Virtuelles Magazin - Ausgabe 1 - 2000

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Jörg Boström zur Eröffnung der Ausstellung
Vier fotografische Wirklichkeiten
im Schlossmuseum Quedlinburg, vom 7.4-18.6.2000
Fotografien von Jörg Boström, Jürgen Escher, Christoph Gödan, Jürgen Heinemann
 
Fotografien, wie wir sie Ihnen in dieser Ausstellung vorstellen, sind Sichten auf einen Ausschnitt der Realität und immer sind es Welten, Dinge, Menschen die uns betreffen. Die Fotografie in unseren Arbeiten ist nicht so sehr ein Fenster, durch das wir blicken, sondern eine Sicht und Bildform, die wir gestalten. Im fotografischen Bild begegnen sich die Existenz des Fotografen mit der uns umgebenden und manchmal auch bedrängenden Realität. in diesem Sinne ist sie Dokument der Sicht sowohl wie der Fakten. Die Fotografen dieser Ausstellung sagen nicht so ist - oder so war es, sie sagen mit ihren Bildern so haben wir es gesehen oder besser - so haben wir es zu Bildern geformt. 
 
Jürgen Eschers fotografisches Thema, das Leitmotiv seiner Arbeit, ist die Würde, die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens. Er arbeitet als Fotograf vorwiegend in der Ländern der sogenannten dritten Welt, in Asien, Lateinamerika, Afrika und dort noch vornehmlich in Krisengebieten, in Krisensituationen oder in von uns weitabgelegenen Bereichen indianischer oder afrikanischer Lebensformen. Bei seiner Fotoarbeit geht Escher auf die Menschen und ihre Lebensgestaltung ein. Er lebt mit ihnen, wenn es geht über Wochen und Monate. "Keins meiner Bilder", sagt er, ist ohne das Einverständnis der Fotografierten entstanden. Eschers Bilder meiden das Sensationelle ebenso wie die europäische Attitüde des Mitleids oder der ethnografischen Neugier. Seine Menschenbilder strahlen Selbstverständlichkeit und 
Selbstbewusstsein von Menschen aus, die anders leben als wir, aber doch deshalb nicht unbedingt schlechter. 
Jürgen Escher: Siedlungsprojekt Erertal, Äthiopien, 1985
"Als Fotograf", sagt Escher, "fühle ich mich der Tradition der sozialengagierten Fotografie verpflichtet. Diese Fotografie war darauf ausgerichtet, Veränderungen zu bewirken." Veränderung im Sinne Eschers, das meint hier, wenigstens teilweise Korrektur der Schäden, welche der Einbruch der westlichen Zivilisation und des Christentums in diesen Kulturen angerichtet hat. In der Konsequenz entstehen die meisten seiner Bilder im Auftrag von kirchlichen Organisationen wie Adveniat und Misereor. 
Engagierte Fotografie, was ist das ? Nicht der Fotograf wird vordringlich engagiert, für irgendeinen Auftrag, für irgendeinen Zweck, nicht wie ein Schauspieler, ein Designer, ein Werbefotograf und Paparazzo, sondern er engagiert sich selbst, für eine selbstgewählte Sache, für ein ihn persönlich betreffendes Gebiet. Diese persönliche Betroffenheit und der tiefe Respekt vor dem anderen,