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Susanne Albrecht
 
Visão Trocada
 
Visão Trocada oder auf deutsch Getauschter Blick ist der Titel eines brasilianisch deutschen Austauschprojekts von 10 KünstlerInnen aus São Paulo, Berlin und Herford.
 
Als Einleitung möchte ich an zwei Kinderspiele erinnern. In Brasilien gibt es ein Ringspiel bei dem das Lied "Escravos de Jo’" gesungen und dabei ein Stein vom einen zum anderen gereicht wird, in Deutschland kennen wir das Kreisspiel "Stille Post" bei dem eine Nachricht von Ohr zu Ohr geflüstert wird.
So kinderleicht ist eigentlich auch unser Austauschprojekt, aber die schriftliche Vermittlung erweist sich als komplizierter.
5 deutsche und 5 brasilianische KünstlerInnen haben sich auf ein Tauschprojekt eingelassen, für das sie bis zu 4 Fotos verschicken , aber auch erhalten und diese als Grundlage für neue künstlerische Arbeiten verwenden.
Es handelt sich also um einen Austausch, bei dem jede/r KünstlerIn gleich zweimal beteiligt ist, als InitiatorIn für eine neue Arbeit eines anderen und als SchöpferIn einer neuen eigenen Arbeit.
Per Losverfahren wird jeder/m brasilianischen KünstlerIn ein deutscher zugeteilt und vice versa.
Diese Arbeitsweise eröffnet ein weites Feld. Es gibt keine weiteren Vorgaben.
 
Auch wenn natürlich bereits häufig KünstlerInnen auf Werke anderer Epochen und andere KünstlerInnen direkt oder indirekt Bezug genommen haben, also per se niemand im geschichtslosen Raum agiert, und auch der Begriff Antropofagia, zu übersetzen etwa mit Einverleibung oder auch Aneignung in Brasiliens Kunstgeschichte eine festen Stellenwert innehat, ist mir diese ausdrücklich offen dargelegte Vorgehensweise der gegenseitigen Aneignung unter zeitgenössischen Kunstschaffenden bisher noch nicht begegnet.
 
Ein Dialog unterschiedlicher subjektiver Positionierungen entwickelt sich.
Was verstehe ich vom Anderen? Wie versteht mich der Andere? Wie positioniere ich mich dazu? Die KünstlerInnen reagieren aufeinander und vertrauen in das Verständnis und schöpferische Vermögen des Anderen.
 
Besonders spannend ist dieser Austausch vor dem Hintergrund unserer unterschiedlichen Wohn und Arbeitsorte. Hier Brasilien- dort Deutschland; hier die Megacity São Paulo, dort Berlin als Hauptstadt und kulturelles Zentrum Deutschlands und dann noch die kleine Provinzstadt Herford.
Obwohl es keine Vorgaben gibt handeln die Fotos von urbanen Situationen. Dies ist neben dem Austauschgedanken auch Konzept der Ausstellung.
 
Vom 1. bis zum 29. Oktober 2006 wird die Ausstellung Visão Trocada in der Galerie Olido in São Paulo gezeigt. Weitere Präsentationen in Brasilien und auch Deutschland sind für 2007/8 angestrebt.
 
Die beteiligten KünstlerInnen sind
 
Denise Adams-SP, Susanne Albrecht-Herford, Paulo Boer-Herford, Edith Derdyck-SP, Sonia Guggisberg-SP, Christine Kriegerowsi-Berlin, Pazè-SP, Nino Rezende-Berlin/SP, Adriana Rocha-SP , Nada Sebestyèn-Berlin
 
 
Susanne Albrecht, Herford 2006
 

Nino Rezende
Nino Rezende arbeitet mit den Fotografien von Sonia Guggisberg
 
Die für die Ausstellung Visão Trocada geschaffene Installation in der Galeria Olido basiert auf den Fotos von Sonia Guggisberg.
Die Arbeit wird mit Drachenschnurkurbeln realisiert, die mit Schnüren verbunden sind und von einer Kurbel zur anderen laufen. Ringsherum sind kreisrunde Himmelsfotos angebracht, als visuelle Metapher für alles was in der Luft ist.

Denise Adams
Denise Adams arbeitet mit den Fotografien von Paulo Frank Boer
 
Die Arbeit, die die Künstlerin Denise Adams auf Grundlage der Fotos von Paulo Boer entwickelt hat, besteht aus der Zusammenstellung dreier Fotos einer Landschaft ohne Herkunft. Sie sind Fragmente einer urbanen Sicht, die sich in einen strukturierten Plan verwandelt, in dem man weder Zeit noch Raum identifizieren kann; eine Stadt, die sich durch einen Wunsch umgestaltet, eine nicht existente Stadt.

Edith Derdyk
Edith Derdyk arbeitet mit den Fotos von Christine Kriegerowski
Titel:Ein Stück Raum
 
Auf einem der Fotos, die Christine Kriegerowski mir schickte, zog ein Bildausschnitt meine Aufmerksamkeit auf sice, darauf stehen die Worte open space.
Bei genauer Betrachtung stellte ich fest, dass alle Fotos etwas gemein haben: urbane Schriftzüge. Das Konzept dieser Schriften gibt dem ausgewählten Ausschnitt eine Bedeutung, die ich ein Stück Raum nenne.
Ausgehend von dieser Aneignung des Stück Raum realisiere ich 2 Arbeiten, die untereinander eine Art stummer Konversation führen: ein Buchobjekt und ein backlight.
Beide Arbeiten werden im Ausstellungsraum einander gegenübergestellt, so dass ein neuer Raum entsteht, physisch und konzeptuell ­ der Betrachter wird aufgefordert, den offenen Raum zu sehen.

Adriana Rocha
Adriana Rocha arbeitet mit den Fotografien von Susanne Albrecht
 
Das Interesse für den Gebrauch des Bildes, seien Zugehörigkeit zur
Malerei und die konsequente Suche nach dem Raum innnerhalb der Arbeit,
die ihn beinhalten könnte, waren immer die kreativen Extreme meiner Arbeit.
Ich versuche das Überleben des Bildes in der Malerei zu problematisieren
und arbeite zuletzt mit der Mehrdeutigkeit des Malens selbst in einer
Welt der Massenmedien.
Charaktere werden von der Erzählung losgelöst, die die traditionelle
Malerei gewöhnlich andeutet, Figuren sind in sich selbst verloren, in
der Zeit festgehalten, wie verzaubert.
Ich schlage diese Spannung der Verbindungen vor, ein Nicht-Ort, eine Art
Limbo, aus dem die Figuren auftauchen wie zerrissene Erinnerungen.

Pazè
Pazè arbeitet mit den Fotografien von Nada Sebestyèn
 
Die Arbeit besteht aus der Untersuchung des Konzepts urbaner Landschaften, einer nicht identifizierbaren Landschaft, die von den großen urbanen Zentren handelt.
Die fertigen Arbeiten werden als zweidimensionale Bilder präsentiert.

http://www.centrocultural.sp.gov.br/programacao/galeria_olido.html