Zum InhaltsverzeichnisVirtuelles Magazin 2000 

Annette Bültmann
 
 
Mikroorganismen auf dem Mars?
 
Seit 1966: Sonden zum Mond
Das Programm der NASA-Raumsonden mit dem Namen Surveyor begann 1966, als eine Serie von 7 mit Kameras und Instrumenten ausgestatteten Sonden zum Mond geschickt wurde, unter anderem um die Bedingungen einer weichen Mondlandung zu testen, 5 von ihnen gelang die weiche Landung. Eine Sonde, Surveyor3, wurde später beim zweiten bemannten Mondflug von der Crew von Apollo 12 wieder gefunden und aufgesucht. Sie brachten die Kamera der Sonde mit zurück zur Erde. Dort wurde festgestellt, dass getrocknete Bakterien in der Isolierung der Kamera überlebt hatten, sie konnten, Jahre später und nach einem Flug durch den Weltraum, erneut zum Keimen gebracht werden, was als Beweis für das Überleben von Mikroorganismen im All, und die mögliche Ausbreitung von Lebensformen durch Meteoriten betrachtet werden kann, nach der Panspermie-Hypothese könnten so auch die Anfänge des Lebens auf die Erde gelangt sein.
 
Seit 1996: Sonden zum Mars
Auch der Mars bekam seit der Entstehung des Sonnensystems Material in Form von Meteoriten von der Erde, noch mehr Material bewegte sich aber in umgekehrter Richtung. Laut einer Forschergruppe sollen seit der Entstehung der Planeten mehr als 4 Milliarden Tonnen Marsgestein auf der Erde gelandet sein. Nun revanchiert sich die Erde mit Marssonden... auf diese Weise gelangen mit großer Wahrscheinlichkeit Mikroorganismen von der Erde auf den Mars. Die NASA vermutet, dass bereits ungefähr 1 Milliarde Keime auf diese Weise dorthin gelangten, und prüfte schonmal, ob die Desinfektionsvorschriften für Marssonden verschärft werden müssen.
Die Sonde Mars Global Surveyor wurde 1996 gestartet und erreichte im September 1997 den Mars. Sie sendete bis 2006 über 240000 Aufnahmen in hoher Auflösung, darunter solche, die Rinnen zeigen, die sich durch fließendes Wasser gebildet haben dürften.
Im November 2006 ging der Kontakt zur Marssonde verloren. Vermutlich hängt das zusammen mit Anweisungen an die Sonde, die Solarzellenpaneele neu auszurichten, dabei drehte sich die Sonde vermutlich so, dass einer der Akkus der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt wurde und das führte zur Überhitzung und Entladung der Akkus. Versuche, den Global Surveyor mit Hilfe der beiden um den Mars kreisenden Sonden Mars Reconnaissance Orbiter und Mars Express wiederzufinden, blieben ergebnislos.
 
Wasser auf dem Mars
Im Dezember 2006 gab die NASA Auswertungsergebnisse von auf den Global-Surveyor-Aufnahmen sichtbaren hellen Ablagerungen und verzweigten Erdrinnen bekannt, diese lassen vermuten dass in den vergangenen Jahren an einigen Orten auf dem Mars Wasser geflossen sein könnte. Es steht fest, dass auf dem Mars Wasser vorhanden ist, aber großenteils in Form von Eis. Auch die ESA-Sonde Mars Express fand solche unterirdischen gefrorenen Seen. Nun wird vermutet, dass es einen Wasserzyklus gibt, bei dem durch Erwärmung oder Änderungen der Druckverhältnisse das Wasser vorübergehend an manchen Orten auftauen und über die Oberfläche fließen kann. Da die Rotationsachse des Mars, wie die der Erde, geneigt ist, gibt es dort ebenfalls Jahreszeiten, die aber fast doppelt so lange dauern wie auf der Erde, und während des Marssommers schmilzt teilweise das Eis der Polkappen, die vermutlich aus Kohlendioxid und Wasser bestehen.
Wasser, besonders in flüssiger Form, ist eine der Voraussetzungen für mögliches Leben auf einem Planeten, es stellt sich also die Frage, ob es Leben auf dem Mars gab, der früher mal wärmer war als heute, oder ob es auch unter den heutigen eisigen Bedingungen dort Mikroorganismen geben könnte.
 
Mikroorganismen unter Extrembedingungen
Auf der Erde werden nicht vereiste Bereich der Antarktis von Mikroorganismen, Moosen und Flechten und einigen wirbellosen Tieren besiedelt. Auch innerhalb von Felsen können Algen und Flechten leben, z.B. wenn es sich um ein teilweise lichtdurchlässiges Gestein handelt, und auch in Eisspalten wurden schon Algen gefunden.
Forscher stellen sich die Frage, ob Mikroorganismen aus der sibirischen Tundra oder aus dem Permafrost der Antarktis auch unter Marsbedingungen leben könnten. Besonders die Archaeen oder Urbakterien können teilweise auch unter Extrembedingungen überleben. Manche können auch bei Hitze, in vulkanischen Gebieten leben, andere auch in Wasser mit hohem Salzgehalt, oder in Umgebungen ohne Sauerstoff, oder auch bei Nährstoffmangel, Dunkelheit und Kälte im grönländischen Eis. Solche Lebensformen, die auf extreme Lebensbedingungen spezialisiert sind, werden Extremophile genannt. Im grönländischen Eis wurde in drei Kilometern Tiefe eine Population von Archaebakterien entdeckt, deren Alter auf 100 000 Jahre geschätzt wird, sie produzieren Methan. Es stellt sich nun die Frage, ob das auf dem Mars gefundene Methan teilweise von solchen Mikroorganismen erzeugt wurde.
 
Bakterien erzeugen Magnetit
Für eine Besiedlung des frühen Mars mit Mikroorganismen spricht auch der Fund eines Meteoriten, bekannt als ALH84001, dessen Alter auf 4,5 Milliarden Jahre geschätzt wird und der demnach aus einer frühen Gesteinsschicht des Mars stammt, vor 16 Millionen Jahren bei einem Meteoriteneinschlag ins All geschleudert wurde und vor 13 000 Jahren in der Antarktis landete. In diesem wurden perfekte Magnetit-Kristalle gefunden, wie sie auf der Erde nur von einer Magnetit erzeugenden Bakterienart, MV-1, hergestellt werden können. Auf der Erde sind bisher keine anderen Prozesse bekannt durch die dieselben chemischen reinen, 10 bis 200 Nanometer großen Kristalle erzeugt werden können. Irdischen Bakterien dient das Magnetit als Kompass.
Der Mars soll früher ein Magnetfeld ähnlich dem der Erde gehabt haben, das aber vermutlich verloren ging weil der Kern des Planeten sich verflüssigte. Falls es durch eine Abkühlung im Kern zu einer Kristallisation käme, könnte der Mars wieder ein Magnetfeld bekommen. Auf der Erde führt der so genannte Dynamo-Effekt dazu, dass die Erde ein Magnetfeld hat, dies führt dazu dass eine Kompassnadel in Richtung des arktischen Magnetpols zeigt. Um den festen Nickel-Eisen-Kern rotiert mit einer anderen Geschwindigkeit der äußere, zähflüssige Kern, dadurch entstehen Ströme die in magnetische Energie umgewandelt werden.
 
Vulkanische Aktivität, dünne Atmosphäre
Auf dem Mars befinden sich Vulkane, die wegen der geringeren Schwerkraft größer sind als auf der Erde, der 24 km hohe Olympus Mons ist der höchste Vulkan des Sonnensystems. Viele Vulkane des Mars sind seit Jahrmillionen erloschen, aber in der Nähe des Mars-Nordpols wurden auf Bildern der Sonde Mars-Express Vulkane gefunden, die vermutlich noch in der Entstehung begriffen sind und vermutlich noch aktiv sind, dafür sprechen auch relativ frisch wirkende Flächen von Vulkanasche. Es wäre möglich, dass Mikroorganismen in der Nähe dieser Vulkane leben können.
Die Atmosphäre des Mars ist sehr dünn, sie erzeugt weniger als ein Prozent des irdischen Atmosphärendrucks, dennoch gibt es auf dem Mars Ereignisse wie Staubstürme, Wirbelstürme, ein von Marswinden erzeugtes Dünenfeld am Nordpol, und auch Wolken, die aber sehr klein sind. Vermutlich war die Atmosphäre des Mars vor vier Milliarden Jahren dichter, ähnlich der der Erde. Sie enthält Methan, bei dem sich die Frage stellt ob es von Vulkanen oder von Mikroorganismen erzeugt wurde, und außerdem Stickstoff, Argon, Wasserdampf, geringe Mengen Sauerstoff, und größtenteils besteht sie aus Kohlendioxid. Das Methan und der Wasserdampf kommen hauptsächlich in der Atmosphäre über der Region vor, in der sich ein größeres Eisvorkommen unter der Oberfläche des Planeten befindet. Eine Erklärung dafür wären vulkanische Aktivitäten, aber da es auf der Erde Bakterien gibt, die aus Wasserstoff und Kohlendioxid Methan erzeugen können, wird diese Möglichkeit auch für den Mars in Betracht gezogen. Solche Bakterien wurden auf der Erde bereits in Wüstengebieten gefunden, und in Sedimenten auf dem Meeresboden. Dort, wo sich organische Stoffe sammeln die aus den höheren Meeresregionen absinken, entstehen größere Mengen Methan, die aber vermutlich zu 90 Prozent gleich wieder durch andere Mikroorganismen abgebaut werden.
 
Marsmeteorite
Bisher wurden von ca. 24.000 von Wissenschaftlern katalogisierten auf der Erde gefundenen Meteoriten 34 als vom Mars stammend eingeordnet. Marsmeteorite bestehen aus Eruptivgestein aus geschmolzener Lava, vom Mars weggeschleudert durch Meteoriteneinschläge. Wegen der dünnen Atmosphäre des Mars landen Meteorite dort relativ ungebremst auf der Oberfläche. Während früher davon ausgegangen wurde, dass nur durch besonders große Meteoriteneinschläge Gestein ins All geschleudert wird, wurde inzwischen in einer Simulation festgestellt dass vermutlich auch schon kleinere Einschläge, die nur drei Kilometer große Krater verursachen, Millionen von Gesteinsbrocken ins All schleudern können, von denen einige dann nach längerer Zeit schließlich vom Mars zur Erde gelangten. Nach ihren frühesten bekannten Fundorten werden sie eingeteilt in Chassigniten, Shergottiten und Naklithen. Der erste Marsmeteorit wurde 1815 in Chassigny in Franreich gefunden, weitere 1865 in Shergotty in Indien und 1911 in Nakhla in Ägypten. Inzwischen wurden auch in den Vereinigten Staaten, Brasilien, Nigeria, Libyen, Oman, Marokko und Algerien Marsmeteorite gefunden, und besonders viele Fundorte gibt es in der Antarktis. Einige Meteorite enthalten Gaseinschlüsse der Mars-Atmosphäre.
 
Irdisches Leben ursprünglich vom Mars?
Die Möglichkeit der Existenz von Mikroorganismen auf dem Mars ist bisher noch reine Vermutung (abgesehen von den durch Raumsonden von der Erde dorthin gelangten) aber da die Möglichkeit des zeitweisen Überlebens von Bakterien im All bereits bewiesen ist, wurde auch schon die Frage gestellt ob die frühen Lebensformen auf der Erde ursprünglich vom Mars stammen und auf Meteoriten zur Erde gelangt sein könnten.