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Annette Bültmann
 
Die Evolution der Huftiere
 
Die Evolution der Pferde begann vor 55 Millionen Jahren. Das früheste Tier in der Ahnenreihe der heutigen Pferde, das Ur-Pferd, wird Eohippus oder Hyracotherium genannt.
Der Name Eohippus leitet sich ab vom Eozän, dem Erdzeitalter vor 58-36 Mill. Jahren, mit dem die Erdneuzeit und damit das Zeitalter der Säugetiere begann, benannt nach Eos, der griechischen Göttin der Morgenröte. Da bei ausgestorbenen Tierarten auch die aus dem Griechischen stammende Form -therium für die Namensgebung verwendet werden kann, ist heute der Name Hyracotherium für dasselbe Tier gebräuchlicher, er leitet sich ab von Hyrax, dem Schliefer, einer murmeltierähnlichen Art, deren Nachkommen heute noch in Afrika leben, von ähnlicher Größe wie die frühen Pferde, und dem altgriechischen Wort Therion für Tier.
 
Das Hyracotherium lebte vor ca. 55 Mill. Jahren in Europa und Nordamerika, und war so groß wie ein kleiner Hund. Es hatte an den Vorderfüßen vier Zehen, an den Hinterfüßen drei, deren Nägel bereits zu kleinen Hufen umgebildet waren. Die ersten Fossilien dieses Tieres wurden in England von Sir Richard Owen, einem berühmten englischen Paläontologen, 1841 entdeckt und Hyracotherium genannt, 1876 dann von O. Marsh in den USA, und als Eohippus bezeichnet, bis man feststellte, dass es sich um dasselbe Tier handelte. Viele Fossilien des Hyracotheriums wurden im Süden der USA gefunden.
Fossile Urpferde wurden ebenfalls in der Grube Messel bei Darmstadt gefunden, einer bekannten Lagerstätte von Fossilien vieler Tierarten. Die in Messel gefundenen ca. 49 Mill. Jahre alten frühen Pferde Propalaeotherium parvulum und das etwas größere Propalaeotherium hassiacum gehören zu den Propaleotherien, einer Seitenlinie der Entwicklung in Europa.
 
Die frühen Pferde lebten in Wäldern und Sümpfen, die Vegetation war zu dieser Zeit subtropisch bis tropisch, mit Kakteen und Palmen. In Europa verschwanden sie dann zunächst vor ca. 30 Mill. Jahren, während sich in Nordamerika größere Pferde entwickelten. Große Savannen und Steppen entstanden, als sich das Weltklima im Verlauf des Oligozäns (vor ca. 36- 24 Mill. Jahren) abkühlte. Es erschienen viele neue Säugetiere wie Schweine, Katzen, Flusspferde, Fledermäuse. In Asien gab es das Baluchitherium, ein 7 Meter langes Huftier mit 5,4 Metern Schulterhöhe, größer als Elefant und Mammut, das größte Landsäugetier aller Zeiten. Nun entwickelten sich Pferde mit längeren Beinen, die an jedem Fuß drei Zehen hatten, dazu gehörten Mesohippus und Merychippus, und die Ernährungsweise spezialisierte sich, es entstanden weidende Pferde, die Blätter fraßen, und grasende mit härteren Zähnen. Die weidenden Pferde verschwanden vor ca. 11 Mill. Jahren, alle heutigen Equiden gehören zu den grasenden. Sie wanderten über die Behring-Landbrücke von Amerika nach Asien und Europa, damals waren die Kontinente noch nicht durch den Ozean getrennt. Es entwickelte sich das dreizehige Hipparion, dessen Nachkommen bis ca. 1 Mill. Jahre vor der heutigen Zeit lebten.
 
Aus dreizehigen, den heutigen Pferden schon relativ ähnlichen Tieren entwickelten sich in Nordamerika einzehige Pferde, z.B. vor 15 Mill. Jahren Pliohippus, und schließlich vor 4 Mill. Jahren die heutige Gattung Equus, diese verbreitete sich wiederum über die Behringstraße in die Alte Welt, sowohl nach Asien und Europa, als auch nach Afrika, wo sich daraus die Zebras entwickelten, und starb gegen Ende der letzten Eiszeit, vor ca. 10.000 Jahren, auf dem amerikanischen Kontinent aus, wahrscheinlich durch Klimaveränderung oder den Einfluss der frühen Menschen (Großwildjäger der Eiszeit, oder Bauern und Viehzüchter des beginnenden Neolithikums, die wilde Tiere aus ihren Lebensräumen verdrängten). Durch die Eroberer kamen die Pferde dann in der heutigen Zeit, nach 1492, nach Amerika zurück.
Im Pleistozän gab es in Europa und Asien diese Verwandten der heutigen Pferde: Großpferd (Equus mosbachensis, E. germanicus etc.), Wildpferd (Equus przewalskii), Steppentarpan (Equus przewalskii gmelini), Waldtarpan (Equus przewalskii silvaticus), Westpferd (Equus przewalskii robustus), Europäischer Esel (Equus hydruntinus), asiatischer Wildesel oder Kulan (Equus hemionus). Inzwischen gibt es nur noch wenige Przewalski-Pferde, die aus Zoos in der Mongolei wieder ausgewildert wurden, und die asiatischen Wildesel.
In Südamerika hatte sich eine spezielle Großfauna entwickelt, zu deren Vertretern außer Riesenfaultieren, Riesengürteltieren und Riesenwasserschweinen auch ein Huftier der Ordnung Litopterna namens Macrauchenia gehörte, das ein wenig Ähnlichkeit mit einem Kamel oder Lama gehabt haben könnte, aber mit einem Rüssel, der mit dem eines Tapirs verglichen wird. Es hatte Nasenöffnungen oben auf dem Kopf, so dass zunächst vermutet wurde, dass es eventuell schwamm und sie zwischendurch zum Luftholen wie das Atemloch der Wale und Delphine benutzte, wahrscheinlich ist aber, dass es einen tapirähnlichen oder wie auch immer gestalteten Rüssel hatte, dessen Nasengänge bis zur Oberseite des Kopfes führten. Auch der Rüssel der Elefanten führt zu einer sehr hoch angesetzten Nasenöffnung im Schädel, und kann beim Schwimmen als Schnorchel eingesetzt werden. Der Elefantenrüssel besteht aus fast 40.000 Bündeln von Längs- und Ringmuskeln und ist deshalb sowohl sehr biegsam als auch dehnbar, er dient als Riechorgan, Tastorgan, Greifhand, beim afrikanischen Elefanten mit zwei "Fingern" an der Spitze, beim asiatischen mit nur einem. Außerdem zur Hilfe bei der Nahrungsaufnahme und bei der Kommunikation zur Verstärkung der Töne, und durch Gesten, die mit dem Rüssel ausgeführt werden.
Ob wohl einige dieser Huftiere mit Rüsseln in der Nähe der Siedlungen der frühen Menschen gelebt haben? Die südamerikanischen Großtiere starben ebenfalls gegen Ende der letzten Eiszeit aus. Der Tapir ist ein heute noch existierender urtümlicher Verwandter der frühen Pferde, er kann gut schwimmen und ernährt sich von Blättern, die er mit dem Rüssel von den Zweigen rupft.
 
Die Huftiere (Ungulata) werden eingeteilt in die Paarzeher (Artiodactyla: Schweine, Flusspferde, Hirsche, Kamele, Giraffen, Rinder, Büffel, Antilopen, Ziegen, Schafe, Gnus) und Unpaarzeher (Perissodactyla: Nashörner, Tapire, Pferde).
Weltweit gehören heute zur Familie der Pferdeartigen (Equidae) in der Gattung Equus die Esel, Zebras und die echten Pferde.
In der Untergattung Asinus (Esel):
der afrikanische Wildesel (Equus africanus), zur selben Art gehört auch der Hausesel, und der asiatische Wildesel (Equus hemionus), von manchen Forschern auch nach Regionen unterteilt in die drei Arten Kulan (Equus hemionus), Mongolei; Kiang (Equus kiang), Tibet, Nepal, Sikkim; Onager (Equus onager), Iran, Usbekistan, Turkmenistan.
In der Untergattung Equus (Echte Pferde):
das Mongolische Wildpferd oder Przewalskipferd (Equus przewalskii przewalskii) und das Europäische Hauspferd (Equus caballus).
Bis vor wenigen Jahrhunderten auch noch:
der Steppentarpan (Equus przewalskii gmelini, Rückzüchtungsversuch im 20.Jahrhundert) und der Waldtarpan (Equus przewalskii silvaticus, um 1800 vom Menschen ausgerottet).
Und drei Zebra-Arten, zu verschiedenen Untergattungen gehörend:
das Steppenzebra (Equus quagga), das Bergzebra (Equus zebra), das Grevy-Zebra (Equus grevyi).
 
Bei den Hauspferden gibt es recht unterschiedliche Größen und Erscheinungsbilder, z.B. das große, schon seit der Zeit der Römer und den darauf folgenden Jahrhunderten bekannte Friesenpferd (die von diesen und anderen Pferden begangene Friesenstraße führte von der Nordsee über die heutigen Städte Bremen, Osnabrück und Münster bis in den Süden zum Rhein), bei dem manchmal sogar eine Abstammung von den steinzeitlichen Pferden Equus robustus oder Equus mosbachensis angenommen wird.
Das Mosbachpferd (Equus mosbachensis) war das erste echte Pferd der Gattung Equus in Eurasien, im Mittelpleistozän, es ist benannt nach dem ersten Fundort der Fossilien, wurde aber später auch im ganzen eurasischen Raum gefunden. Es soll eine Widerristhöhe von 1,58 gehabt haben, und wurde wohl deshalb Großpferd genannt, weil spätere europäische Wildpferde kleiner wurden, eventuell durch schlechtere Lebensbedingungen zu Zeiten der Gletscherbildung und Vereisung vieler Gebiete.
Dies ist also ein Vorfahr und schon recht naher Verwandter der heutigen Pferde, normalerweise wird aber bei den Hauspferden eher eine nahe Verwandtschaft mit den Przewalskipferden oder den russischen Steppentarpanen angenommen, die etwas kleiner sind.
Bereits im 5-3. Jahrtausend v.Chr. sollen in Nordchina Hauspferde gehalten worden sein, durch die Menschen der Yangshao-Kultur.
 

Links:
http://www.merian.fr.bw.schule.de/Beck/skripten/13/bs13-55.html
http://home.germany.net/101-86644/Beutler.html
http://www.egbeck.de/skripten/13/pferd.html
http://www.reiten.de/Evolution/evolution.html
http://www.ride4fun.de/Evolution/evolution.html
http://www.faunistik.net/BSWT/MAMMALIA/UNGULATA/EQUIDAE/equidae.html
http://www.bbc.co.uk/beasts/evidence/prog5/page3.shtml