ursprünglich und volkstümlich sein – eben nieder­deutsch.

Aber um das Volk oder die Gemeinschaft wiederzuerwecken (und damit auch automatisch die Individualität in ihrem Gefolge) bedurfte es neben dem Erlöser Rembrandt noch vor allem einer „wahren deutschen Aristokratie“ und eines „Führers, eines „heimlichen Kaisers“, der die völkische Wiedergeburt herbeifüh­ren sollte. Diesem Ziel standen aber vor allem die Juden entgegen, die für Lang­behn ja die Verkörperung alles Modernen waren. Sein wütender Antisemitismus plädierte für „Ausrottung“. Er schrieb: „Der moderne Jude hat keine Religion, keinen Charakter, keine Heimat, keine Kinder. Er ist ein Stück Menschheit, das sauer geworden ist.“ Und: „Deutschland den Deutschen. Ein Jude kann so wenig zu einem Deutschen werden, wie eine Pflaume zu einem Apfel werden kann.“

Wäre die Wiedergeburt Deutschlands aus dem niederdeutschen Geist geschafft, sei der Deutsche zur Weltherrschaft berufen. Ein deutscher Imperialismus er­schien ihm als das „erste Zeichen eines neuen philosophischen Pangermanis­mus“. Durch eine solche Expansion des Deutschtums würde das niederdeutsche Bauerntum zusätzlich gestärkt, das Volk noch mehr gesunden und der Kaiser an Macht gewinnen.

Wie die völkische Wiedergeburt und die Erringung der deutschen Weltherr­schaft vonstatten gehen sollten, erklärt Langbehn so: „Sämtliche Probleme, wel­che sich aus dem gesellschaftlichen Zusammenleben der Menschen ergeben, führen sich auf das eine große aristokratische Problem zurück: auf das der be­rechtigten Über- und Unterordnung der Menschen unter sich. Aus ihm entflies­sen auch die heute schwebenden deutschen Volksprobleme ... Die Zahl derer, die wahrhaft Menschen sein können und wollen, wird immer nur eine Minder­heit darstellen. Diese edle Minderheit soll die Geschicke der Deutschen ent­scheiden, jedenfalls im geistigen und womöglich auch im politischen Leben. Dann wird das uraristokratische Gesicht dieses Volkstypus aus der demokrati­schen Maske, die er für geraume Zeit trug, wieder auftauchen ... dieser geheime Magnetismus zwischen den Vielen und dem Einen ist eines der wichtigsten und vielleicht das wichtigste Volkserziehungsmittel ... Die Deutschen sind bestimmt, den Adel der Welt darzustellen. Deutschlands Weltherrschaft kann nur eine in­nerliche sein, wie auch sein Aristokratismus nur ein innerlicher sein kann; aber beide werden sich trotzdem äußerlich betätigen und geltend machen müssen. Das deutsche Wahrwort wird ein Machtwort sein.“

Das ist – in großen Zügen skizziert – das ideologische Weltbild Langbehns. Der überwältigende Erfolg seines Buches belegt, dass der „Rembrandt-Deutsche“, wie er sich selbst nannte, die „Reichsverdrossenheit“, das Unbehagen am politi­schen und kulturellen Leben des neuen Reiches mit seinem Werk gut getroffen hatte. Fritz Stern merkt dazu an: „Keine anderes Buch übte einen so tiefen Ein­druck auf die deutsche Kultur aus, keine Mischung von Kulturpessimismus und nationalistischer Hoffnung erlangte je solche Popularität ... Der nihilistische, brutale Unterton blieb dabei weitgehend unbemerkt.“

Kulturpessimismus und Antimodernität waren in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts ein und dasselbe. Die unzufriedenen konservativen Gruppen des kaiserlichen Deutschland und die verschiedenen Interessengruppen griffen be­gierig nach dieser ideologischen Gleichung. Ihr Erfolg beruhte auf der Tatsache, dass sie die Radau-Nationalisten und die Antisemiten genauso ansprach wie höchst achtenswerte kulturkritisch gesinnte Kreise, die aber politisch desinteres­siert waren. Zu letzteren gehörten aber vor allem Künstler und Literaten. Denn wie hätten Künstler nicht begeistert sein sollen, wenn hier die Wiedergeburt der deutschen Kunst und obendrein die Wiedergeburt Deutschlands durch die Kunst vorausgesagt wurde? Mit seiner Ansprache einer neuen tiefen romantischen Sehnsucht nach dem Echten und Wahren, dem Aufzeigen der Dichotomie des modernen Lebens, mit seinem Protest gegen einen überzüchteten Intellektualis­mus und seiner Aufforderung, die zivilisierten künstlichen Oberflächen zu durchstoßen und in unheimliche, unbewusste Tiefen hinabzutauchen und dort vitale Kräfte zu schöpfen, musste Langbehn gerade Künstler ansprechen – und die junge Generation. Die Jugendbewegung schöpfte denn auch ganz besonders aus dieser ideologischen Quelle.

Der Historiker George L. Mosse hat die Wirkung des „Rembrandt“-Buches so zusammengefasst: „Das Buch wurde sehr volkstümlich, da man es auf verschie­denen Ebenen interpretieren konnte. Kulturell konnte man es als eine gegen die mittelständische Üppigkeit und Wohlgefälligkeit gerichtete Kritik auffassen und als einen Angriff auf Realismus und Naturalismus in der Kunst. Man konnte es aber auch als ein rassistisches Buch lesen, das der Vorstellung vom deutschen Volk neue Tiefe verlieh. Für Langbehn wandelte der Mystizismus Wissen in Kunst. Der Deutsche musste Künstler sein (geradeso wie Rembrandt), eine Vor­stellung, die Musik in den Ohren der jüngeren Generation war. Ihre Eltern waren Unternehmer und Geschäftsleute, die Söhne und Töchter dagegen wären gern ‚kreativ’ gewesen. Dies war der springende Punkt in der Revolte dieser jungen bürgerlichen Generation des fin de siécle.“

 

                                                     II

 

Die Worpsweder Maler als gelehrige Anhänger des Rembrandt-Deutschen

Die Maler der ersten Generation der Worpsweder Künstlerkolonie waren be­geisterte Anhänger der völkischen Weltanschauung dieses merkwürdigen deut­schen Propheten. Wobei man anmerken muss, dass der Kulturpessimismus Langbehns kein politisches Dogma war, das von einer Partei vertreten wurde und das man blind glaubte. Er war vielmehr eine diffuse Stimmung, eine weltan­schauliche Bewegung, die aber tief in der deutschen Gesellschaft verankert war. Diese Stimmung gab es natürlich auch schon vor dem Erscheinen von Lang­behns Buch, aber dieser irrationale Bestseller fasste die oppositionelle Atmo­sphäre in kulturkritisch gesinnten bürgerlichen Kreisen offenbar in genialer Weise zusammen, bestätigte viele in ihren Ansichten und verlieh der Bewegung neue Schubkraft.

Die Worpsweder Maler konnten auch den von ihnen vertretenen Naturbegriff bei Langbehn wieder finden, dessen Wurzeln in der Romantik zu suchen sind. Er war also keineswegs so neu, voraussetzungslos und ideologiefrei, wie es oft dargestellt wird. Guido Boulboullé und Michael Zeis haben in ihrer Monogra­phie über das Dorf geschrieben: „Aber bei den Worpswedern verrät sich in ih­rem Rückgriff die Neigung, ein Naturgefühl und ein Naturempfinden zu bewah­ren, dem die Wirklichkeit nicht mehr zu entsprechen vermag. Sie entwickeln ihre Kunst nicht aus der Konfrontation mit einer ihnen fremden Landschaft, im Gegenteil: Sie suchen und finden im Moor eine Motivwelt, die ihre künstleri­schen Absichten rechtfertigt. Die Worpsweder Maler brauchen also die Worpsweder Landschaft für die Bestätigung ihrer im Grunde romantischen Na­tur- und Kunstauffassung. Ihr Beschluss, aufs Land zu gehen, war so gesehen eine weltanschauliche Entscheidung, in der ihre Auffassung von Kunst und Na­tur im Kern schon lange vorher enthalten war. Mit anderen Worten: Sie hatten „ihren“ Langbehn schon lange im Kopf, bevor sie das Buch wirklich lasen.

Ob vor oder nach der Lektüre des „Rembrandt“-Textes – die Belege für ihr Langbehnsches Fühlen und Denken sind zahlreich. So schwärmte Otto Moder­sohn von der Besonderheit des Worpsweder Lichts, das er zunächst „nördlich“ nennt und bald darauf als „nordisch“ bezeichnen wird. Er schreibt über die Um­gebung seines neuen Domizils in dem Moordorf: „Es ist wirklich ein Land nach meinem Sinn, die ganze Gegend atmet so einen urwüchsigen nordischen Cha­rakter.“ Und wegen des „nordischen Elements“ gibt ihm Rembrandt eine „Fülle von Ideen. Dieses Ideal müsse immer klarer werden. Auch Mackensen schwärmt von der Besonderheit des „nördlichen Lichts“ in Worpswede, auch er wird es bald „nordisch“ nennen.

Mackensen ist auch überzeugt, das „Lichtgeheimnis in der Natur [sei] von dem als Niederdeutschen annektierten Rembrandt erfunden und von den Impressio­nisten wieder entdeckt worden“. Paula Modersohn-Becker, die bei Mackensen Malstunden nahm, schrieb: „Sein Gott ist Rembrandt. Ihm liegt er voller Be­wunderung zu Füßen und folgt inbrünstigen Schrittes seinen Spuren. Das Ge­sunde, das Urdeutsche liebt er mit Leib und Seele.“ Am Ende seines Lebens wird Mackensen schreiben: „Wir waren fest verbunden mit Blut und Boden und daraus erwuchs unsere überragende Leistung.“

Ganz im Sinne Langbehns war auch der Protest der Worpsweder Künstler gegen den Akademismus ihrer Lehrer und an den Hochschulen. Modersohn hasste die „Glätte ihres Vortrages“ und vermisste „geistigen Gehalt und Seele“. Er wollte ein erhabenes und tiefes Naturgefühl gestalten. Als Musterbeispiel des von Langbehn geforderten „Aufstandes gegen den Intellektualismus“ kann der Schwur auf der Brücke gelten: „Fort mit den Akademien! Nieder mit den Pro­fessoren und Lehrern! Die Natur ist unsere Lehrerin, danach müssen wir han­deln!“ Eine Losung, die zumindest Mackensen nur sehr inkonsequent befolgt hat, da er sein Bild „Gottesdienst im Moor“ im Akademie-Atelier seines Lehrers Ludwig Bokelmann erst in Karlsruhe und dann in Berlin vollendet hat. Dennoch kann man sagen: Die Worpsweder Künstler waren nach heutigem Sprach­gebrauch „Aussteiger“, ihr Motiv dabei war kulturpessimistische Opposition gegen die Politik- und Kultur ihrer Zeit.

Ganz langbehnianisch ist ihr Hass auf die Großstadt – und eben das Gegenteil: die Idealisierung ihres Moordorfes in der „niederdeutschen Tiefebene“. Moder­sohn fühlt sich bei einem Besuch in Hamburg ausgesprochen unwohl und ist überglücklich, als er „auf sein liebes Land zurückkehren“ kann. Aus Berlin schreibt er: „Das Leben in der Großstadt, besonders Berlin zerstört jede gute, edle Regung in mir, im Menschen und Künstler.“ Noch deutlicher drückt sich Hans am Ende in Briefen aus der Hauptstadt aus. Er schreibt: „Ich fühle mich hier gänzlich in der Wüste, denn Berlin ist gänzlich kunst-öde und leer.“ Er fin­det die Stadt „gemein, schusterhaft gemein“. Überall sieht er nur Schmutz, Chaos, Moderluft und Zerfall der sozialen Ordnung, für die er vor allem den niederen Pöbel und die Sozialdemokraten verantwortlich macht, die ständig „scheußliche Reden“ führten. Er klagt: „Heillos, heillos! Wäre ich geblieben doch auf meiner Heiden!“ Und: „Hoffentlich kann ich nächstes Frühjahr wieder die Luft am Weyerberg [in Worpswede] mit Euch genießen.“

Langbehn hatte ja die Politik, den Handel, die Industrie und den ganzen Tech­nik-Betrieb abschaffen wollen. Auch dieses Ideal lebten die Künstler in Worps­wede mit ihrer Politik-Ferne und erfüllten damit seinen Anspruch, nur noch für die Kunst da zu sein. Die dunklen Seiten der politischen und sozialen Wirklich­keit verdrängten sie und flüchteten sich in ein künstliches Paradies. Der politisch links eingestellte Schriftsteller und Maler Karl Jacob Hirsch, der Jude war und zeitweise in Worpswede lebte, hat dieses Phänomen während des Ersten Welt­krieges rückblickend klar erkannt und so beschrieben: „ [In Worpswede] war der Krieg in Wirklichkeit nicht vorhanden. Das ‚Künstlerleben’ ging weiter, ab und zu wurde einer von den Malern eingezogen und verschwand, aber das Nichtstun wie das Arbeiten blieben gleich. Das Worpsweder Leben barg in sich einen ge­heimnisvollen Zauber: Es hielt die Künstler, die dort wohnten davon ab, mit ir­gendeiner Erscheinung des wirklichen Lebens in Berührung zu treten. Worps­wede war trotz Krieg eine Art von Elfenbeinturm, von der Außenwelt abge­schnitten und isoliert. In ihm herrschten eine merkwürdige Art von Selbstüber­schätzung, Selbstbewunderung und all die Eigenschaften, die in großen Städten unzeitgemäß waren. Es gab keine eigentliche Entwicklung in dem Dörfchen. Die Menschen die dort wohnten und arbeiteten, wussten nichts von dem rauen Le­ben, das draußen herrschte.“

Diese Beschreibung trifft auf Paula Modersohn-Becker zu. Auch ihr Lebensge­fühl, das sie in ihren Tagebüchern und Briefen beschreibt, ist sehr langbehnia­nisch. Sie huldigt einem romantischen Naturmystizismus, der manchmal pan­theistische Züge trägt. Für die wahrhaft nicht geringen sozialen und politischen Probleme der Zeit um die Jahrhundertwende hat sie keinen Blick. Bei ihren zahlreichen Berlin-Reisen besucht sie Museen, Galerien und abendliche Bälle. Darüber berichtet sie sehr ausführlich, auch über ihre Arbeit und die idyllische Natur, die sie in den Gärten, Parks und in den Wäldern und Seen der Umgebung sieht, aber kein Wort verliert sie über das reale Berlin dieser Jahre – mit den In­dustrieschloten und Elendsquartieren, seinen Hinterhöfen und seiner Armut. Einmal hat sie in einer Galerie Bilder von Dyck bewundert. Sie schreibt mit ei­nem verächtlichen Seitenhieb auf Berlin: „Ich habe geschwelgt. Da kriegt man eine gewaltige Ehrfurcht vor dem Menschen. Und das tut gut, denn die sinkt im Leben der Großstadt oft zu einem Minimum herab.“ (4.12.1897)

Ständig spricht sie aber auch von der Isolation, die sie in Worpswede spürt. Der Gesprächskreis, der sie interessiert, wurde offenbar immer kleiner. Dass sie es dann geschafft hat, den engen provinziellen Rahmen zu sprengen und prägende Eindrücke für ihre Kunst in Paris zu empfangen, spricht für diese große Künstle­rin, die schon mit 31 Jahren starb und als einzige von den frühen Worpswedern ein Werk hinterließ, das Weltgeltung für sich beanspruchen kann.

Wie aber hat der Einfluss Langbehns und des von ihm vermittelten Lebensge­fühls auf die erste Worpsweder Malergeneration gewirkt? Wobei es wichtig ist darauf hinzuweisen, dass ihre Bilder nicht direkt eine Ideologie vermitteln, sich aber sehr wohl ideologiekritisch interpretieren lassen.

Mackensen, der ein begeisterter Soldat, aber nicht sehr belesen war, hat selbst oft darüber gesprochen, wie sehr ihn Langbehns Buch beeinflusst hat. Er hat be­kannt: „Langbehns Buch ‚Rembrandt als Erzieher’ haben wir sozusagen ver­schlungen. Wir lebten in dem Gedanken, dass Rembrandt auf derselben geogra­phischen Linie geboren ist und gelebt hat, auf der Worpswede liegt.“ Deutlicher kann man es kaum sagen. Dennoch ist die zeitgenössische kunsthistorische Re­zeption darauf so gut wie nicht eingegangen – weder bei Modersohn noch bei Mackensen als den beiden wichtigsten Vertretern der alten Worpsweder Schule. Der einzige Kunsthistoriker, der den Sachverhalt einer gründlichen Analyse un­terzogen hat, ist der in Bremen geborene Kai Artinger.

Langbehns Bild des niederdeutschen Bauern, eines Menschentyps, der tief mit der heimatlichen Scholle verwurzelt und deswegen eine zwar einfache, kernge­sunde und unverdorbene Idealfigur ist, die aber gerade deshalb über aristokrati­sche Vornehmheit verfügt, entspricht ganz dem Typ, den Mackensen in seinen Bauernbildern dargestellt hat. Langbehn hatte – wie beschrieben – den nieder­deutschen Bauern eine geradezu missionarische Rolle für die Zukunft zuge­dacht. Denn seine Ideologie gipfelt in der Zielvorstellung einer „Verbauerung der deutschen Gesellschaft“ – als Gegenmittel gegen die verhassten und als de­struktiv angesehenen Bestrebungen, die aus den Großstädten kamen. Langbehn vertrat also eine Erlösungsmission, genau die findet sich aber auch bei Macken­sen wieder.

Sein Kolossalgemälde „Gottesdienst im Moor“, auf dem eine in Trachten ge­kleidete bäuerische Dorfgemeinschaft unter freiem Himmel fromm und ergeben den Worten eines Predigers von der Kanzel lauscht, kann – so Artinger – nur als symbolischer Aufruf zur Mission verstanden werden: dass von diesem ur­sprünglichen Ort im Moor der Kampf gegen die entfremdete, vom Glauben ent­fernte Welt ausgehen wird. Der Bauer wird als Antitypus zum entwurzelten Stadtmenschen dargestellt. Der christliche Glaube war da kein Widerspruch zu Langbehns Ideologie, denn auch er hatte die Rückbesinnung zu den christlichen Wurzeln des völkischen Denkens gefordert. Das Christentum war eine sehr alte Tradition in Deutschland und Langbehn glaubte, dass sie ein wirksames Gegen­gift gegen die rationalistisch ausgerichtete Moderne sei.

Artinger folgert: „Mackensen stellte ganz in diesem Sinne die niederdeutschen Bauern als auserwählte Rasse dar. Die ganze Vorstellung vom bäuerlichen We­sen stützte sich auf die Idee, dass der Mensch im Boden wurzeln muss, um nicht zu entfremden, und dass ein spezifischer Boden eine bestimmte Rasse hervor­bringt und dass Blut und Boden in enger Beziehung zueinander stehen. Diese Ideen sind die Blut- und Bodenideologie in Mackensens Bauernbildern.“ Diese Sicht hat Mackensen mit seinem schon zitierten Satz bestätigt; Wir waren fest verbunden mit Blut und Boden und daraus erwuchs unsere überragende Leis­tung.“ Der Kunsthistoriker Richard Muther notierte schon 1925 über Macken­sen: „Er ist – soweit man wagen darf, Künstler in das Prokrustesbett einer Cha­rakteristik zu spannen – der Maler der Bauern, der Maler jenes kernhaften, knor­rigen, wetterharten Friesengeschlechts, dem der Rembrandtdeutsche die Zukunft prophezeite.“

Auch bei Modersohn konstatiert Artinger eine enge Anlehnung an Langbehn. Denn dieser Maler hat nach der Lektüre dieser völkischen Bibel des Kulturpes­simismus daraus direkt sein eigenes Kunstideal abgleitet. Am 27. Oktober 1890 schrieb Modersohn in sein Tagebuch: „Wunderbares Kunstideal, entstanden in der Zeit: Rembrandt als Erzieher (Langbehn) – Hufeland – Burns. Es ist ganz frei, selbstständig, originell, nicht rembrandtsch, nicht Böcklin, nicht Millet.“ In zehn Punkten beschreibt Modersohn sein Ideal, das sich dann doch – entgegen seiner missverständlichen Aussage – eng an Langbehn orientiert.

Um nur drei Punkte herauszugreifen – Modersohn fordert für seine Malerei „einfache Ländlichkeit. Sein Hauptcharakter: bäuerlich, plattdeutsch, nieder­deutsch“, er will also einen lokalen, stammesmäßigen Bezug seiner Kunst. Zu­dem übernimmt er die Vorstellung von einer „nordischen Natur“ mit einer ihr eigenen Farbgesetzlichkeit. Ja, sein Zugang zur Natur soll vor allem „deutsch“ sein – im Gegensatz zum völlig anderen Naturverständnis der südlichen Völker. Modersohn schreibt: „Mehr wie alle möchte ich deutsch wirken, ganz meine Naturanschauung, mein persönliches, besonderes Verhältnis zum Ausdruck bringen.“

Langbehn hatte dem deutschen Charakter als hervorragenden Zug neben Musik, Ehrlichkeit, Barbarei, Frömmigkeit und Selbständigkeit auch „Kindersinn“ zu­gesprochen. Modersohn übernimmt auch diese Anregung und meint damit, dass nur „Kindersinn“ oder „Naivität“ sich unschuldig und unvoreingenommen der Natur nähern und mit ihr im Einklang sein können. Das hatte auch Langbehn so gesagt und das galt obendrein in seinem Sinne als typisch deutsch. Der „Kinder­sinn“ muss aber auch als Ablehnung des Raffinements und der Künstlichkeit der Kultur des wilhelminischen Kaiserreiches verstanden werden.

Artinger kann bilanzieren: „Die darin [Modersohns Kunstideal] enthaltenen volkstümelnden, nationalistischen, antiintellektuellen und antistädtischen Töne stammen von Langbehns Ideologie. Das sich aus Zivilisationskritik, Irrationa­lismus und Wissenschaftsfeindlichkeit speisende Ideal hatte sicherlich nicht al­lein bei Langbehn seinen Ursprung, doch Modersohn fühlte sich durch ihn in seinen Anschauungen und Zielsetzungen bestätigt.“

Und die anderen Worpsweder Künstler? Auch Vogeler teilte zweifellos, bevor er einen ganz anderen Weg ging, die völkische, zivilisationsfeindliche und anti­intellektualistische Einstellung seiner Kollegen. Auch die Begeisterung für das Nordisch - Niederdeutsche war ihm nicht fremd. Für ein Buch des Autors Will Pastor, das im Diederichs-Verlag erschien, lieferte er Illustrationen. Dass Pastor sich dabei eng an den Rassenfanatiker und Schwiegersohn Richard Wagners, Houston Stewart Chamberlain und an seinen völkischen Bestseller „Die Grund­lagen des 19. Jahrhunderts“, anlehnte und die Überlegenheit der arischen Rasse über andere Völker pries, die Weltherrschaftsansprüche der Deutschen rechtfer­tigte, schien Vogler nicht zu stören. Solche Ansichten waren damals im deut­schen Bürgertum so verbreitet, dass er nichts dabei fand, sie mit seiner Kunst zu schmücken.

Hans am Ende propagierte auch bis zu seinem frühen Tod 1918 eine völkisch-nationale Schollenkunst. Gemeinsam mit Mackensen unterschrieb er 1911 den „Protest deutscher Künstler“ gegen eine angebliche Invasion französischer Kunst in Deutschland. Darin hieß es, dass ein so mächtig emporstrebendes, gro­ßes Kulturvolk wie das unsere nicht ein fremdes Wesen ertragen könne, das sich die Herrschaft über die Geister anmaße. Der Kunsthistoriker Peter Ulrich Hein merkte zu diesem Protest an: „Man ist geneigt, diese bei Diederichs erschienene Streitschrift als einen nationalistisch-konservativen Angriff gegen die Moderne zu bewerten und hier möglicherweise schon die Verhältnisse von 1937 vorweg­genommen zu sehen.“ Otto Modersohn unterschrieb den Aufruf übrigens nicht.

Zwei Prominente, die eine Zeitlang in Worpswede lebten, bestätigten mit per­sönlichen Äußerungen, wie sehr Langbehnscher Geist über der Künstlerkolonie schwebte. Der Dichter Rainer Maria Rilke war 1898 zum ersten Mal in das Dorf gekommen und hatte für kurze Zeit menschliche Nähe und Geborgenheit unter den Malern gefunden. In seiner kleinen Monographie „Worpswede“ (die er später, als er sich von Dorf und Menschen dort wieder getrennt hatte, für ungül­tig erklärte und nicht in sein Werk aufgenommen haben wollte) geht Rilke auf das Bestreben Otto Modersohns ein, seine Bilder einer „nordischen Farbgesetz­lichkeit“ zu unterwerfen – ganz im Sinne Langbehns, der geschrieben hatte, dass die Sonne des Nordens verfeinere, sie lasse die Natur in gedämpften und deshalb feineren Tönen sprechen. Die Naturgegenstände im Norden entwickelten auf einer kleinen Fläche und mit Beibehaltung eines gleichartigen Lokaltons einen größeren Nuancenreichtum als im Süden. Sie seien vornehm, weil sie schlicht und dabei nuancenreich seien.

Diesen Gedanken greift Rilke auf: „Was der Rembrandt-Deutsche gesagt hat, erkennt er [Modersohn] an. Auch ihm gilt Huhn, Hering und Apfel für koloristi­scher als Papagei, Goldfisch und Orange. Aber es liegt für ihn keine Beschrän­kung darin, nur ein Unterschied. Nicht das Südliche will er malen, das seine Farbigkeit immer im Munde führt und mit ihr prahlt. Dinge, die innerlich voller Farbe sind, das was er mit einem unübertrefflichen Worte‚ die geheimnisvolle Farbandacht des Nordens’ nennt, hält er für seine Aufgabe. Man wird diese Aufgabe noch schätzen lernen und den nicht übersehen können, der sein Leben darangesetzt hat, sie zu lösen. Es ist ein stiller, tiefer Mensch, der seine eigenen Märchen hat, seine eigene deutsche, nordische Welt.“

Ganz langbehnianisch war auch das Motiv des Schriftstellers Manfred Haus­mann, im Jahr 1928 nach Worpswede zu ziehen: „Der Bauer da draußen hat sich die Gesundheit des Leibes und der Seele noch bewahrt. Gepriesen sei die Land­bevölkerung! Mit einem Wort, ich erwarb mir ein Stück niedersächsische Erde in Worpswede bei Bremen auf dem Weyerberg, so Erde, wissen Sie, mit Föhren darauf, mit Eichengebüschen und Brombeeren, Erde, die nach Heide und Gins­ter riecht, jungfräuliche Erde!“ Niedersachsen – das ist das „Niederdeutschland“ des Rembrandtdeutschen und war identisch mit „nordisch“ und „arisch“ und „bodenständig“. Hausmann war ein begeisterter Anhänger der Jugendbewegung und ein ebenso begeisterter Soldat im Ersten Weltkrieg und sehr betroffen, als ihn die Wehrmacht im Zeiten Weltkrieg nicht mehr einziehen wollte. Man muss diesen Autor der irrationalistisch-zivilisationskritischen  Zeitströmung zwischen den beiden Weltkriegen zurechnen, die auch auf Langbehn zurückgeht. Haus­mann hat dann in der Hitlerzeit eine höchst ambivalente und zwielichtige Mit­läuferrolle gespielt.

Es gibt noch einen anderen Entwicklungsstrang, der – eng mit Langbehn ver­bunden – aufzeigt, warum die Worpsweder Kunst in so gefährliches politisches Fahrwasser geriet und im „Dritten Reich“ eine so enge Affinität zwischen dieser Malerei und der nationalsozialistischen Kunstauffassung bestand. Dieses ver­bindende Band ist die niedersächsische Heimatbewegung. Es war wieder der Kunsthistoriker Kai Artinger, der sich an dieses brisante Kapitel der Geschichte Worpswedes heranwagte, das von der „offiziellen“ Kunstwissenschaft bisher offenbar ganz bewusst gemieden worden war. Seine Recherchen ergaben:

Die niedersächsische Heimatbewegung um das Jahr 1900 zeigt bei oberflächli­cher Betrachtung gewisse Ähnlichkeiten mit der Ökologie-Bewegung der acht­ziger Jahre des letzten Jahrhunderts, weil sie u.a. Natur- und Landschaftsschutz zum Ziel hat. Ihr Ansatz ist aber ein völlig anderer. Die Heimatbewegung war ein Teil der völkischen Bewegung und war wie diese aus dem großen Umbruch­prozess entstanden, den Industriealisierung und Verstädterung zwischen 1870 und 1914 mit sich brachten. Die Ideologie der Heimatbewegung (oder Heimat­schutzbewegung, wie sie sich auch nannte) hatte eine rückwärts gewandte Uto­pie zum Inhalt, deren Ziel es war, den vorindustriellen Zustand einer bäuerlichen und ständisch organisierten Gesellschaft zu bewahren bzw. wiederherzustellen. Die Auswirkungen der industriellen Revolution auf Gesellschaft und Natur be­trachteten die Heimatschützer als „zersetzend“ und „undeutsch“. Man wollte vor allem die Tradition und Lebensweise der Bauern auf dem Land konservieren, weil sich darin der wahre „Volksgeist“ oder die wirkliche „Volksseele“ ausdrü­cke.

Man hegte und pflegte also bäuerliches Kunsthandwerk, alte Bauernhäuser selbst gefertigte landwirtschaftliche Geräte, Möbel und Hausrat und natürlich auch bäuerliche Sitten und Bräuche – und auch Trachten. In letzteren vor allem würde sich das Bauerntum verkörpern: seine Frömmigkeit, Demut, Herrscher­treue, Naturverbundenheit, Ästhetik und sein Standesbewusstsein.

Die Heimatbewegung hatte ihre eigenen Vereine, Organisationen und Publikati­onsorgane. Die Worpsweder Maler waren nicht nur Mitglieder in diesen Zu­sammenschlüssen (etwas dem „Heimatbund Niedersachsen“, „Verein für nieder­sächsisches Volkstum“ und „Deutscher Bund Heimatschutz“), sondern sie wirkten auch tatkräftig an ihren Aktionen mit – Ausstellungen, Vorträgen, Nie­dersachsentagen, Trachten- und Dorffesten und meldeten sich in den Publikati­onsorganen zu Wort. Sie waren – mit anderen Worten – ein sehr wichtiger Teil dieser Bewegung. Es bestand also eine enge Wechselbeziehung zwischen Hei­matbewegung und Künstlerkolonie. Und die ergab sich aus dem Kunstideal Langbehns: Wenn die „Volksseele“ durch die Entwicklung der Moderne verlo­ren gegangen war, musste sie auf künstlerischem Gebiet wieder erobert werden. Langbehn hatte – wie oben ausgeführt – den Lokalismus, die Stammesbindung von Kunst und Kultur gefordert, was sich nun die Heimatbewegung zum Vor­bild nahm. Was hieß, dass große und gute Kunst „Erdgeruch“ haben musste und eben nur von einem eng begrenzten Flecken Erde kommen konnte – in diesem Fall aus Niedersachsen bzw. Niederdeutschland. Genauso wurde die Worpswe­der Kunst damals auch bewertet. So sah etwa das zentrale Organ der Heimatbe­wegung im Nordwesten, die Zeitschrift „Niedersachsen“, die Künstlerkolonie Worpswede als „wesentlichen äußeren Markstein für die Herausbildung einer vermeintlich autonomen niedersächsischen Kunstszene.“ Die Worpsweder Kunst galt als „Heimatkunst“.

In diesem Sinne schrieb 1898 ein Hamburger Autor namens Friedrich Picker in der Zeitschrift Niedersachsen: „Der viel genannte ‚Rembrandt als Erzieher’ stellt in dieser Hinsicht auf den Lokalismus in der Kunst die Forderung auf: Die deutsche Kunst muss sich nach dem Bilde der von Tacitus geschilderten deut­schen Dörfer entwickeln: ‚wo jedem ein Platz oder ein Hain gefällt, da siedelt er sich an’. Zu den prächtigsten, gewissenhaftesten Vertretern dieser Sesshaftigkeit in der Kunst gehören die ‚Worpsweder’.“ Der damals sehr bekannte Kunstkriti­ker Paul Schultze-Naumburg, ein aktiver Propagandist der Heimatschutzbewe­gung, nannte die Worpsweder Malerei eine „heimatliche Kunst“. Was sie so in­tim erscheinen lasse, sei die „Vertrautheit mit der heimatlichen Scholle“.

Da für Langbehn die Begriffe „niederdeutsch“ und „arisch“ identisch waren und die Heimatbewegung mit dem Ziel angetreten war, das Land vor der als „un­deutsch“ empfundenen Moderne zu schützen, konnte der Historiker Jost Her­mand in seinem Buch „Grüne Utopien in Deutschland“ folgern: „Wenn es über­haupt eine Bewegung zwischen 1890 und 1933 gegeben hat, die dem deutschen Faschismus den Weg bereitete, dann sicher die stammesbetonte, regionalistische oder völkische Heimatschutz- und Heimatkunstbewegung um 1900.“

 

                                                     III

 

Hohe Ehrungen vom „Führer“ persönlich

 

Am Anfang dieses Abschnitts muss eine klare Feststellung stehen: Wenn die Worpsweder Maler der ersten Generation im „Dritten Reich“ von Seiten der Nationalsozialisten größte Aufmerksamkeit und Wertschätzung sowie höchste Ehren empfingen, dann war dies das Ergebnis eines langen Prozesses, der schon mit der Gründung der Künstlerkolonie im Protestgeist des Kulturpessimismus gegen die wilhelminische Gesellschaft begonnen hatte. Der Kunsthistoriker Kai Artinger stellt den Zusammenhang her: „Vielleicht muss man in Bezug auf die Kunst des ‚Dritten Reiches’ feststellen, dass mit den von Langbehns Ideologie beeinflussten Ansichten die Grundlage zur Affinität zwischen der Worpsweder Malerei und der Kunst im Nationalsozialismus gelegt worden war. Nicht zu Un­recht zählten die Nationalsozialisten die alten Maler zu denjenigen, die künstle­risch und politisch für eine Tradition standen, an der sie selber offiziell anknüp­fen wollten.“

Dazu gehörte auch der Rasse-Gedanke – der Kernbegriff der NS-Ideologie. Da seit Langbehn „niederdeutsch“ und „arisch“ gleichgesetzt wurden und die Worpsweder als Hauptvertreter der „niederdeutschen“ Schule galten, wurden sie selbst und ihre Kunst jetzt auch als „rassisch“ einwandfrei eingeschätzt – eben als „deutsch“ und „nordisch“.

Nun könnten heutige Bewunderer der alten Worpsweder Kunst einwenden, ge­gen eine solche ideologische Vereinnahmung hätte man sich nicht wehren kön­nen. An Belegen für Artingers These fehlt es aber nicht. So hat der niederdeut­sche Sprachforscher Claus Schuppenhauer diesen Zusammenhang so beschrie­ben: „Die Verwandtschaft von niederdeutscher und nationalsozialistischer Be­wegung rührt schlicht daher, dass beide der gleichen Wurzel entstammen: der großen konservativ-nationalen Strömung der deutschen Geistesgeschichte, an deren Anfang Herder und die Romantiker stehen. Die bei Wiederentdeckung des ‚Volks’, seiner Wesens- und Lebensart, seiner Sprache und Poesie entwickelte Volkstumsideologie, die dann im 19. Jahrhundert Weltanschauung und Kultur Deutschlands so nachhaltig bestimmte, führt schließlich direkt in die Perversion des unbedingten Glaubens an Rasse, Blut und Boden. Zur Sicherung dieser ideologischen Kontinuität haben die regionalistischen Bestrebungen, hat bei uns die niederdeutsche Bewegung entscheidend beigetragen.“

Was Schuppenhauer hier schreibt, gilt natürlich auch für die Malerei. Er fährt fort: „Kein Zweifel doch, dass noch die niederdeutsche Heimatbewegung der zwanziger Jahre ganz auf die Wiederentdeckung der Ultraideen baute. Was da, als Reaktion auf die Niederlage im Kriege, so mächtig anschwoll und Besinnung auf die bodenständigen Werte von Heimat und Volkstum hieß, war nicht nur de facto der schiere Rückschritt – es sollte nach dem Willen der Programmatiker auch anti-intellektualistisch, anti-zivilisatorisch, anti-großstädisch, demnach um­fassend anti-modernistisch wirken. Kein Zweifel deshalb auch, dass hier der Weg in den Nationalsozialismus geebnet wurde. Ihn dann Schritt für Schritt zu gehen, war nichts als folgerichtig.“

Auch von nationalsozialistischer Seite ist die enge Verbindung der Worpsweder Kunst mit der eigenen immer wieder aufgegriffen worden. So schrieb der NS-Kunstberichterstatter Rolf Hetsch über Otto Modersohn: „Er ist Niederdeutscher von Geblüt, mit allen Fasern seines Herzens im heimischen Boden wurzelnd.“ Und über Fritz Mackensen schrieb derselbe NS-Kulturfunktionär anlässlich von dessen 75. Geburtstag in der Zeitschrift „Kunst im Dritten Reich“: „Er hat als erster Künstler unseren Blick auf die einzigartige Schönheit eines vor ihm unbe­kannt gebliebenen Stücks unseres Heimatbodens gelenkt, das unsere bewun­dernde Liebe für immer verdient. Und mit der Schönheit der Scholle hat er den auf ihr gewachsenen, in hartem Lebenskampf fest in ihr wurzelnden Volks­stamm nicht allein künstlerisch entdeckt, sondern ihn auch als die in ihrer un­beugsamen Haltung und ihrer erdverbundenen Herkunft ewige Idee des nordi­schen Menschentums uns nahe gebracht.“

Am 4. November 1938 stellte Gaukulturwart Essen auf einem Kameradschafts­abend in Worpswede fest: „Die Umwälzung des Nationalsozialismus bedeutet auch Wiedergeburt der deutschen Volkskultur. Sie kann nicht geschehen ohne Beachtung der Vergangenheit. Von diesem Standpunkt aus muss auch Worps­wede gewertet werden. Deutscher Geist und völkisches Empfinden, wie sie die ersten Worpsweder offenbarten, sind noch nicht gestorben.“

Die Traditionslinie war also klar und eindeutig. Die Worpsweder Maler der ers­ten Generation mussten im „Dritten Reich“ gar keine spektakulären Blut- und Bodenbilder malen. Sie waren auf Grund ihrer „niederdeutschen“ Herkunft Vor­zeigekünstler der neuen Herrscher. Das Reichspropaganda-Ministerium hatte eine „Gottbegnadeten-Liste“ (auch „Führerliste“ genannt) erstellt, die die für Hitler und Goebbels wichtigsten Künstler enthielt. Aufgeführt sind in dieser Reihenfolge: Schriftsteller, bildende Künstler, Musiker und Schauspieler. Die „Gottbegnadeten“ wie die wenigen „Begnadeten“ bedienten die NS-Kulturpro­paganda. Fritz Mackensen stand auf dieser „Gottbegnadeten-Liste“ der wich­tigsten Maler des NS-Staates! Was alles über die Wertschätzung des Worpswe­der Malers in den obersten Führungsetagen des Regimes aussagt.

Mackensen, von dem seine Freunde und Anhänger heute noch behaupten, er sei nie ein Gefolgsmann der Nazis gewesen, hat es Zeit seines Lebens nie an politi­schem Engagement fehlen lassen. Der überzeugte Langbehn-Anhänger war im Ersten Weltkrieg begeisterter Soldat, betätigte sich in der Weimarer Republik als Zuträger für deutsch-nationale Zeitungen, intrigierte gegen Vogelers linke Kommune auf dem Barkenhoff („der kommunistische Miniaturstaat Barkenhoff verseucht Nordwestdeutschland“) und betätigte sich in dieser Zeit auch als poli­tischer Spitzel für die Bremer Polizei. Bei Kriegende hetzte er gegen die Bremer Räte-Republik. Die Revolution von 1918 und die erste deutsche Demokratie wa­ren ihm zutiefst verhasst. In einem Brief an Vogeler hatte er in diesem Jahr an­gezeigt, wen er neben den Arbeiter- und Solldatenräten für die „Katastrophe“ [der Kriegsniederlage und der Revolution] verantwortlich machte: „Die Frech­heiten der Juden, die sich überall in die ersten Stellen drängen, die Anmaßungen des Juden Liebknecht, der dem deutschen Volk das Hohenzollernschloss über­weist.“

Aus den späten zwanziger Jahren ist ein Briefentwurf überliefert, von dem aber nicht sicher ist, ob er auch abgeschickt wurde. Mackensen schrieb an Hitler: „Herr Hitler! Schon vor den Wahlen wollte ich Ihnen schreiben, um Sie zu bit­ten ein Machtwort zu sprechen, damit nicht in Ihrem Namen politische Kinde­reien und Ungezogenheiten getrieben werden, sondern die Heiligkeit Ihrer Seele durch Disziplin, auch der Braunhemden-Jugend geehrt, und gefördert wird. Ich habe jetzt Ihre herrlichen Aussagen vor Gericht gelesen und glaube, dass es nun an der Zeit ist, der politischen Zügellosigkeit und Unwürde, die sich so oft in Kreisen breit macht, die Ihre Ideen fördern wollen, rücksichtslos entgegenzu­treten und vor allem das jungenhafte Geschrei, wie es so oft im Reichstag in Er­scheinung trat, mit allen Mitteln zu unterbinden ... Mein Wahlspruch ist: Deutsch sein von Kopf bis zur Sohle ... frei werden, erst dann unsere Weltmis­sion erfüllen.“

Mackensen war Mitglied im „Stahlhelm“, einer reaktionären Organisation, in der sich national gesinnte ehemalige Kriegsteilnehmer zusammengeschlossen hatte, um ihre alte Kameradenherrlichkeit aus der Zeit in den Schützengräben zu pflegen. Für diese Organisation schrieb er auch einen längern Text, der Thesen wie diese enthielt: „Dein Ziel soll sein, mit Leib und Seele mitzuhelfen an der Befreiung aus der Knechtschaft, die deinem Volk von seinen Feinden durch Versailles auferlegt ist. Hilf die Ketten zu sprengen, die sie um uns gelegt ha­ben: die Kriegschuldlüge beseitigen, die entrissenen Gebiete wiedergewinnen, die finanzielle Fesselung zerreißen. Enthalte dich aller Gesten und Phrasen. Geh nicht mit dem Kopf durch die Wand, sondern halte die Fäuste in der Tasche, bis es Zeit ist, den Feinden die Zähne zu zeigen. Wähle und fördere solche Parteien, die sich politisch zu deinen deutschen Forderungen bekennen. Bekämpfe alle Parteien, die mit ihrer Politik das Lob des Feindes ernten. Bekämpfe den Mar­xismus und den Bolschewismus als undeutsch ...“

Kurz nach dem Machtantritt der Nazis gründete Mackensen in Worpswede die Ortsgruppe des “Kampfbundes für Deutsche Kultur“. Diese von Hitlers Chef­ideologen Alfred Rosenberg gegründete Organisation hatte es sich zum Ziel ge­setzt, die deutsche Kultur von allem „Undeutschen“ zu befreien, also Bibliothe­ken, Museen und Galerien zu „säubern“. Der „Kampfbund“ war maßgeblich an den Bücherverbrennungen in vielen Städten des Reichs beteiligt. Mackensen besorgte die kulturellen „Säuberungen“ im Moordorf zusammen mit dem Maler Carl Emil Uphoff, der vom Marxismus zum Nationalsozialismus konvertiert war.

Uphoff, dem heute noch in Worpswede Ausstellungen gewidmet werden, ohne sein NS-Engagement mit einem Wort zu erwähnen, trat auch als Dichter hervor – etwa mit folgendem Kriegsgedicht aus dem Jahr 1942, das dafür wirbt, sich dem „Führer“ kämpfend zu opfern:

 

Denke daran!

 

Jeden Tag, da blutet mancher,

der von deinem Blute ist,

jeden Tag, da fällt gar mancher,

dem du vieles schuldig bist.

 

Jeden Tag brennt manche Wunde

roter wie der rote Mohn,

jeder Tag weint manche Mutter

um den fernen, toten Sohn.

 

Jeden Tag, gedenke dessen! –

kämpft und blutet, stürmt und stirbt

für dich mancher, dessen Opfer

um dein eigenes Opfer wirbt.

 

Um dein Leben, deinen Glauben,

um dein Herz und deine Hand,

dass auch du dich opfernd weihest

deinem Volk und deinem Land.

 

 

Im April 1934 wurde in Bremen eine „Nordische Kunsthochschule“ eröffnet. Mackensen wurde ihr erster Direktor. Er entwickelte auch das Konzept und den Studiengang für das neue Lehrinstitut auf völkisch-nationalsozialistischer Grundlage. In einem Geleitwort für die Satzung der Schule schrieb Mackensen: „Die Nordische Kunsthochschule ist eine staatliche Einrichtung der Freien Han­sestadt Bremen. Sie soll, schöpfend aus dem Urgrunde deutsch-nordischen Volkstums, mitarbeiten am Aufbau arteigener Kultur im Sinne Adolf Hitlers. Sie soll aus Blut und Boden heraus zu dem Erlebnis führen, dass die tiefste Wahr­heit der sichtbaren Natur zugleich das tiefste Geheimnis birgt.“

In seiner Eröffnungsrede wurde Mackensen noch deutlicher. Neben Adolf Hitler pries er indirekt auch den „Rembrandt-Deutschen“ Julius Langbehn und dessen niederdeutsche Ideologie: „Der Absturz der deutschen bildenden Kunst ins We­senlose hat schon vor dem Krieg begonnen und ist nach dem Zusammenbruch ins Grenzenlose gesteigert. Alles Arteigene wurde verdammt, alles Bodenstän­dige als rückständig verschrien. Unsere alte Volkskrankheit, anderen Völkern in geistigen Dingen nachzulaufen, statt gläubig aus dem eigenen Volksempfinden zu schaffen, war schlimmer in Erscheinung getreten denn je. Daneben hat sich der schlimmste Dilettantismus breit gemacht. Alles schien verschüttet; da kam der Durchbruch der Deutschgläubigkeit Adolf Hitlers, und nun werden alle Kräfte frei, die in zäher Arbeit es unternehmen müssen, aus diesem Sumpf der geistigen Erkrankung herauszukommen. Es liegt nichts näher, als das herbe nie­dersächsische Volkstum in niedersächsischer Landschaft mit vor Hitlers Wagen zu spannen, in allen Dingen, so auch in der bildenden Kunst.“

Bei dieser Veranstaltung sprach auch der Bremer Senator für das Bildungswesen Richard von Hoff. Er definierte die Ziele der neuen Hochschule so: „Das Schicksal unserer nordischen Kultur ist untrennbar verknüpft mit dem Schicksal der nordischen Rasse in unserem Vaterlande. Daher ist – auf die Dauer gesehen – unsere schlechthin wichtigste Aufgabe die Mehrung der Zahl rassisch hoch­wertiger Menschen in unserem Volke. Zu den seelischen Werten, die hier, wie immer, obenan stehen, gehört auch ein gesunder, rassisch einwandfreier Leib, der dem nordischen Schönheitsgeist entspricht. Dieses rassische Wunschbild den Volksgenossen vor Augen zu führen, ist immer wieder notwendig, da durch die artfremde Kunst der Vergangenheit das Gefühl für artgemäße Schönheit in beängstigendem Maße geschädigt worden ist. Eine solche Erziehung des Auges und des Herzens wird sich allmählich auch bei der Gattenwahl auswirken, so dass hier an Stelle abwegiger Gesichtspunkte mehr und mehr rassische und erb­gesundheitliche in den Vordergrund treten ...“

Aber Mackensen hatte nicht lange Freude an seiner Führungsposition in der „Nordischen Kunsthochschule“. Schon im November desselben Jahres wurde er beurlaubt. Ein neuer Mann, der Münchener Porträt-Maler Karl Horn trat an seine Stelle. Er hatte offenbar Protektion von höchster Stelle, denn er war der Schwiegervater des „Führerstellvertreters“ Rudolf Hess. Der Affäre lagen wohl eher eine Intrige und persönliche Animositäten zu Grunde als ideologische und politische Differenzen, auch wenn Mackensen selbst das später natürlich ganz anders dargestellt hat.

Mackensen diente sich nach diesem Desaster mit zwei Gemälden rein national­sozialistischen Zuschnitts den NS-Oberen an, um den Schaden wiedergutzuma­chen: „Reicharbeitsdienst“ und „Drei Generationen“. Das erste Bild zeigt vier junge Männer, die – muskelbepackt – mit nacktem Oberkörper ihre Arbeit ver­richten. Sie schieben eine schwer beladene Lore. Die an sich banale und alltägli­che Arbeit wird zu einem martialischen und heroischen Akt monumentalisiert – ein fantastisches Propagandagemälde für die NS-Organisation, deren Ziel es war, die deutsche Jugend zu Disziplin und Charakterstärke zu erziehen, um sie – unter Überwindung aller sozialen Schranken – in der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft zusammenzuführen und sie für das Militär zu stählen.

Das Bild „Drei Generationen“ hatte Mackensen speziell für die Teilnahme an dem 1938 von der Reichskulturkammer veranstalteten Wettbewerb mit dem Ti­tel „Darstellung einer gesunden Familie“ gemalt, womit in der NS-Ideologie natürlich eine „erbgesunde Familie“ gemeint war, denn seit 1933 war das „Ge­setz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ in Kraft. Tausende Kinder wur­den auf Grund dieser „rassenhygienischen“ Bestimmung zwangssterilisiert, viele dabei als „unwertes Leben“ auch getötet. Mackensen kannte die Problematik selbst sehr gut, denn er hatte eine geistig behinderte Tochter.

Sein Bild, das nur in Teilen erhalten ist, zeigt eine bäuerliche Großfamilie – Großvater, erwachsene Kinder und vier blonde Enkelkinder – , die sich vor der Tür ihres ländlichen Anwesens aufgestellt haben, eine organische, gesunde Ge­meinschaft, die geborgen mit dem Vieh unter einem Dach lebt. Diese Gruppe entspricht ganz dem nationalsozialistischen Ideal von der Familie, der Kernzelle der NS-Gesellschaft. Aber Mackensens Hoffnungen, die er auf dieses Bild ge­setzt hatte, erfüllten sich nicht. Er ging in dem Wettbewerb leer aus, weil der erste Preis nicht vergeben wurde. Keines der eingereichten Bilder habe in den Augen der Jury dem Zeck, eine „erbgesunde Familie“ darzustellen, genügt. Noch aus einem anderen Grund war Mackensen enttäuscht: Ein von ihm herbei­gesehnter und schon verabredeter Termin in Berlin, bei dem Hitler das Bild an­schauen wollte, zerschlug sich.

Aber Mackensen musste sich um sein Renommee dennoch nicht sorgen, gehörte er doch zu den „Gottbegnadeten“. Am 2.12.1940 stellte die Reichskammer der Bildenden Künste (RBK) den Antrag, Mackensen zum 75. Geburtstag die Goe­the-Medaille – die höchste kulturelle Auszeichnung des Hitler-Staates – zu ver­leihen. Die Begründung lautete, er sei einer der „bedeutendsten Maler Deutsch­lands“, zudem sei er eine „überragende Persönlichkeit“. Der Weltruhm der Worpsweder Künstlerkolonie sei hauptsächlich „seinem hervorragenden Werk“ zu verdanken. Mackensen sei Zeit seines Lebens „Vorkämpfer gegen die Ver­fallserscheinungen der neuen Kunst“ gewesen. Er sei mit einem seiner besten Gemälde, dem „Gottesdienst im Moor“, auf der „Großen Deutschen Kunstaus­stellung 1937“ [der großen „Leistungsschau“ der NS-Kunst] vertreten gewesen. In seinen Reichsarbeitsdienst-Bildern drücke sich ein künstlerisches Bekenntnis zur Gegenwart aus. Da Mackensen nicht gesund sei, wäre ein beschleunigte Er­ledigung des Antrages wünschenswert.

Das zuständige Reichspropaganda-Amt in Lüneburg erklärte, Gauleiter Otto Telschow befürworte den Antrag und gehöre – was Ausstellungen und Preise angehe – zu den intensiven Förderern des Malers. Die Reichskammer der Bil­denden Künste empfahl daraufhin die Antragstellung endgültig. Propagandami­nister Goebbels war einverstanden. Der Antrag wurde dann von der Präsidial­kanzlei der RBK genehmigt. Goebbels ließ die Goethe-Medaille an Telschow schicken und bat ihn, bei der Überreichung der Medaille an Mackensen seine Glückwünsche auszusprechen. Goebbels gratulierte Mackensen außerdem tele­grafisch zum Geburtstag: „in dankbarer Würdigung Ihrer Verdienste um die deutsche Malerei“. Am 7.4.1941 forderte das Propagandaministerium die Presse auf, Mackensens Geburtstag zu würdigen. Auch das offizielle Organ „Kunst im Dritten Reich“ ehrte den Jubilar zu seinem Geburtstag mir einem Artikel.

Noch im hohen Alter meldete sich Mackensen freiwillig zur Wehrmacht und wurde in einer Propaganda-Kompanie als Maler in Frankreich eingesetzt. Nach dem Krieg sah sich der von den NS-Führern so hoch Geehrte als „Opfer“ und „schwer Verfolgter“. Sein Entnazifizierungsverfahren habe ergeben, dass er ge­gen „alle Übergriffe der Partei“ aktiv gekämpft habe. Er habe das mit Doku­menten belegen können. Deshalb habe er auch seinen Posten als Leiter der „Nordischen Kunsthochschule“ verloren. In die NSDAP sei er 1938 nur einge­treten, weil er sich „schützend für die Nichtmitglieder eingesetzt“ habe. Wört­lich erklärte dieser Unbelehrbare: „Ich gehöre also zu der Gruppe der von der Partei schwer Verfolgten.“ 1952 – ein Jahr vor seinem Tod – verlieh ihm der damalige Bundespräsident Theodor Heuss – ein Mann, der selbst als Reichtags­abgeordneter 1933 Hitlers „Ermächtigung“ zugestimmt hatte – das Bundesver­dienstkreuz.

Und Otto Modersohn? Dieser eher stille und introvertierte Maler neigte nicht so wie Mackensen zu ständigen politischen Bekenntnissen und Vorstößen. Sein Engagement für den NS-Staat steht aber dennoch außer Frage. Die braunen Herrscher dankten es ihm reichlich. Auf der „Großen Deutschen Kunstausstel­lung 1937“ war er mit drei Bildern am „bevorzugten Platz“ vertreten. Sechs sei­ner Bilder  wurden bei dieser Gelegenheit in der Zeitschrift „Kunst im Dritten Reich“ vorgestellt.

Am 13.2.1940 beantragte eine Abteilung der Reichskammer der Bildenden Künste, Modersohn zum 75. Geburtstag am 22.2.1940 den Professoren-Titel zu verleihen. Die Begründung lautete: Modersohn sei ein „hervorragender“ Land­schaftsmaler; die Worpsweder Künstlergruppe verdanke ihm ihren „berechtig­ten, weit über die Grenzen reichenden Ruhm“. 1939 habe er den „Niederdeut­schen Malerpreis“ erhalten. Das Amt Rosenberg und die Reichskammer befür­worteten den Antrag mit der Begründung, Modersohn sei ein „überzeugter Nati­onalsozialist“. In diesem Zusammenhang wurde auch erwähnt, dass Goebbels gerade ein Bild von Modersohn gekauft habe.

Der Antrag zur Verleihung des Professoren-Titels wurde zunächst nicht bear­beitet. Goebbels nahm ihn nur zur Kenntnis. Dann legte das Amt Rosenberg sein Gutachten vor, das besagte: Modersohns Lebenswerk sei „durch seine Land­schaftsgebundenheit auch für unsere Zeit als vorbildlich“ anzusehen. Auch die Reichskammer für Bildende Künste legte ein Gutachten vor und begründete ihre Zustimmung damit, dass Modersohns Moorbilder mit Preisen und Ankäufen große Anerkennung gefunden hätten. Goebbels genehmigte jetzt den offiziellen Antrag. Die Präsidial-Kanzlei lehnte jetzt aber ab, weil solche Titelverleihungen im Kriege nur in ganz besonderen Ausnahmefällen erfolgten, zu denen Moder­sohn nicht gehöre, dafür habe ihm Hitler aber die Goethe-Medaille verliehen. Hitler hatte in der Tat 1940 eine Weisung erteilt, die besagte, dass Auszeichnun­gen eines Künstlers während des Krieges eine Zurücksetzung der Wehpflichti­gen bedeuteten. Deshalb sollte der Professoren-Titel nur bei kriegswichtigen Verdiensten verliehen werden. Hier hatte wohl auch der Grund für Goebbels Zögern gelegen, die Ernennung auszusprechen. Modersohn erhielt also zum 75. Geburtstag die Goethe-Medaille. Aus diesem Anlass fanden zu Ehren von Otto Modersohn Ausstellungen in Celle und Berlin statt. Der Jubilar wurde in der Zeitschrift „Kunst im Dritten Reich“ und in der Wochenzeitung „Das Reich“, in der Goebbels seine Leitartikel zu veröffentlichen pflegte, gewürdigt.

In dem Text hieß es: „Als der Führer kürzlich dem in Fischerhude bei Bremen ansässigen Maler Otto Modersohn zum 75. Geburtstag die Goethe-Medaille verlieh, galt diese verdiente Ehrung einem Künstler, dessen Lebenswerk zu den wesentlichen Werken deutscher Landschaftskunst der Gegenwart zählt ... Das Lebenswerk Otto Modersohns ist längst ein teurer Besitz unseres Volkes gewor­den, es ist im wahrsten Sinne volkstümlich.“

1942 bekam der Worpsweder Maler dann den akademischen Titel doch noch verliehen. Anträge wurden in der Regel vom Reichsminister für Volksaufklä­rung – in diesem Fall also Josef Goebbels – gestellt und von Hitler genehmigt. Offiziell hieß es nun, die Führerweisung bestehe weiter, Hitler habe aber „zu­gunsten von verdienten Künstlern im Lebensalter“ einige Ausnahmen gemacht, die „wegen der Einmaligkeit bestimmter Künstlerpersonen eine Abweichung vom Grundsatz der Titelsperre ganz ausnahmslos rechtfertigen“.

Nach Modersohns Tod am 10.3.1943 forderte das Propagandaministerium die Presse auf, Nachrufe auf den Verstorbenen zu veröffentlichen. In Lüneburg wurde eine Gedenkausstellung veranstaltet. Auf der „Großen Deutschen Kunst­ausstellung 1943“ wurde sein Porträt (eine Büste des Bildhauers W. Wolff) aus­gestellt. Über mangelnde Ehrungen konnten sich die beiden bedeutendsten Ma­ler der ersten Generation der Worpsweder Künstlerkolonie also nicht beklagen. Die anderen waren früh verstorben, hatten den Nationalsozialismus also nicht mehr erlebt. Fritz Overbeck starb 1909, Hans am Ende 1918 und Carl Vinnen 1922. Heinrich Vogeler war einen anderen politischen Weg gegangen, er hatte sich dem Kommunismus angeschlossen und starb 1942 in einem Dorf in Ka­sachstan. Aber die Diskussion um die spätromantischen Langbehnianer ist bis heute nicht verstummt.

Der Vollständigkeit halber sei ergänzt, dass ein Bremer Unternehmer, der schwerreiche Besitzer der Firma Kaffee HAG Ludwig Roselius, in den zwanzi­ger Jahren in der Hansestadt in der Nähe des Marktplatzes eine ganze Straße aufkaufte sie abreißen und sie im „niederdeutschen“ Geist neu errichten ließ: die Böttcherstraße. Der schon frühe Hitler-Verehrer und spätere fanatische Natio­nalsozialist Roselius, dessen Ideenwelt auch von Julius Langbehn (und Richard Wagner) stammte, verstand seine Straße mit ihren Häusern als Zeichen für „Deutschlands Erneuerung“ und als „Architektur des kommenden Reiches“, musste dann aber verbittert zur Kenntnis nehmen, dass Hitler einen ganz ande­ren Baustil bevorzugte als die teils altdeutsche teils expressionistische Bauweise seiner Straße, an der der Worpsweder Bildhauer (und nicht gelernte Architekt Bernhard Hoetger) großen Anteil hatte.

Roselius musste an höchster Stelle im NS-Staat viel Überzeugungskraft aufwen­den und vermutlich auch viel Geld bezahlen, um seine Straße, die die Nazis als „Kulturbolschewismus“ bezeichneten, vor dem Abriss zu retten. Es soll einen Deal mit Hitler gegeben haben: Die Böttcherstraße sollte stehen bleiben, Rose­lius wollte aus Dank dafür am Fuße des Weyerberges in Worpswede ein riesiges „niederdeutsches Kunstzentrum“ bauen – im Stil eines niederdeutschen Bauern­hauses. Direktor sollte der aus Holland stammende Germanenschwärmer und erste Präsident von Heinrich Himmlers „Stiftung Ahnenerbe“, Herman Wirth, werden, der auch maßgeblich an der Gestaltung des „Hauses Atlantis“ in der Böttcherstraße beteiligt war. Der Krieg und Roselius’ Tod 1943 verhinderten die Realisierung des Projektes.

 

 

                                                     IV

 

Ein Dorf verdrängt seine Vergangenheit

 

An dieser Stelle muss der Mythos wieder in den Blick gerückt werden. Der De­finition nach verleiht er einer Gemeinschaft Sinn und Identität, beruft sich auf einen Gründungakt dessen Anfang das Sinnversprechen markiert, durch welches Vergangenheit und Gegenwart miteinander verbunden werden – und zwar so, dass die Vergangenheit über die Gegenwart hinaus in die Zukunft verweist. Nimmt man die Anhänger und Freunde der Worpsweder alten Kunst als Ge­meinschaft, so kann man nach der hier gegebenen Bedeutung durchaus von ei­nem Mythos Worpswede sprechen. Runde Jubiläen dienen dazu, sich dieses Mythos feierlich und festlich aufs Neue zu versichern. Man kann annehmen, dass dies auch jetzt wieder zum 120. Geburtstag der Kolonie geschieht. Inhalt dieses Mythos ist die angeblich makellos-schöne Natur- und Bauernidylle mit dem gewaltigen Himmel und dem „berauschenden“ Licht darüber, die durch Maler ihre künstlerische Verklärung erfuhr.

Ein gutes Beispiel für diese mythische Verklärung des Moordorfes gibt die Ma­lerin Paula Modersohn Becker im Jahr 1897: „Worpswede, Worpswede, Worpswede! Versunkene Glocke-Stimmung! Birken, Birken, Kiefern und alte Weiden. Schönes braunes Moor, köstliches Braun. Die Kanäle mit den schwar­zen Spiegelungen, asphaltschwarz. Die Hamme mit ihren dunklen Segeln, es ist ein Wunderland, eine Götterland ... Worpswede, Worpswede, Du liegst mir im­mer im Sinn. Das war Stimmung bis in die kleinste Fingerspitze. Deine mächti­gen großartigen Kiefern! Meine Männer nenne ich sie, breit, knorrig und wuch­tig und groß, und doch mit den feinen, feinen Fühlfäden und Nerven drin. So denke ich mir eine Idealkünstlergestalt! Und Deine Birken, die zarten, schlanken Jungfrauen, die das Auge erfreuen. Mit jener schlappen, träumerischen Grazie, als ob ihnen das Leben noch nicht aufgegangen sei. Sie sind so einschmeichelnd, man muss sich ihnen hingeben, man kann nicht widerstehen.“  Es ließen sich unzählige Texte wie diese anführen, bei denen Mythos und Kitsch oft nahe bei­einander liegen.

Aber diese Verklärung Worpswedes zum Mythos hat ihren Preis: erstens ist die Darstellung der Naturschönheiten stark überzeichnet, denn der Ort und seine Umgebung waren ja auch zu Gründungszeiten der Künstlerkolonie schon durch den gestaltenden und zerstörenden Eingriff des Menschen geprägt. Der zweite Preis ist die fast vollständige Negierung der historischen Fakten – ja, eine Ver­fälschung der wirklichen Geschichte der Künstlerkolonie. Nur so ist es zu erklä­ren, dass in der gängigen Literatur zum Thema die völkischen Ansätze bei der Entstehung der Kolonie – also Langbehn und der Kulturpessimismus – so gut wie völlig ausgespart werden. Es gibt nur wenige Ausnahmen. Auch die überaus enge Affinität der ersten Generation der Worpsweder Maler zur „niederdeut­schen“ Heimatbewegung und später zum Nationalsozialismus wird übergangen oder bestenfalls mit äußerer Distanz und sehr defensiv angegangen. Was die Schlussfolgerung erlaubt: Ein Zulassen der vollen historischen Wahrheit wäre das Ende des Mythos Worpswede. Er würde kollabieren. Ort und Gemeinde so­wie die zahlreiche Anhängerschaft müssten sich eine neue Identität suchen, die alte wäre nicht mehr tragbar. Natürlich kann man die alten Bilder noch zeigen und sich an ihnen erfreuen, aber man müsste sie mit entsprechenden Fußnoten oder Schrifttafeln versehen, die die Worpsweder alte Kunst in ihren wirklichen historischen Kontext stellen würden.

Diese Kunst war ja kein kühner Aufbruch junger couragierter Künstler zu neuen Ufern, wie so gern behauptet wird, sondern ein völkisch-romantischer Rückzug oder sogar eine Flucht vor der Moderne mit all ihrer wirtschaftlichen, sozialen und politischen Komplexität. Man zog die Einfachheit der ländlichen Idylle vor. Genau deshalb kam die Worpsweder Kunst in so gefährliches politisches Fahr­wasser. „Kulturpessimismus als politische Gefahr“ hat der Historiker Fritz Stern sein wichtiges Buch zu diesem Thema genannt und darin aufgezeigt, ohne dabei den Blick nur auf Worpswede gerichtet zu haben, in welche Sackgasse dieser Weg führen musste. Es lässt sich die These aufstellen, dass die große Katastro­phe der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert – die Entwicklung, die schließlich im Nationalsozialismus gipfelte – zum großen Teil aus der Unfähig­keit der meisten Deutschen entstanden ist, den im Vergleich zum westlichen Eu­ropa verspäteten Umbruch von der Agrargesellschaft mit all ihren traditionellen Vorstellungen von Staat und Gesellschaft zur modernen Industriegesellschaft  und zur Demokratie zu bewältigen. Alle völkischen Ideologien der Zeit hatten in dieser Angst vor der Moderne ihren Ursprung. Auch die Worpsweder Kunst in ein Ausdruck dieses Spannungsverhältnisses. Die ersten Maler der Künstlerko­lonie sahen in der Vergangenheit die Zukunft.

Carl Jacob Hirsch hatte – wie schon zitiert – 1914 von Worpswede geschrieben, dass eine Art Elfenbeinturm den Ort von der Außenwelt abschneide und isoliere. Es herrschten dort eine merkwürdige Art von Selbstüberschätzung, Selbstbe­wunderung und all die Eigenschaften, die in großen Städten unzeitgemäß wären. Es gebe keine Entwicklung in dem Dörfchen. Das gilt offenbar auch heute noch. Es arbeiten dort gute und moderne Künstler, aber von denen ist hier nicht die Rede. Es geht um das mentale und geistige Klima der Gemeinde. Als hätte es in Deutschland und der Welt nie eine Auseinandersetzung mit dem Nationalsozia­lismus gegeben, verdrängt und leugnet man die eigene Geschichte. „Jede zweite Schuld setzt eine erste voraus – hier die Schuld unter Hitler. Die zweite Schuld: die Verdrängung und Verleugnung der ersten nach 1945. Sie hat die politische Kultur der Bundesrepublik bis auf den heutigen Tag wesentlich mitgeprägt, eine Hypothek, an der noch lange zu tragen sein wird“, hat Ralph Giordano geschrie­ben. Im Künstlerdorf scheint es um die zweite Schuld aber noch schlimmer be­stellt zu sein als anderswo.

Vier Arten der Schuldabwehr und Verdrängung lassen sich in Worpswede und bei der „Gemeinde“ registrieren: Erstens die Flucht in die Geschichtslosigkeit. Die Geschichte der Worpsweder Kunst wird vollständig entpolitisiert und aus ihren geschichtlichen und gesellschaftlichen Bezügen gerissen, die sie ja zwei­fellos hat. Oder: Geschichtliche Fakten, die zweifellos feststehen, werden gar nicht zur Kenntnis genommen, weil sie nicht ins eigene Bild passen. Die ersten Maler der Kolonie werden dadurch in den Rang von zeitlosen Klassikern erho­ben, die offenbar in einem unpolitischen und geschichtslosen Raum gelebt und gearbeitet haben. Es reicht vielen Kunsthistorikern offenbar, sich nur mit den Formen und Farbgebungen der Malerei, ihrer Entwicklung und ihren gegenseiti­gen Beeinflussungen zu befassen, der zeitgeschichtliche Hintergrund, von dem Künstler natürlich auch geformt werden, bleibt ausgespart. Gerade die Worpsweder Künstler sind hervorragende Beispiele dafür, wie sehr politische Ideologien, die „in der Luft liegen“, auf Künstler einwirken können. Und das Beispiel des Nationalsozialismus zeigt auch, wie eng die Künstler mit der Politik der Herrschenden verbandelt sein können.

Die Geschichtslosigkeit im Dorf geht so weit, dass eine Galeristin dem Verfas­ser dieses Textes bei einer Diskussion von Radio Bremen über das Thema “Wird in Worpswede Geschichte geschönt?“ wörtlich erklärte: „Wir sollten die Ar­chive schließen und die Geschichte ruhen lassen! Uns interessiert nur noch die Gegenwart.“ Kommt bei einer solchen Argumentation nicht der Verdacht auf, dass da noch einige Leichen im Keller liegen? (Die von Radio Bremen übertra­gene Diskussion ist im Internet nachzulesen.) Auch die politische Geschichte des Dorfes zwischen 1933 und 1945 ist noch in keiner Weise aufgearbeitet.

Die zweite Art der Verdrängung ist die Flucht in Widerstandslegenden. Wenn man die Männer des 20. Juli 1944 oder die Geschwister Scholl auf seiner Seite weiß, wäre man aus dem Dilemma mit der Vergangenheit heraus, hat sich schon mancher in der Bundesrepublik gedacht. Doch Vorsicht ist geboten, wie ein Bei­spiel aus jüngster Zeit (November 2008) im Niedersächsischen Landtag beweist. Dort hatte ein CDU-Abgeordneter behauptet, dass die meisten Abgeordneten seiner Partei im Hohen Haus in Hannover in der Zeit von 1949 bis 1998 aus dem christlichen und konservativen Widerstand gegen den NS-Staat gekommen seien. Ein Oldenburger Historiker ging der Sache in Berliner Archiven nach und kam zu einem ganz anderen Ergebnis: 76 CDU-Abgeordnete, die in dem ge­nannten Zeitraum ein Landtagsmandat hatten, waren Mitglieder in der NSDAP, SA oder SS.

So erging es auch einem Worpsweder Dorfschulmeister im Ruhestand, der sich als Historiker betätigt und mit der erstaunlichen These an die Öffentlichkeit trat, dass die Geschwister Scholl 1938 und 1939 bei einem Besuch in Worpswede ausgerechnet im Gespräch mit Martha Vogeler und Manfred Hausmann Anre­gungen zu ihrer Widerstandstat im Rahmen der „Weißen Rose“ erhalten hätten. Ging der Geist des Widerstandes bis zum 20. Juli also wirklich vom „nieder­deutschen“ Worpswede aus? Hausmann war kein kritischer Geist und kein Mann der „inneren Emigration“, wie er sich selbst nach 1945 bezeichnet hat, sondern ein Mitläufer des Systems (siehe mein Buch: Der Mitläufer. Manfred Hausmann und der Nationalsozialismus).

Martha Vogeler galt als Inbegriff einer „deutschen Frau“, die sich stark in der Heimatbewegung (besonders dem Trachtenwesen) engagierte und den deutschen Volkstumsgedanken förderte. Sie trat 1937 in die NSDAP ein, wurde 1942 aber wieder aus der Partei ausgeschlossen. Die Gründe dafür sind nicht bekannt. Mit ihren Handwebearbeiten war sie bei allen NS-Kunstschauen und Kunsttagen vertreten. Ihre Webereien und später ihr Heimatmuseum (das „Haus im Schluh“) zählten zu den Sehenswürdigkeiten im Dorf, gerade weil sie ganz in der nieder­deutschen Tradition standen. Dass hohe NS-Funktionäre hier ein- und ausgin­gen, war kein Geheimnis. Im Mai 1942 wurde bei einer Ausstellung in Berlin eine Gobelin-Weberei der besonderen Art aus der Werkstatt Martha Vogelers gezeigt: ein „Schriftteppich mit Worten des Führers“. Das riecht Alles nicht ge­rade nach Widerstand, und der Dorfhistoriker konnte auch nicht einen einzigen überzeugenden Beweis für seine Behauptung erbringen – außer dem, dass So­phie Scholl schrieb, dass sie Martha Vogeler aufgesucht habe und dort sehr nett empfangen worden sei. In den Briefen und Tagebüchern der Studentin aus Mün­chen gibt es keine Hinweise auf kritische Anregungen in Worpswede, wohl aber über die Lektüre, die sie damals las – Manfred Hausmann war nicht dabei.

Legenden über eine Nähe zum Widerstand versucht auch die Familie Moder­sohn zu verbreiten. Denn eine Nichte des Malers, Cato Bontjes van Beek, war in Berlin Zeugin der Verschleppung von Juden gewesen. Zusammen mit einem Freund verteilte sie Flugblätter, die Stellung gegen den Terror der Nazis bezo­gen. Sie wurde verhaftet und am 5. August 1943 in Berlin Plötzensee hinge­richtet. Warum die mutige Tat der jungen Frau, die sich selbst als „unpolitisch“ bezeichnete, Otto Modersohns Verbindung zum Nationalsozialismus entlasten soll, leuchtet nicht ein. Dass beide Söhne Modersohns, Christian und Ulrich, in der SA waren und Christian später als Maler in einer Propagandakompanie der Wehrmacht an der Ostfront Dienst tat, spricht nicht gerade für einen oppositio­nellen Geist der Familie.

Die dritte Art der Verdrängung, die mit der ersten und letztgenannten in enger Verbindung steht, ist die direkte Geschichtsfälschung. Sie lag vor, als die Nürn­berger Ausstellungsmacher ihr Projekt „Im Zeichen der Ebene und des Him­mels. Künstlerkolonien in Europa“ auch für Worpswede unter das Vorzeichen des europäischen Gedankens stellten. Es wurde also behauptet, dass die Künst­lerdörfer, die sich im Laufe des 19. Jahrhunderts bildeten, aus dem europäischen Gedanken einer grenzüberschreitenden Kunst hervorgegangen wären und schon so etwas wie das Ziel der europäischen Einigung vorweggenommen hätten. Das mag für viele andere Kolonien zutreffen, für Worpswede stimmt es – wie in die­sem Text dargelegt – mit Sicherheit nicht, weil hier das völkisch-nationalistische Element und die Idee einer lokalen Kunst, die eng mit der Heimatbewegung verbunden war, den Ausschlag für die Gründung der Kolonie und für ihr Weiterbestehen gaben. Die Worpsweder werden das Etikett über der Nürnberger Ausstellung dennoch mit Freuden begrüßt haben, weil der Ort mit der heiklen Geschichte so eine willkommene Entlastung erfuhr.

Die vierte Variante der Verdrängung ist die Flucht in die Anekdote oder das schlicht Banale. Diese Spielart ist in Worpswede sehr beliebt. Man kann sie auch die „Stammtisch-Methode“ nennen. So erntet man etwa mit allem, was man über Mackensen oder Modersohn oder ihre Kunst im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus sagt, gleich Widerspruch mit dem Argument: „Das stimmt Alles nicht. Ich habe die beiden doch noch persönlich gekannt.“ Oder: „Mein Vater hat die beiden noch gekannt und der hat mir erzählt ...“ So be­hauptete in besagter Rundfunkdiskussion ein bekannter Bewohner des Dorfes, dessen Vater in der NS-Zeit Maler im Ort war allen Ernstes: „Es gab damals auch anständige Nationalsozialisten. Das war Alles gar nicht so schlimm, wie das immer erzählt wird. Im Grunde haben wir uns im Dorf hier immer gut ver­standen. Abends saßen selbst die Kommunisten mit den Nazis zusammen in der Kneipe und haben zusammen ein Bier getrunken.“

Einmal davon abgesehen, ob es damals noch bekennende Kommunisten gab, die frei herumliefen, erzählt Manfred Hausmann ganz etwas Anderes. In Briefen, die in seinem Nachlass im Literatur-Archiv in Marbach liegen, schildert er, wie sofort nach dem Krieg im Dorf die Messer gewetzt wurden, um Rache zu neh­men für Verleumdungen und Denunziationen, die während der braunen Herr­schaft so manchen ins KZ oder zu Tode gebracht hätten. Da er Namen nennt, müssen seine Aussagen ihre Richtigkeit haben. Hausmann schreibt das Alles in Bittbriefen an Prominente, die ihm Persilscheine ausstellen sollten, denn er war selbst schwer belastet.

Worpswedes berühmteste Anekdote schildert die Entstehung der Künstlerkolo­nie ganz anders – eben ganz menschlich: 1884 lernte der Student Fritz Macken­sen in Düsseldorf die Worpsweder Kaufmannstochter Emile Stolte, genannt Mimi, kennen, die ihm begeistert von ihrem Moordorf erzählte. Mackensen fuhr hin, kam wieder, blieb und das war der Anfang der Künstlerkolonie. Wie man sieht, geht es auch ganz ohne historische Vorbilder oder große Begrifflichkeiten wie Langbehn oder Kulturpessimismus. Und auch die Verwicklung in den Nationalsozialismus kann man so natürlich umgehen.

Viele Gespräche und Diskussionen mit älteren und jüngeren Bewohnern Worpswedes haben für den Verfasser das Resultat gehabt, dass es im Dorf – zumindest unter den Künstlern – keine Nazis gegeben hat, waren sie nun in der Partei oder anderen NS-Organisationen oder nicht. Selbst für Mackensen wird das bestritten, obwohl er sich Zeit seines Lebens so eindeutig geäußert hat. Die Erklärung für das Phänomen ist wohl nur im psychologischen Bereich zu er­gründen, da die Faktenlage eindeutig ist. Es bestätigen sich damit die For­schungsergebnisse, die der Sozialpsychologe Harald Welzer in seinem Buch „Opa war kein Nazi“ veröffentlich hat. Danach sind die meisten Deutschen der Meinung, dass es in der eigenen Familie keine Nazis gegeben habe, ja, dass man die eigenen Familienmitglieder eher zu Regimegegnern oder Widerständlern macht. Sieht man die Bewunderer und Verehrer der Worpsweder Kunst als „große Familie“ oder befragt einzelne Künstlerfamilien, treffen Welzers Be­funde genau zu. Man ist hier auch nach mehr als einem halben Jahrhundert nach dem Krieg noch unfähig zu trauern ...

Worpswede – ein niederdeutsches Dorf, das am liebsten seine Vergangenheit abstreifen und im geschichtslosen Kunst-Himmel leben möchte. Einer, mit des­sen Anwesenheit sich das Dorf heute noch schmückt, hat fast seherisch für die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg die folgenden Sätze geschrieben, die aber auch für die Zeit nach 1945 gelten können: „Etwas ist ausgeblieben, was alles ins Maß gerückt hätte. Deutschland hat versäumt, sich sein reinstes, bestes, sein auf ältester Grundlage wiederhergestelltes Maß zu geben. Es hat sich nicht von Grund an erneuert und umbesonnen, es hat sich nicht jene Würde geschaffen, die die innerste Demut zur Wurzel hat. Es war nur auf Rettung bedacht, in einem oberflächlichen, raschen misstrauischen und gewinnsüchtigen Sinn, es wollte leisten und hoch- und davonkommen, statt seiner heimlichsten Natur nach zu ertragen, zu überstehen und für sein Wunder bereit zu sein. Es wollte beharren, statt sich zu ändern ...“ Der das schrieb, war der Dichter Rainer Maria Rilke am 2. Februar 1923.

Oder sind es gar nicht die Worpsweder allein und die Anhänger der Worpsweder Meister, die mit der Vergangenheit ihre Probleme haben? Denn wie erklärt sich der anhaltende Erfolg der Worpsweder „Meister“ auch außerhalb der Ortsgren­zen bis heute? Macht ihn der „Langbehn in uns allen“ aus – die typisch deutsche Sehnsucht nach der heilen Welt, der ländlich unberührten Idylle? Denn das Be­dürfnis nach Innerlichkeit – auch ein sehr deutsches Phänomen – befriedigen die alten Worpsweder allemal. Dann hätte Ralf Dahrendorf Recht, wenn er schreibt: „Der Kulturpessimismus ist ein pathologisches Syndrom, das älter als der Natio­nalsozialismus ist und diesen zugleich überlebt hat.“ Dieser Gefahr sollten wir uns immer sehr bewusst sein.

Zu fragen bleibt schließlich, warum jede Kritik an Worpswede und seiner Kunst gleich als „Nestbeschmutzung“ oder mit schlimmeren Begriffen belegt wird? Die hier vorgebrachte Kritik ist mehr als berechtigt und argumentativ gut abge­sichert. Man kann sie aber auch ins Positive wenden. Wo liegt der Grund für die empfundene Bedrohung vor dieser Kritik? Offenbar gibt es die unüberwindliche Angst, dass, wenn dieser Mythos, der eine Lebenslüge kaschiert, untergeht, alles zusammenbricht und dahinter die große Leere, das Nichts stehen. Dabei wird gar nicht bedacht, dass ein Mythos, der so verbissen mit allen Mitteln verteidigt wird, blockiert und das Entstehen von etwas Neuem, Schöpferischen verhindert. Das Ende dieses nicht mehr haltbaren Mythos könnte die Schleusen zu einer ganz neuen Kreativität öffnen. Und da wäre dann auch wieder das Bild von der Brücke, über die man gehen kann, um zu etwas ganz Anderem, noch nie Gese­henen zu gelangen ...


Literatur:

 

Artinger, Kai: Die „Volksseele“ vor dem Verschwinden bewahren. Die Worpsweder Künstlerkolonie und die niedersächsische Heimatbewegung um 1900, in: Jahrbuch des Vereins für Niedersächsisches Volkstum e.V. – Bremer Heimatbund, Mitteilungen 77, Jahrg. 2003 – 2004, Heft 142, S. 11 – 38

 

ders.: Die Worpsweder Kunst im Zeichen des niederdeutschen Mythos, in: Kul­turraum und Sprachbilder, Plattdeutsch gestern und morgen. Beiträge zum Sym­posion des Instituts für niederdeutsche Sprache und der Vereinigung Quickborn am 23. Oktober 2004 in Hamburg, Bremen 2007, S. 77 – 95

 

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Boulbuollè, Guido/ Zeiss, Michael: Worpswede; Kulturgeschichte eines Künst­lerdorfes, Köln 1989

 

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Gurlitt, Cornelius: Deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts, Berlin 1907

 

Hein, Peter Ulrich: Die Brücke ins Geisterreich. Künstlerische Avantgarde zwi­schen Kulturkritik und Faschismus, Reinbek 1992

 

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Mitscherlich, Alexander und Margarethe: Die Unfähigkeit zu trauen. Grundla­gen kollektiven Verhaltens, München 1985

 

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Rilke, Rainer Maria: Worpswede. Monographie einer Landschaft und ihrer Ma­ler, Bremen o.J.

 

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Stelljes, Helmut (Hrsg.): Worpsweder Almanach. Dichtung, Erzählung, Doku­mente, Bremen 1989

 

Strohmeyer, Arn: der Mitläufer. Manfred Hausmann und der Nationalsozialis­mus, Bremen 1998

 

 

 

Strohmeyer Arn (Hrsg.)/ Artinger, Kai/ Krogmann, Ferdinand: Landschaft, Licht und niederdeutscher Mythos. Die Worpsweder Kunst und der Nationalsozialis­mus, Weimar 2000  

 

ders.: Parsifal in Bremen. Richard Wagner, Ludwig Roselius und die Böttcher­straße, Weimar 2000

 

Thomae, Otto: Die Propagandamaschinerie. Bildende Kunst und Öffentlich­keitsarbeit im Dritten Reich, Berlin 1978

 

Welzer, Harald: „Opa war kein Nazi“, Nationalsozialismus und Holocaust im Familiengedächtnis, Frankfurt am Main 2005

 

Wettge-Wortmann, Sigrid: Die ersten Maler in Worpswede, Worpswede 1979


Über den Autor:

 

Arn Strohmeyer, geb. 1942, hat Philosophie, Soziologie und Slawistik studiert. Er arbeitete dann als politischer Journalist bei verschiedenen Presseorganen. Nebenbei schrieb er Bücher über historische Themen und Griechenland. Er lebt und arbeitet jetzt als freier Autor in Bremen. (arnstrohmeyer.de)