Zum InhaltsverzeichnisVirtuelles Magazin 2000 

Annette Bültmann
 
Denkende Maschinen?
 
Wissenschaftler aus den Bereichen Künstliche Intelligenz, Robotik und Nanotechnologie trafen sich am 1.April 2000 an der Universität Stanford, um die Frage zu diskutieren, ob "spirituelle Roboter" bis zum Jahr 2100 den Menschen ersetzen werden; diese Frage wurde den Teilnehmern gestellt vom Kognitionswissenschaftler Douglas Hofstadter, es diskutierten Forscher und Publizisten wie Hans Moravec (Robotics Instititue der Carnegie Mellon University), Ray Kurzweil (Computerwissenschaftler am MIT in Cambridge), Kevin Kelly (Wired-Redakteur) und Bill Joy (Mitbegründer von Sun Microsystems); der letztere sieht in der Entwicklung von intelligenten Maschinen Gefahren, ähnlich wie im Bereich der Gentechnologie: die Freisetzung von sich fortpflanzenden und mutierenden Robotern könnte zur Bedrohung werden. Anders als Ray Kurzweil, der eher optimistisch in die Zukunft blickt und erfreut das "Zeitalter der spirituellen Maschinen" (Titel seines Buches, in der Originalausgabe: The Age of Spiritual Machines) anbrechen sieht.
"Spirituelle Maschinen"
Der Robotik-Forscher Hans Moravec glaubt, dass in der Zukunft Maschinen jeden Beruf ausüben werden können, und dass sie den Cyberspace und den Weltraum als Lebensräume besiedeln werden.
"Die Evolution postbiologischen Lebens"
Er stellt aber auch eine "Diskrepanz zwischen Programmen, die schlußfolgern, und Programmen, die wahrnehmen und in der Welt handeln" fest, die ersteren sind bereits sehr viel weiter fortgeschritten, und in vielen speziellen Bereichen inzwischen Menschen überlegen, z.B. im Schachspiel. Die Steuerung von Robotern ist immer noch problematisch, und ihre Bewegungen sind oft unbeholfen. Hans Moravec erklärt das dadurch, dass die Fähigkeit zur Wahrnehmung und zum Handeln und zur Bewgung in einer Umwelt sich über Hunderte von Jahrmillionen evolutionsmässig entwickelt hat, wohingegen das rationale Denken, wie es für das Schachspiel benötigt wird, eine in Zeiträumen der Evolution relativ neue Fähigkeit ist, die der Mensch noch nicht sehr gut beherrscht.
Ob Maschinen Bewusstsein entwickeln werden, fragte man sich schon in den 60er Jahren.
Ein frühes Experiment in Sachen künstliche Intelligenz war der Vorläufer heutiger Chat-Roboter, Dr. Eliza. Das Programm wurde von Joseph Weizenbaum am MIT (Massachusetts Institut von Technologie) zwischen 1964 und 1966 entwickelt, das eine Psychotherapeutin simuliert. Weizenbaum sieht die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz aber eher kritisch, und das Experiment diente wohl eher dem Zweck, darzustellen, wie leicht einem Programm Intelligenz unterstellt werden kann - Dr.Eliza, ursprünglich ein Sprachanalyseprogramm, unterhält sich in englischer Sprache scheinbar mit Patienten, mit einfachen sprachlichen Mitteln, es sucht nach Schlüsselbegriffen, und stellt Fragen, wie "What does that suggest to you?" "Are you saying no just to be negative?"
Weizenbaum war überrascht, als viele der Testpersonen tatsächlich an ein Interesse des Programms an ihren Problemen glaubten; seine Sekretärin, die seine Arbeit und also auch die Arbeitsweise des Programms kannte, bat ihn schonmal, den Raum zu verlassen, während sie mit Dr.Eliza chattete... Weizenbaum schreibt: "Eliza schuf in den Köpfen vieler Leute, die mit ihr ein Gespräch führten, die höchst bemerkenswerte Illusion, sie sei mit Verständnis begabt. Personen, die genau wußten, daß sie es mit einer Maschine zu tun hatten, vergaßen diese Tatsache schnell, genau wie Theaterbesucher ihre Zweifel bald beiseite schieben und vergessen, daß die Handlung, der sie beiwohnen, nicht wirklich ist." (Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft, Frankfurt am Main 1978)
Eliza kann auch im Netz getestet werden: "ELIZA - a friend you could never have before"
1950 stellt der Britsche Mathematiker Alan M.Turing in dem Artikel Computing Machinery and Intelligence die Frage, ob Maschinen denken können, und wie das festgestellt werden könnte.
Er schlägt vor, dass, wenn ein Mensch in einem Dialog die Antworten eines Computers nicht von denen eines Menschen unterscheiden kann, dann der Begriff "Denken" verwendet werden kann.
Der Loebner-Prize wird seit 1990 vergeben, habe auf einer Website gelesen, dass der Loebner-Prize fast jährlich die Location wechselt, wohl, weil er meist unter einer Art Organisations-Chaos leidet...
"Over the 11 years of its existence the Loebner competition has taken place in nine locations, including the Boston Computer Museum, the London Museum of Science, Dartmouth College, Flinders University of South Australia and, during a particularly dark period in the prize's short history, in the billiard room of the private Salmagundi Club in New York City, of which Loebner is a member."
salon.com: "Artificial stupidity"
Vor einigen Jahren wurde dann mit dem London Museum of Science ein Vertrag geschlossen, dort sollte der Loebner-Prize nun 44 Jahre lang vergeben werden. Nach einer Veranstaltung annulierte das Museum den Vertrag. 2002 fand er dann in Atlanta im Institute of Mimetic Science statt, und für 2003 hat die University of Surrey (U.K.) die Veranstaltung übernommen, die dort am 18.10. stattfand.
Der Preis wird vergeben an den Chat-Bot, der die menschlichen Schiedsrichter zu mindestens 20% davonüberzeugt, dass sie mit einem Menschen chatten. Wer sie zu 100% überzeugt, kann den Hauptpreis und die Goldmedaille gewinnen, dies ist bisher aber noch nicht gelungen.
Das wundert mich nicht. Habe mal mit Fred (Functional Response Emulation Devices), dem aktuellen, von Robby Garner programmierten sowohl Vorläufer als auch Nachfolger des Chatbots Albert One, Gewinner es LoebnerPrize 1999, gechattet. Zu einem kurzen Auszug der Turing-Biografie, der auf der Website des Autors Andrew Hodges veröffentlicht ist, "The only fair use of language, in Alan's view, was to apply the same standards, the standards of outward appearance, to the machine as to the brain. In practice, people said quite nonchalantly that it was 'doing arithmetic'; they should also say that it was playing chess, learning, or thinking, if it could likewise imitate the fucntion of the brain, quite regardless of what was 'really' happening inside. Even in his technical proposals, therefore, they lay a philosophical vision which was utterly beyond the ambition of building a machine to do large and difficult sums. This did not help him to communicate with other people." meinte das Programm: "Thanks for telling me that gossip. I will remember it."
Der Gewinner des Loebner-Prize 2003, vergeben am 18.10., ist Jabberwock von Jürgen Pirner aus Hamburg, zweiter wurde Elbot, auch ein Hamburger. Interessant ist auch das Experiment, zwei Chatbots miteinander sprechen zu lassen, mit Jabberwock und Elbot, und auch anderen bekannten Chatbots, wurde das bereits ausprobiert.