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Am 7.3.2003 fand im Kunst- und Medienzentrum Adlershof die Eröffnung der Ausstellung "Der Große Ausdruck" statt. Der Titel ist sowohl inhaltlich als auch formal zutreffend, ausgestellt werden Prints von mindestens 1 x 1 Meter Größe, und sie beschäftigen sich inhaltlich mit der großen Geste, dem Großartigen, Beachtenswerten, Beeindruckenden.

Dr. Detlef Roth

Eröffnungsrede KUBO-Kunstpreis 2003
7.3.2003 Kunst- und Medienzentrum Adlershof

1. Wie wird man größer ?
2. Die Frauen halten den Schirm
3. Vielen Dank
4. Die Fotografie und die Ausschreibung
5. Die Jury und ihre Entscheidung
6. die Unterschiede zwischen Bremen und Berlin
7. Die Preisübergabe hat schon stattgefunden

 

1. Wie wird man größer ?

Vor 8 Wochen zur Eröffnung und Preisverleihung in der Städtischen Galerie hieß die Frage noch "Wie macht man Bremen größer?" Diese Frage ist für Bremen enorm existenziell. Wie kann man sich vergrößern, ohne in der Nacht die Landesgrenze zu verschieben? Auch Berlin kennt diese Frage, haben doch Brandenburg und Berlin bereits einen Versuch zu diesem Thema gestartet. Wenn die Modelle feindliche Übernahme oder Fusion ausfallen, so bleibt doch immer das Beste: die Partnerschaft. Sie läßt uns wachsen, uns größer werden, sie steigert Potentiale - vielleicht nicht ewig, aber einzig. KUBO hat einen Partner gesucht. Wir haben mit dem Kunst- und Medienzentrum Adlershof in Berlin - einen kompetentes Gegenüber auf dem Gebiet der Fotografie gefunden.
Hier im KMZA, mit dieser zweiten Ausstellung, wird diese Partnerschaft erst komplett. Es sind die gleichen künstlerischen Werke und doch ist es nicht die gleiche Ausstellung. Der Vergleich erfolgt vor Berliner Folie, aber auch hier addieren sich die Arbeiten der Bremer und Berliner Künstler erneut zu einer Gesamtschau. Hier sind alle etwas größer als die Summe.

2. Die Frauen halten den Schirm

Beim KUBO-Kunstpreis halten nicht die Männer den Schirm. Zwei Frauen übernahmen die Schirmherrschaft. Frau Dr. Kerstin Kießler, die Bevollmächtigte Bremens in Berlin, für Europa und Entwicklungszusammenarbeit sowie die Bezirksstadträtin für 8ildung, Kultur und Schule von Treptow-Köpenick in Berlin, Frau Eva Mendl. KUBO und KMZA genießen also Unterstützung. Zum Glück, denn diese Art von Austausch, diese Art von Partnerschaft ist nicht einfach herzustellen, und doch wachsen daraus neue Ideen auch für andere Vorhaben. Umso schöner, dass Frau Mendl und Frau Dr. Kießler die Schirme aufgespannt haben. Herzlichen Dank. Es freut mich besonders, dass Frau Dr. Kielßler heute zur Eröffnung der Ausstellung nach Adlershof gekommen ist, dass sie quasi die Bremer Landesvertretung mitgebracht hat.

3. Vielen Dank

Mein besonderer Dank gilt natürlich den beteiligten Künstlerinnen und Künstlern. Und zwar nicht nur den hier Ausstellenden, sondern gerade auch den nicht Einjurierten, die durch ihre Teilnahme ebenso zum Gelingen des KUBO-Kunstpreises beigetragen haben.
Ein weiteres Dankeschön richtet sich an den Kreis der Spender. Es sind gerade die zahlreichen kleinen, privaten Spenden, aus denen das Preisgeld finanziert wird und die unsere Arbeit bestätigen.
Ich bedanke mich auch bei Frau Wagner von der Bremer Landesvertretung, besonders für ihre Anerkennung und Aufmerksamkeit, die sie unserer Arbeit entgegenbringt.
Und ich danke dem Leiter des KMZA, Longest F. Stein - meinem Berliner Partner, für das Vertrauen in einen zunächst fremden Kunstpreis.

4. Die Fotografie und die Ausschreibung

Die Fotografie ist seit Jahren in den Museen zu sehen, längst nicht mehr als dokumentarische oder als Reportage, sondern als Kunst. Sie ist subjektiver geworden, was sie schon immer war, aber erst seit wenigen Jahren darf sie ungeniert diese Rolle einnehmen. Die Fotografie hat Bilder gefunden, inszeniert, konstruiert und manipuliert. Heute ist das deutlicher denn je, die Fotografie erfindet Bilder - und das macht vor allem die künstlerische Fotografie aus.
Der Kubo Kunstpreis bietet ein Forum für künstlerische Fotografie. Die Großformatige Fotografie bestimmt seit Jahren die Kunstwelt. Mit unserer Ausschreibung ,,Der Große Ausdruck" interessieren wir uns für das Großartige, das Beeindruckende, das Souveräne. Und wir wollten keine kleinen Fotos, sondern großformatige Fotografie. Also mindestens 1 x 1 Meter - und Sie sehen auf diesen Wänden, wie klein 1 Meter ist.
Man könnte glauben, dass die Frage "wie man größer wird", auch für KUBO eine existentielle Bedeutung hat. Warum sonst kämen wir auf das Thema "der Große AusdrucK"? Vielleicht ! Aber in erster Linie haben uns die Antworten der Künstlerinnen und Künstler interessiert.
KUBO hat für die Bremer Künstlerinnen und Künstler öffentlich ausgeschrieben und das KMZA besorgte dasselbe in Berlin. Der Preis geht zu gleichen Teilen an Bremer und Berliner Künstler und Künstlerinnen.

5. Die Jury und ihre Entscheidung

Die Jury:
Berlin: Dr. Ronald Berg, Kunstkritiker und Journalist
Claudia Stein, Herausgeberin der Zeitschrift photography now
Longest F. Stein, KMZA Adlershof und
Bremen: Ele Hermel, Künstlerin, KUBO Bremen
Prof. Robert van de Laar, Fachhochschule Ottersberg
Dr. Katerina Vatsella, Kunsthistorikerin und Ausstellungsmanagement.

Acht Stunden intensive Beschäftigung mit den eingereichten Arbeiten und Diskussion über Fotografie. Acht Stunden mit dem Ergebnis von 23 Plazierungen und 2 Preisträgern. Einen Riesendank an die Jurymitglieder für ihre engagierte und kenntnisreiche Arbeit.
Die Jury begründet ihre Entscheidung:
Der Berliner Künstler Kurt Buchwald bekommt den KUBO-Kunstpreis zugesprochen. Seine Arbeit "in viaggio" erzählt eine Bildfolge, die als Gesamtbild funktioniert. Das Gesamtbild setzt sich kleinteilig zusammen, ohne jedoch eine Abfolge zu erzwingen. Die Arbeit gewährt genügend Offenheit, um im Kopf des jeweiligen Betrachters die je eigene Geschichte entstehen zu lassen. Die Bilder leben aus ihren Ausschnitten, geradezu aus ihren ungewöhnlichen bis absurden Perspektiven und könnten nebenbei auf lomographische Zufallskompositionen anspielen. Es ergibt sich eine beindruckende Erzählung.
Die Bremer Künstler Anna Solecka und Wolfgang Zach bekommen den KUBO-Kunstpreis zugesprochen. Ihre Arbeit agiert in außergewöhnlicher Weise im Grenzbereich von manueller und reproduktionstechnischer Kunst . Die beiden Künstler erweitern das Ausgabefeld des fotografischen Prints um die haptische Technik der traditionellen Kunst. Dies gelingt, indem sie das Foto übersetzen in eine computergesteuerte Plotterzeichnung, mit Graphitstiften auf Büttenpapier. Ihre mit Bleistift gezeichnete Fotografie "Szene 11" überzeugt überdies durch rituelle Gestik und Symbolik, mit der das Thema "Der Große Ausdruck" beantwortet wird.

6. die Unterschiede zwischen Bremen und Berlin

Sicherlich haben Sie auch schon gesucht. Nach den Unterschieden und nach den Übereinstimmungen. Das ist schwer, und wahrscheinlich bleibt doch nur, dass jede Arbeit Kunst ist, jede für sich. Aber das ist auch schön, denn die Sprache der Künstler ist international.
Trotzdem: die Berliner präsentieren mindestens 3 Landschaften, die Bremer überhaupt keine. Aber die Bremer zeigen 7 Portraits, die Berliner höchstens 3. Oder ist eher dies von Gewicht: 6 Berliner benutzen Aluminium als Bildträger, also hochwertigstes Präsentationsmaterial. Und die Bremer? Sie bevorzugen ausschließlich das pure Blatt an der Wand. Wenn das keine Unterschiede sind.

7. Die Preisübergabe hat schon stattgefunden

In Bremen habe ich unter Punkt 7 den Senator angekündigt, der eine Würdigung und anschließend die Preisübergabe vornahm. Leider leider können wir das nicht wiederholen. Der Senator ist nicht anwesend, na und weitere Schecks wären nicht gedeckt.
Stattdessen können wir noch einmal kräftig gratulieren, und wir können die allerwichtigste Anerkennung der Kunst entgegen bringen, nämlich die Arbeiten eingehend betrachten, uns mit ihnen auseinander setzen, die gesamte Ausstellung auf uns wirken lassen. Wir können mit den Künstlern ins Gesprach kommen, und sie miteinander: über die Kunst, die Fotografie, über ein Leben mit der Kunst. Vielleicht finden Sie nicht nur Gesprächspartner, vielleicht entdecken Sie Partner fur Projektgedanken, vielleicht genießen Sie die Möglichkeit des Austausches und Kontaktes zu den Bremern, zu unseren Repräsentanten der Bremer Landesvertretung.
Ich freue mich, wenn aus dieser Veranstaltung weitere Ideen der Partnerschaft erwachsen werden, auf künstlerischer, fotografischer, stadtstaatlicher und letztlich auf menschlicher Ebene - zwischen Bremen und Berlin.


 

KMZA: Der Große Ausdruck
KUBO Bremen

Stefan Fahrnländer,
Versuch über das Fliegen 5 - Tanken, 2002
Lambda-print auf Alu, 100 x 116 cm

Anna Solecka / Wolfgang Zach,
Szene II, 2002
Bleistift, CNC-gesteuert, 155 x 220 cm

Kerstin Drobek,
Heimarbeit I, 2002
Digitaldruck, 152 x 220 cm

Christine Prinz / Claus Hänsel,
Prologation - George de la Tour, 1999
InkJet-print, 150 x 200 cm

Kurt Buchwald,
Großer Index: In viaggio, Rom/Olevano, 2002
Lambda-print, 110 x 210 cm