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Jan Frontzek

Die Annahme von Werten

Immobilien, Finanzen, Konjunktur - Krise allerorten. Ehrwürdige Banken kollabieren, Aktienkurse in freiem Fall, sogar Staaten erklären ihren Bankrott. Vom Manager bis zu Otto Normalbürger - alle spüren unterschwellig bis offen Verunsicherung. Aber was ist wahr? Was liegt vor uns, was hinter uns? Was ist sicher? Was definiert uns? Vom Feuilleton bis zur Brigitte stellen sich alle derzeit diese Fragen.

Welche Werte zählen jetzt noch?

Sechs Fotografinnen gehen in ihrem Ausstellungs- und Diskussionsprojekt »Die Annahme von Werten« eben dieser verunsichernden und ewig gültigen Frage nach.

Spannend ist, dass das Projekt, welches erstmals 2007 in Nordrhein-Westfalen gezeigt wurde, nicht - wie so oft üblich - von der Gegenwart überholt, sondern jetzt erst richtig eingeholt wurde.

DiePraxisMareiWenzel

Nora Bibel ist für ihr Projekt »Nic – das Monster« weit gereist. Im Maramures, dem nördlichsten

Teil Rumäniens, nahe der ukrainischen Grenze, bekommen Jugendliche, die in Deutschland

gescheitert sind, eine zweite Chance. Bibel begleitete und dokumentierte diese Jugendlichen mit

schweren Verhaltensauffälligkeiten und die Umgebung. In einer zweiten Ebene ihrer Arbeit vor

Ort hat sie die Jugendlichen nach ihren Werten befragt und zeigt die Antworten parallel zu ihren

Fotos.

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Bärbel Möllmann zeigt die Installation »Der Wert des Einzelnen«. Hierbei werden rechteckige

Leuchtkästen präsentiert, die stellvertretend für den Begriff »Werte« als Stolpersteine offen im

Raum stehen. Die abgebildeten Fotografien zeigen die Gegenstände, die den Interviewpartner

einen Wert bedeuten. Über Kopfhörer kann der Betrachter in persönliche Gespräche zwischen der

Fotografin und Maxim, dem Leadsänger der Gruppe K.I.Z., Nika, der Prostituierten, oder einem

Diakon vor der Priesterweihe hineinhören, um zu erfahren, warum ihnen persönlich die genann-

ten Werte wichtig sind.

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Uta Neumann umschreibt in »Was ist« den Moment der Machtlosigkeit gegenüber der eigenen

Vergänglichkeit. Der Anlass für diese sehr persönliche Arbeit war der Tod ihres Großvaters und

dessen leeres Haus. Sie interessierte dabei das Unausgesprochene und Verborgene dieser Aus-

nahmesituation. Neumanns Bilder von Räumen und Portraits beklemmender Nacktheit evozieren

Gefühle zwischen Angst, Sehnsucht und Mut.

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Kerstin Parlows Arbeit »Drei Lieder« ist strukturell als Untersuchung von Musik mit visuellen

Mitteln angelegt. In einer Kombination aus Texten und Fotografien übernehmen die Bilder den

instrumental melodischen Teil, dessen Wurzeln tief in den Bereich des Unbewussten eindringen.

Klangfarben finden ihre Entsprechung in der Farbigkeit ihrer Bilder. In den so entstandenen drei

Geschichten beleuchtet Parlow die drei Religionen Hinduismus, Islam und Buddhismus.

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Sabine Schründer beschäftigt sich in ihrer Arbeit »intrude (into)« mit Aspekten von Sicherheit

und untersucht assoziativ das Terrain zwischen Gefahr und Kontrolle, Sicherheit und Freiheit:

Begriffe, die einander bedingen und ineinander greifen. Sicherheit ist nicht objektiv, sondern ein

vorrangig subjektiver Zustand, den Schründer als Konstrukt entlarvt.

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Marei Wenzel öffnet Türen zu ihren Protagonisten und erzählt deren persönliche Geschichten von

Berlin, die gewissermaßen Inszenierungen ihrer eigenen Lebensideale sind. Den Fokus richtet sie

auf die leisen, dunklen und unspektakulären Situationen, die von Sehnsüchten und Werten

erzählen, die eng verbunden sind mit dem privaten Rückzugsort des Einzelnen.

Diese Bilder zeigen wohlgestaltete private Bühnen, die ihre Umgebung reflektieren, indem sie sie

vergessen machen wollen. »Die Stadt« zeigt den Wert des Privaten, das Inszenieren der eigenen

Verschrobenheiten – jeden Idealvorstellungen der Allgemeinheit zum Trotz.

wenzeldaswohnzimmer

Foto: Marei Wenzel

Die Ausstellung »Die Annahme von Werten« eröffnet am Samstag, dem 8. November um 19 Uhr

und ist bis zum 13. Dezember immer dienstags bis sonntags von 12 bis 19 Uhr zu sehen.

Ferner findet im Rahmen dieser Ausstellung in den Uferhallen am Freitag, dem 21. November um

19 Uhr eine Werkstattgespräch mit den Künstlerinnen unter Leitung von Ingo Taubhorn (Kurator,

Haus der Photographie, Deichtorhallen Hamburg) mit anschliessender Podiumsdiskussion statt.

Diese Podiumsdiskussion dreht sich um das aktuelle Thema »Werte im Wandel«.

Moderiert wird die Podiumsdiskussion von Lukas Wallraff, Redakteur der TAZ, zu der Personen aus

den Bereichen Kunst, Wirtschaft, Politik und Kirche eingeladen sind. In der Runde soll vor allem

die Fragestellung diskutiert werden, inwieweit die komplexen Anforderungen, die die moderne

Gesellschaft an den Einzelnen stellt, zu einer Umdeutung des Wertebegriffs führen.

Mit der Podiumsdiskussion soll über den künstlerischen Ansatz der Ausstellung hinaus das Thema

»Werte« zur Sprache gebracht und ein weiterer Zugang dazu angeboten werden.

Bildmaterial und -credits stehen Ihnen zur freuen Verfügung zum Download bereit (17MB)

unter:

http://www.dieannahmevonwerten.de/download/presse_download.zip

Weitere Informationen können Sie folgenden Websites entnehmen:

http://www.dieannahmevonwerten.de

http://www.mdf-berlin.de/ausstellungen/ufa-hallen.html

http://www.uferhallen.de

Eine Pressekonferenz zur Ausstellung wird am Freitag, den 7.11. um 11 Uhr

in den Uferhallen stattfinden. Wir laden Sie hierzu ganz herzlich ein.

Uferhallen Berlin | Uferstraße 8 - 11 | 13357 Berlin

Fon + 49 (0)30 - 46 90 68 71 | Täglich außer montags 12 – 19 Uhr

Tageskarte 3 Euro, erm. 2 Euro | U8 Pankstr., S1, 2, 41, 42 Gesundbrunnen

www.dieannahmevonwerten.de