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Jörg Boström

Engel

Eröffnung einer Ausstellung von Manfred Schnell in der Galerie PIN, Bielefeld, 25.11. 2001 - 29.1.2002

Es hat sie offenbar immer gegeben, die Engel, in fast allen Kulturen. Als Männer mit und ohne Flügel zum Schutz und zu Vertreibung etwa durch die Erzengel Gabriel, Raphael, Uriel, Metatron und Michael mit dem Schwert. Bei den alten Griechen mischen sich Götter und Engel bis zur Ununterscheidbarkeit, Venus wird schaumgeboren von Botticelli umschwebt von pustenden Windgötterengeln. In der Renaissance werden sie zu Kindern, die Putten schwärmen aus. Sie umkreisen die Krippe, den Fürsten und die Kreuzigung. Alle kennen sie, niemand hat sie gesehen. Die Sucht, sie in der Kunst wenigstens sichtbar zu machen, rührt wohl daher, von ihrer penetranten Allgegenwart und gleichzeitigen Unsichtbarkeit. Sie sind immerhin so real, dass sie auch in Meyers Konsevationslexikon und im Internet auftauchen.

Viele Kulturen kennen Engel. Einige davon sind die jüdischen Malaak und die islamischen Malaika, die iranischen Amesha Spentas und Fravashi, die akkadischen Anunnaku und Igigu, die germanischen Walküren, die aztekischen Nagual, der römische Genius für den Mann und die Juno für die Frau.

Engel haben ihre Bezeichnung nach dem Griechischen angelos, das bedeutet "Bote". Sie sind also Boten und Diener Gottes, Mittler zwischen der Gottheit und den Menschen. Sie gelten als die höchste Stufe der Schöpfung in personaler Gestalt. Sie gelten nicht als völlig körperlos, sondern als Gestalten mit einem Körper aus Licht oder Äther, sie haben einen Astralleib oder einen Feuerleib , darauf verweisen die roten Gewänder auf griechischen Ikonen. Die Engel bilden eine hierarchische Ordnung, an deren Spitze oft Erzengel stehen. Als gefallene Engel wie Luzifer, der bekannte Feuerträger, gelten häufig die Mächte der Dämonen.

Im Alten Testament treten Engel als Boten (z. B. 1. Mos. 19,1; Ps. 103, 20) und als Söhne Gottes (Hiob 1, 6) auf. Als besondere Engelnamen finden sich Michael (Daniel 10,13), Gabriel (Daniel 8, 16) und Raphael (Tobias 3, 17). Im Neuen Testament findet sich zusätzlich zu Vorstellungen des Alten Testaments die Gestalt des Schutzengels (Matth. 18, 10) die Engel erscheinen als Begleiter des Messias beim Endgericht (Matth. 16, 27). Der Islam übernahm die Engelvorstellung vom Judentum und Christentum.

Um diese Wesen entwickelte sich eine Engelwissenschaft, eine Angelologie, die neun Ordnungen kennt: Seraphim, Cherubim und sieben weitere.Rings um seinen Thron lobpreisen Gott nach Pseudo-Dionysos gleich neun Engelschöre, der Seher Johannes von Patmos machte insgesamt 101 Millionen Engel aktenkundig. Jesus stehen nach seinen eigenen Worten bei seiner Verhaftung in Gethsemane 12 himmlische Legionen (72.000 Mann) zur Verfügung (Matthäus 26,53).

Immer wieder sind sie Gegenstand der Kunst, diese Zwischenwesen: In frühchristlichen Zeit wurden sie nach dem Vorbild der Genien, nach antikem Vorbild, gestaltet seit dem späten 4. Jh. erscheinen sie als geflügelte Wesen in weißem Gewand. In der byzantinischen und in der abendländischen Kunst tragen sie auch Hoftracht, etwa Purpurmäntel über hellblauem Unterkleid. Cherubim werden etwa seit dem 6.Jh. mit sechs Flügeln dargestellt, zwei und mehr Flügel davon sind oft mit Augen besetzt. Manche Künstler haben die Seraphim auch nur als Kopf mit Flügeln dargestellt.

Was treibt Manfred Schnell zu den Engeln? Was treibt er mit den Engeln? Ein Künstler wie er arbeitet mit allen Werkzeugen die sich ihm anbieten , mit Stiften und Pinseln, mit Bürsten und Sägen, mit Wachs und Holz, mit Sand und Pappe, mit Gestik und Suggestionen - und er arbeitet an unterschiedlichen Inhalten, vielfach in politischer und mythologischer Verschränkung. Auf großen Flächen, auf kleinen Papieren, bildet er die Masken und Figuren, die Farbsplitter und Lineamente. Auch dies nicht genug, ergänzt er oft mit klanglicher Performance seine stummen Bildmythen. Das ist mir immer wieder im Auge, Schnell, der angebliche Realist, und seine mir immer wiederrätselhafte, in unserer Zeit schwer begreifliche mystische Seite. Immer wieder greifen in die Bilderwelt des Manfred Schnell urtümliche Formen und Figuren der menschlichen Frühgeschichte ein. Sie tauchen auf wie aus den tieferen Schichten der Psyche, von dem in kunsthistorischen Studien geschulten Künstler modern reflektiert und kaleidoskopisch gebrochen.

"Hephaistos"; eine 62 Meter sich hinstreckende Skulptur und Montage von Manfred Schnell verbindet modernen Metallbau mit seinen mythischen Ursprüngen.

Die freie Presse in Bielefeld ehrt er mit einer in Holzplatten gefrästen Bildfolge von Masken. Masken offenbaren Inhalte, indem sie diese verdecken. Dieses Spiel macht einen grosen Teil der Wirkung von Kunst aus und einen großen Teil des Versteckens eben dieser Wirkung. Die Presse als Maskenspiel.

Historisches Zitat und künstlerische Aneignung gehen ineinander über, etwa wenn man in den Bielefelder Untergrund steigt und unvermittelt in einem kultischen, imaginären Kreta landet, das von zugespitzten Stadttypen belächelt wird, die "Sternenfischer" oder wenn man im Park der Spinnerei herausgesägte mumienartige Figuren zerfallen sieht, die den Anstieg der Cheopspyramide um 51, 52° in den Himmel gezeichnet von Metallspitzen beobachten in alle Ewigkeit, wenn an den in dieser Gegend geisternden Wittekindmythos erinnernden Speere in Steinen stehn in einem rituellen Kreis oder wie für die Ewigkeit gespannte Bogen in Dreiecksform zugeordnet mit ihren Pfeilen ein imaginäres Ziel im Raum über ihnen immer wieder und wieder zu erreichen suchen. Schnells Installationen bauen Rätsel auf mit konkretem auch historischen Material.

Hier soll ich zu einer Ausstellung etwas sagen - über Wesen, die ich noch nie gesehen habe ...Engel. Sind Sie schon mal einem begegnet? Einige von Schnells Engeln sehen aus auf diesen Bildern wie vergrämte Zirkeldamen, mit spitzen verbitterten, zerknitterten Gesichtern, einige in lächelnder, ältlicher Süsse, in durchsichtigen Rüschenblusen transparent verhüllt. Sie tuscheln anscheinend ratlos miteinander. Offenbar haben sie das Ihrige nicht beitragen können zur Heilung dieser geisteskranken Welt.

Einer - ein Engelmann wie in der Frühzeit der Bibel - hat einen riesigen Körper und einen winzigen Kopf - ganz ohne ginge es ihm glaube ich noch besser, bei dieser deprimierenden Arbeit. Er scheint Wache zu stehn vor einem Paradies, das die Menschenpaare nie wieder betreten dürfen.

Eine kleine Engelbande schwebt in variablen Kreisen in einem Mobile.

Ein Kopf, der auch so etwas wie Hörner hat, offenbar von der luziferischen Gruppe, kreist neben einem Lichtknäuel wie ein Gestirn.

Zwei Figuren - Engel und Mensch? - verschlingen sich wie in einem Liebeskampf:"Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn."?

Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder - Kunst macht sichtbar, behauptet Paul Klee --- aber was eigentlich?? Diese Wesen zwischen Menschen- und Götterwelt, die noch keiner meiner Bekannten gesehen hat, - oder haben Sie jemals einen gesehen? - bevölkern unsere Vorstellung lange vor Jesus und Mohamet und lange danach. Sind das Sehnsüchte nach besseren Menschen, nach besserem Schutz, nach besserer Liebe, wie sie sich z.B. die islamistischen Selbst- und Massenmörder ersehnen von den ihnen versprochenen 72 oder wieviel Jungfrauen? Was wollen die wohl alle anfangen mit einem einzigen politisch verwirrten Verbrecher - und umgekehrt?

Vielleicht sind auch Manfred Schnells Engel so verbittert, weil sie von den Menschen nur Brutalität und Idiotie vorgesetzt bekommen und das auch noch in höherem Auftrag irgendwie ausgleichen sollen.

Im alten Testament sind sie fast immer Soldaten - himmlische Heerscharen. In der Offenbarung des Johannes veranstalten sie ein Gemetzel nach dem anderen. Die Monster, mit denen sie kämpfen, sind genau beschrieben, wieviele Köpfe, Schwänze, Schlangenzähne, Kronen, Flammen woraus und wohin, bei den Engeln aber ist nur vom zweischneidigen Schwert die Rede.

Gibt es sie auch im alten Ägypten - ist die Sphynx ein Engel, geflügelter Löwenleib und Frauenkopf? Die alttestamentarischen Engel wirken männlich, stark, brutal. Auch in der griechischen Antike waren die Engel stark und erwachsen, sehr erotisch auch die weiblichen in der Ausstrahlung.

In der Bibel gibt es ganze Hierarchien mit unterschiedlicher Anatomie und Funktion, in der Renaisance tauchen sie oft auf als wunderschöne Frauen mit zarten Gesten, ein Männertraum.

Seit dieser Zeit sind sie aber auch wieder zu Kindern geworden, welche offenbar mit nackten Popos über den Kardinälen schweben dürfen, ohne sündhaftes Begehren zu provozieren -- oder etwa doch? Die Babyengel können erstaunlich viel, ausser singen spielen sie noch die wichtigsten transportablen Instrumente, stemmen Girlanden und streuen Blumen.

Schnells Engel sind längst aus dem Alter heraus. Sie stellen sich wohl wieder männlichen Fantasien zur Verfügung, diesmal allerdings über Frauen, die man so besser nicht um sich möchte, jedenfalls nicht in grosser Zahl. Wie gut, denke ich, dass es sie nicht gibt.

"...und dem Engel der Versammlung von Pergamon schreibe" - sagt Jehova zu Johannes in seiner Offenbarung- "diese Dinge sagt der, der das scharfe, lange, zweischneidige Schwert hat, ich weiss wo du wohnst, nämlich wo der Thron des Satans ist... dem der siegt, will ich etwas von dem verborgenen Manna geben und ich will ihm einen weissen Kieselstein geben und auf dem Kieselstein ist ein neuer Name geschrieben, den niemand kennt ausser dem, der ihn empfängt.."- nun ja, auch diese Offenbarung bleibt geheimnisvoll.

Aber auch eine Kunst, die diesen Namen zurecht trägt, behält nun einmal seine letzten Geheimnisse für sich, sogar dem Künstler selbst bleibt sie im Kern verschlossen.

Wie hinter Zeichen und Chiffren, hinter anscheinend erklärbaren und dann wieder rätselhaften Mythen verschwindet Manfred Schnell sanft und freundlich, um plötzlich bildhaft und buchstäblich mit der Axt in der Hand oder einer Kettensäge wieder aufzutauchen -oder wie hier, als klassischer Maler mit Pinsel, Farbe und Leinwand. Weder in der Kontinuität einer Technik oder eines ästhetischen Programms noch in der Ablesbarkeit einer Bildbiograhie ist diese Künstler zu fassen. Er entzieht sich der Einordnung. Lasst also auch diese Engel in Frieden, lasst sie frei schweben, sie sollen nicht zu fassen sein und uns dienen sie immer wieder als Warnung, als Boten, als Schutz, und als Malerei.

Der Erzengel Gabriel führt Mohamet ins Paradis, persiche Handschrift, 15. Jahrhundert

Relief an der Kathedrale von Orvieto, Vertreibung aus dem Paradies, um 1340

Hugo van der Goes, Anbetung der Hirten, 1476-78

Mathias Grünewald, Verkündigung, um 1513 -1515

Seraphim und Cheribim, Mosaik im Gewölbe der Apsis, Dom in Cefalù, Sizilien, um 1148

Man muss schon den Bogen der Sinnverbindungen bei Manfred Schnell schon sehr weit spannen, um in einer Art von bildhaftem aber beweglichem System einige Orientierungwege zu finden, die entstanden sind, weil er sie mehr als einmal begangen hat. Von Mythos und Medien, von Plastik und Politik, von Handwerk und Mystik, von Inszenierung und Bild. Kollektive und persönliche Mythen gehen anscheinend gleichmütig auseinander hervor, gegenwärtige gesellschaftliche und politische Bedrückungen erscheinen in archetypischer Gestaltung, tauchen auf und verbergen sich zugleich.

Da ich noch immer keine Verbindung zu Engeln gefunden habe, lasse ich mich beraten aus dem technischen Himmel des Internet. Da wird eingeladen zu einer Engelmeditation:

"Jeder von uns hat Kontakt zu den Engeln!

Lichtwesen umgeben uns meist unbemerkt, oder begleiten uns durch unsere Träume.

Im Gebet und in der Natur könnt ihr aber direkten Kontakt aufnehmen!

Erzengel Gabriel

Die Engelmeditation

Nimm Dir 1-2 Stunden Zeit für folgendes Ritual:

Bade Dich in Rosenöl und kleide Dich in weiß!

Entzünde eine Kerze und brenne Räucherwerk an, am Besten nimmst Du dazu Weihrauch. Ruhige leise entspannende Musik kann hilfreich sein.

Legt euch einen Notizblock bereit!

Erzengel Michael

Setze Dich ruhig zum Gebet und zur Meditation entweder bequem auf einen Stuhl oder ein Meditationskissen.

Wichtig ist es gerade zu sitzen und seine Gedanken ziehen zu lassen.

Dazu beginne mit folgender Übung:

Zuerst tief ausatmen.

Langsam einatmen und zwar zuerst in den Bauch, dann in den Oberkörper bis in die Schultern.

Dabei bis 7 zählen! Nun den Atem anhalten und bis 7 zählen. Tief ausatmen, von dem Schulter über den Brustkorb aus dem Bauch heraus. Dabei wieder bis 7 zählen.

Diesen Zyklus des Einatmens, Atem anhaltens und ausatmen bitte 3 mal wiederholen!

Danach bitte kräftig durch den Mund ausatmen, und in Folge kräftig durch die Nase einatmen. Diesen Zyklus nun auch 3 mal wiederholen.

Danach einfach den Atem ziehen lassen und alles loslassen.

Erzengel Metatron

Nun wollen wir beten und die Erzengel um ihre Hilfe bitten:

Gabriel, Metatron, Michael, Raphael und Uriel. Ruft sie einzeln an, die Bilder hier sollen euch dabei helfen.

Es sind aber künstlerische Darstellungen von Menschenhand. Kaum werden sie euch so erscheinen, sind es doch Lichtwesen!

Habt bitte Geduld, geistige Erkenntnisse und Erlebnisse kann man nicht erzwingen. Sie sind ein Akt der Gnade Gottes!

Erzengel Raphael

Hüllt euch ein in rosa Licht, lasst dieses Licht durch euer Herz einfliessen und dann durch die Wirbelsäule fliessen.

Danach erfüllt euren Körper und die Aura mit dem rosa Licht. Sendet allen Wesen Liebe und Licht! Bittet die Engel um ihre Hilfe.

Blicke in das Kerzenlicht und spüre die Nähe deines Schutzengels. Öffne dein Herz weit, lege deine Hände über das Herz und verbinde dich mit der Energie der Engel!

Nun lasst goldenes oder weisses Licht vom Himmel über euch ergiessen und bittet die Engel um die Erkenntnis von Liebe und Licht!

Erzengel Uriel

Lasst euch viel Zeit dazu und verbindet euch mit eurem Herzen und eurem Sein mit den goldenen Engelenergien!

Lauscht auf euer Herz und schreibt nun eure Eindrücke nieder. Stellt eure Fragen und schreibt intuitiv nieder, was euch in das Bewusstsein steigt und seid dankbar dafür!

Wenn ihr das Gefühl habt, die Energie ebbt ab, dann bedankt euch bei den Erzengeln und euren Schutzengeln.

Sendet allen Wesen Liebe und Licht. Seid dankbar und gönnt euch Friede und Harmonie!

Bewahrt die Erkenntnisse der Engel in eurem Herzen und sprecht mit Ihnen so oft und wo immer ihr wollt!

Ich sende euch allen Liebe, Licht, Erkenntniskraft, Harmonie, Friede und Freude!

Nun öffnen wir die Augen.

Was sehen wir an den Wänden - Engel, Engel, Engel - lassen Sie sich ansprechen, sprechen Sie mit ihnen.