Virtuelles Magazin - Ausgabe 2 - 2000

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Steht das Fernsehen als Medium für Flüchtigkeit und Emotion, so besetzt die Fotografie ein Feld der Dauer und Reflexion. 
Der Blick nach Osten ist bei aller sichtbaren Enge für uns offenbar auch von einem Gefühl der Öffnung neuer Chancen verbunden mit Sehnsucht nach Veränderung und dem Wechsel 
neuer Möglichkeiten. Wir haben eine kindliche Abhängigkeit von Autoritäten und eine unglückliche, aber dauerhafte Liebe zur Restauration. Soziale Kunst, wie jede andere, hat immer etwas an sich von einem kleinen Wunder, und Verwunderung. 
"Es ist der Mensch, der sich erinnert - nicht das Gedächtnis", schreibt Christa Wolf in "Kindheitsmuster". Es ist auch nicht die Kamera. Aber sie stellt Erinnerungsbilder zur Anschauung.
Wer der Wirklichkeit des Sichtbaren mit der Kamera auf den Leib rückt, wird wissen, daß er diese zugleich wiederholt und umformt. Eine Fotografie ist so etwas wie ein verzerrtes, eingefrorenes Echo. Von einem langen Text bringt sie nur die letzte, verzogene Silbe. Sie stellt diese aber zur langfristigen Betrachtung zur Verfügung. Die sterbliche Haut fasziniert die Fotografie. Sie ist süchtig nach Oberfläche, welche Zeit und Zerfall sichtbar macht. Die Fotografie gibt Oberfläche wieder, besser als jedes andere Medium. Ihre Oberflächenbilder zeigen mehr, als sich selbst. Aus anscheinend realen Szenen werden Bilder, aus Bildern gestalten sich in unserem Bewusstsein Symbole. 
Welche Symbolik, welche Zeichensprache fügt Martin Brockhoff zusammen? Er ist ein Fotograf mit feinen Nerven und einem empfindlichen Gefühl für Szene und Moment. Brockhoffs Bilder zeugen von einer Haltung aus Abstand und Takt. Er setzt seine BIlder behutsam aus Beobachtungen zusammen, fügt zu klaren Kompositionen, was sich vor seinem Auge in flüchtigen, vorüberziehenden Szenen entwickelt. 
In der fotografischen Arbeit von Martin Brockhoff erhält sie zudem ein Gesicht, das durch soziale Sensibilität, Empfindung für Grenzsituationen, für Umbruch und Fremdheit geformt ist und das in seiner Prägung der fotografischen Schule Bielefeld nahesteht, aus der er stammt. 
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