Zum InhaltsverzeichnisVirtuelles Magazin 2000 

Jürgen Harten

Jörg Boström - ein 68er?

 

Wissen Sie, lieber Jörg Boström, was mir als erstes einfällt, wenn ich nach so vielen Jahren an Sie denke? Daß unser guter Thwaites damals, als Sie mit PSR gegen Bürokratie und Beschönigungskultur protestierten, sagte, “aber“ mit Ihnen könne man vernünftig reden.

Wir haben uns seitdem aus den Augen verloren (oder?). Waren Sie eigentlich ein typischer 68er? Auch Leute, die es “so“ nicht waren, haben, wie Marcel Broodthaers, Medienkritik betrieben. Wissen Sie noch: “Ceci n’est pas un oeuvre d’art“? Danach kam, auf Szeemanns documenta, die “Section publicité“ mit Broodthaers’ Eingeständnis, daß die Adler nur in der Werbung ihre “Magie“ entfalten. Wenig später notierte er, kaum glaube er mehr, daß Kunst irgendeinen moralischen oder politischen Einfluß habe.

Und heute? Stimmt es, daß die kommunikationstechnologisch fortgeschrittene Medienwirtschaft sich längst den anti-institutionell emanzipatorischen Elan von damals angeeignet hat? “Fakten, Fakten, Fakten“, nach diesem Dreh funktioniert das Faktum selbst als Umsatzfaktor. Und doch, wer wollte in der Forderung nach Fakten und ihrer Verbreitung nicht ein Gegengewicht gegen Illusionen und Simulationen erkennen. Vielleicht besteht der Ausweg darin, daß wir uns weigern zu überlegen, wieviel Einheiten es kostet, jemanden einen guten Morgen oder Glück und Gesundheit zu wünschen. Oder finge damit die Verschwendung schon an?